Baumeister Viscardi: Hommage zum 300. Todestag

Mit der Reihe "Miscellanea Bavarica Monacensia" würdigt das Stadtarchiv das Werk von Baumeister Giovanni Antonio Viscardi.
Schwabing - Die Viscardigasse, im Volksmund "Drückebergergässchen" genannt, nutzten die Münchner während der NS-Zeit, um den obligatorischen Hitlergruß an der Feldherrnhalle zu umgehen. Giovanni Antonio Viscardi ist nicht nur ihr Namensgeber, sondern auch für zahlreiche Bauwerke in München verantwortlich.
Am 9. September jährt sich zum 300. Mal der Todestag des Baumeisters. Zu seinen Werken gehört die Dreifaltigkeitskirche an der heutigen Pacellistraße, die als richtungsweisend für den spätbarocken süddeutschen Kirchenbau gilt. Doch auch dank ihrer Ausstattung, zum Beispiel Fresken von Cosmas Damian Asam, ist sie ein besonderes historisches Schmuckstück der Stadt und gilt neben der Wallfahrtskirche Mariahilf in Freystadt als Hauptwerk Viscardis.
Die im Spätherbst als Band 186 der vom Stadtarchiv München herausgegebenen Reihe „Miscellanea Bavarica Monacensia“ erscheinende Dissertation von Katharina Schmidle ist diesen beiden Bauten Viscardis gewidmet. Ihre Veröffentlichung versteht sich daher auch als Hommage zum 300. Todestag des Baumeisters.
Giovanni Antonio Viscardi wurde am 27. Dezember 1645/47 in San Vittore bei Roveredo, im italienischsprachigen Teil Graubündens geboren - als Spross einer Baumeisterfamilie, in der er auch ausgebildet wurde. Im Jahr 1674 arbeitete Viscardi erstmals nördlich der Alpen - er war Polier unter Hofbaumeister Henrico Zuccali beim Bau der Wallfahrtskirche Altötting. 1678 erhielt Viscardi eine Anstellung am kurbayerischen Hof in München, wo er 1685 zum „Hofbaumeister“ aufstieg. Nur vier Jahre später wurde er - wohl wegen Intrigen bei Hof – von seinem Posten suspendiert.
Doch Viscardi konnte sich keineswegs über einen Mangel an Aufträgen beschweren. In den folgenden Jahren wurde der Baumeister für verschiedene Ordensgemeinschaften tätig. Als Werke in München und Umgebung sind zu erwähnen: der Bau neuer Klostergebäude für die Zisterzienserabtei Fürstenfeld, die Fertigstellung der Theatinerkirche St. Kajetan, die Planung und der Bau der Bürgersaalkirche, der Umbau der gotischen Heilig- Geist-Kirche in eine barocke Kirche oder der Bau der Dreifaltigkeitskirche.
Auch weltliche Auftraggeber beschäftigten ihn. Viscardi arbeitete an der Erweiterung von Schloss Nymphenburg zu einer großen Barockanlage. Gräfin Rivera-Preysing ließ ihn ein Stadthaus in München errichten, und für den Geheimen Rat von Joner wurde das Schlösschen Neuhofen in München-Sendling gebaut.
Überregional betreute Antonio Giovanni Viscardi, dessen Bauunternehmen zeitweise bis zu 150 Gesellen beschäftigte, um 1700 die Neubau-Projekte der Prämonstratenser in Neustift-Freising, des Zisterzienserklosters Fürstenfeld sowie den Bau der Wallfahrtskirche Mariahilf zu Freystadt in der Oberpfalz.
Nach der Entlassung Zuccallis wurde Viscardi ab 1702 neuerlich am bayerischen Hof angestellt. Er erhielt nun den Titel „Oberhofbaumeister“ und Rathaus Umschau Seite 6 wurde 1713 zum kaiserlichen „Hofober- und Landbaumeister“ ernannt. Die Tage des Architekten und Bauunternehmers waren allerdings gezählt; am 9. September 1713 verstarb er. Viscardi wurde auf dem Friedhof des 1802 säkularisierten Franziskanerklosters beigesetzt – etwa dort, wo sich heute der Max-Joseph-Platz und die Münchner Oper befinden.
Neben den genannten Werken erinnert in München seit 1931 die Viscardigasse hinter der Feldherrnhalle (von 1781 bis 1931 Graf-Preysing-Gasse) an den Barockbaumeister. Diese Gasse wurde während der NS-Zeit im Volksmund „Drückebergergässchen“ genannt, weil man durch ihre Benutzung die Entrichtung des obligatorischen Hitlergrußes vor dem „Mahnmal für die 16 Gefallenen des 9. November 1923“ in der Feldherrnhalle umgehen konnte.