Blinder klagt auf Herausgabe von 41 Autoschlüsseln

Senior (78) kann seine Umgebung kaum wahrnehmen. Autofahren traut er sich aber offenbar noch zu. Immer wieder wird er deswegen angezeigt.
John Schneider |
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Bei einem Blinden gefunden: Die beschlagnahmten Autoschlüssel.
John Schneider Bei einem Blinden gefunden: Die beschlagnahmten Autoschlüssel.

Senior (78) kann seine Umgebung kaum wahrnehmen. Autofahren traut er sich aber offenbar noch zu. Immer wieder wird er deswegen angezeigt.

MÜNCHEN „Seine Frau muss ihn führen – und so fährt er auch.“ Auf die Fahrkünste seines ehemaligen Lagerraum-Mieters Hassan G. (Name geändert) gibt Hans T. nicht viel. Eher: nichts. Wohl zu Recht. Hassan G. (78) sieht seit einigen Jahren nicht mehr viel. Die Fahrerlaubnis wurde ihm längst entzogen. Das hindert ihn aber nicht, sich immer wieder ans Steuer zu setzen.

50 Mal habe er ihn dafür angezeigt, erklärte Hans T. gestern vor Gericht. Hassan G. sei unter anderem im Mai 2012 eine Woche lang mit dem Auto zu dem Anwesen in Waldperlach gekommen, um die Räumung seines Lagers zu beaufsichtigen. Auch am 6. Mai rief der Vermieter bei der Polizei an. Die kam, erwischte den alten Mann sozusagen in flagranti auf dem Hof. Die Fahrertür stand noch offen. Doch G. beteuerte, dass er nicht gefahren sei.

In seinem Mantel befanden sich aber 41 weitere Autoschlüssel. Die wurden sichergestellt – um auszuschließen, dass sich der stark sehbehinderte Mann wieder ans Steuer setzt. Auch für die vielen Schlüssel hatte Hassan G. eine Erklärung parat: Diese würden seinem Bekannten Karol N., einem slowakischen Transportunternehmer, gehören, der sie ihm anvertraut habe.

Nun klagte Hassan G. also vor dem Verwaltungsgericht auf Herausgabe der Schlüssel. Vor Gericht konnte er aber nicht selbst erscheinen. Im Februar war er die Treppe runtergestürzt und hatte sich mehrere Knochenbrüche zugezogen. Auch seine Ehefrau sei unabkömmlich, da sie ihn pflegen müsse.

Dafür kam Karol N. und berichtete, dass er lediglich drei Oldtimer in die Obhut von Hassan G. gegeben habe. Als ihm die 41 sichergestellten Schlüssel präsentiert wurden, konnte er auch lediglich zwei davon seinen in der Slowakei abgestellten Fahrzeugen zuordnen.

Das Verwaltungsgericht schlug nun vor, Karol N. diese zwei Schlüssel auszuhändigen, den Rest der Schlüssel zu vernichten und die Klage auf diese Weise zu erledigen. Ein logischer Vorschlag, da der angebliche Eigentümer 39 von 41 Schlüsseln ja offenbar gar nicht wollte.

Kurze Verhandlungsunterbrechung. Anwalt Alexander Weindel erreichte seinen Mandanten Hassan G. am Telefon. Doch der kranke Mann weigerte sich kategorisch, auf diese Weise klein beizugeben. Er verlangte von seinem Anwalt, dass dieser die Klage trotz der geringen Erfolgsaussichten aufrecht erhält. Notfalls müsse man halt in Berufung gehen.

Dass er die Schlüssel wieder bekommt, ist aber nicht anzunehmen. Das machte das Gericht unter dem Vorsitz von Richterin Gertraud Beck klar. Dafür ist Hassan G. einfach zu oft beim Fahren ohne Fahrerlaubnis erwischt worden. Auch seine derzeitige Bettlägrigkeit schütze ihn nicht vor weiteren Torheiten. So soll er einmal sogar gesagt haben, dass er zu krank zum Laufen sei. Für die Autofahrt zum Arzt ein paar Straßen weiter, habe es aber gereicht. Zuletzt soll er im Herbst 2012 in der Balanstraße am Lenkrad erwischt worden sein.
 

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