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AZ-Spaziergang in München: Moderne Bauten und altes Dorf – das ist Berg am Laim

Bauerndörfer, Handwerk, Industrie, Eisenbahn und sozialer Wohnungsbau: Berg am Laim hat sich in seiner bewegten Geschichte schon viel verändert – und ist heute ein abwechslungsreiches Viertel in München.
Myriam Siegert
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Das Werksviertel Mitte verändert sich ständig, mittlerweile ist hier zumindest werktags einiges los.
Das Werksviertel Mitte verändert sich ständig, mittlerweile ist hier zumindest werktags einiges los. © Myriam Siegert

München — Berg am Laim, diesen Stadtbezirk kennen viele Münchner wohl nur vom Durchfahren. Auf dem Innsbrucker Ring oder der Berg-am-Laim-, später Kreillerstraße, die den Bezirk ziemlich brachial durchschneiden. Schmutzig, laut, von ergrauten Nachkriegs-Wohnblocks eingerahmt.

Dabei hat der Stadtteil, der in seiner heutigen Form seit 1992 besteht und im Zentrum der Stadtteile östlich der Isar liegt, ein ziemlich grünes Herz mit vielen hübschen, sogar idyllischen Ecken – und eine interessante Geschichte, deren Zeugnisse sich noch an vielen Stellen finden lassen.

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Und auch die Moderne ist angekommen im Münchner Osten. Ein paar dieser alten und neueren Orte besuchen wir auf unserem Spaziergang. Mal trubelig, mal gemütlich, kommt Berg am Laim dabei ziemlich abwechslungsreich daher.

Berg am Laim: Von alten Industriebauten zum modernen Stadtquartier

Seinen Namen hat der Stadtteil, der schon 812 erstmals erwähnt wurde, übrigens vom Lehm, einer Löss-Lehm-Zunge, die von hier bis hinauf nach Ismaning reichte. Viele Ziegeleien entstanden, samt Arbeiterunterkünften drumherum. Ziegel aus Berg am Laim wurden in großen Teile der Innenstadt und auch an der Frauenkirche verbaut. Um 1900 verschwanden die Ziegeleien und die Eisenbahn samt Eisenbahnersiedlungen kamen.

In den 20ern folgten erste Großwohnsiedlungen, die Tram wurde hierher verlängert. Der teils noch dörfliche Stadtteil wuchs rasant. Ende der 60er Jahre wurde der Mittlere Ring gebaut und die Berg-am-Laim-/Kreillerstraße von der schmalen Landstraße zur vierspurigen Achse. Ein Autobahnstück zwischen Perlach und Freimann, über Berg am Laim und Bogenhausen, wurde verworfen.

Hier führt der AZ-Spaziergang  in Berg am Laim entlang.
Hier führt der AZ-Spaziergang in Berg am Laim entlang.

Station 1: Bunte neue Welt

Los geht's gleich hinterm Ostbahnhof im Werksviertel Mitte. Das ehemalige Pfannigelände ist ein Beispiel für die vielen ehemaligen Industrieflächen des Viertels und wird — obwohl noch lange nicht fertig — in seiner neuen Gestalt immer grüner und lebendiger. Mittlerweile gibt es hier reichlich Gastro, vom französischen Bäcker bis zur bayerischen Wirtschaft.

Wir schlendern parallel zur Atelierstraße Richtung Osten übers Gelände, zwischen dem architekturpreisgekrönten Werk 12 und dem Wombat-Adina-Hochhausturm hindurch an der Nachtkantine vorbei immer geradeaus zum Ausgang Piusstraße. Hier im hinteren Teil des Areals sind noch ein paar letzte Reste des alten Kunstpark-Ost-Kultfabrik-Flairs übrig.

Station 2: Durchs Wohnriegel-Idyll

An der Pius- und Aschheimer Straße stehen wir vor der katholischen Pfarrkirche St. Pius – ein wirklich ungewöhnlicher Bau. Ihr wuchtiger Turm ist so breit wie das gesamte Kirchenschiff. Auch im Inneren ist die Kirche eher nüchtern, im Kontrast zu St. Michael, wo wir später noch vorbeikommen.

Die Kirche wurde 1931/32 für die damals neu angelegte Wohnsiedlung Neu-Ramersdorf gebaut, die hier ab 1928 entstand. Die Stadt München hatte dazu in den 1920er Jahren Grundstücke zwischen Ostbahnhof und Echardinger Straße gekauft, um Wohnungen zu errichten.

Mehr Quader als Turm: der Bau von St. Pius.
Mehr Quader als Turm: der Bau von St. Pius. © Myriam Siegert

Über die Straße geht es in die Grünanlage des Piusplatzes, die wir auf den schattigen Wegen geradeaus durchqueren. Rings herum reihen sich Wohnriegel aus den 1930er bis 50er Jahren aneinander, die noch heute zum größten Teil der städtischen Gewofag gehören.

Das ganze Areal hier wurde kürzlich im Zuge des Stadtsanierungsprogramms aufgewertet – und das sieht man. Gleich hinterm Piusplatz wartet ein riesiger Kletterpark-Spielplatz auf die Kleinen. Hier immer weiter geradeaus führt eine neugestaltete Fußgänger- und Radlerunterführung unter dem Innsbrucker Ring hindurch.

Station 3: Verschnaufen bei den Maikäfern

Auf der anderen Seite des Rings würden wir eigentlich nach Norden und gleich wieder rechts in den Joseph-Hörwick-Weg einbiegen und den Echardinger Park durchqueren. Weil hier aber gerade in einer massiven Baustelle der Campus Ost umgestaltet und neu gebaut wird, müssen wir kurz am Ring entlang nach Süden, um das Schulzentrum herum und parallel der Echardinger Straße durch die Grünanlage einen Haken schlagen.

Gemütlicher Pausenort: die Echardinger Einkehr.
Gemütlicher Pausenort: die Echardinger Einkehr. © Myriam Siegert

Rechts in die Bad-Kreuther-Straße abbiegen und gleich sind wir an der Echardinger Einkehr, einer kleinen Stadtteil-Wirtschaft mit gemütlichem Biergarten vor und hinterm Haus.

Hier kann man hervorragend eine Pause einlegen und die Füße ausruhen lassen, bevor es entlang der Bad-Kreuther-Straße durch die Maikäfersiedlung weitergeht. Mit ihren markanten Mini-Reihenhäusln war diese in den Jahren 1936-39 gebaute Siedlung die erste nationalsozialistische Mustersiedlung in München. Wir biegen dann links in die Grünanlage ab.

Station 4: Barocker Prunk

Durch die Grünanlage geht es immer geradeaus, an der Gabelung am Spielplatz gehen wir links und gleich wieder rechts um die Kurve. Der Weg wird kurz schmal, bis wir auf einmal auf einen freien Platz treten und vor dem imposanten Bau von St. Michael stehen – einer der prachtvollsten Sakralbauten der Stadt.

Hier gibt es viel zu schauen: St. Michael im Herzen des Viertels.
Hier gibt es viel zu schauen: St. Michael im Herzen des Viertels. © Myriam Siegert

1735-51 wurde diese spätbarocke Kirche im Auftrag des Kurfüsten und Erzbischof von Köln Clemens August I. von Bayern erbaut. Ihr Innenraum ist reich geschmückt, Deckenfresken und Hochaltar zeigen die Erscheinungen des Erzengels. Der Kirchenraum trägt mehrere Kuppeln, die größte mit 17 Metern Durchmesser. Eine Augenweide!

Station 5: Alter Dorfkern, neues Zentrum

Neben St. Michael befindet sich ein kleines Mahnmal an das Sammellager für jüdische Bürger 1941 bis 43. Von hier aus gehen wir die Clemens-August-Straße entlang und biegen links in die Josephsburgstraße ab. Hier stehen noch einzelne kleine Bauern- oder Arbeiterhäuschen, denn hier an der Echardinger- und Josephsburgstraße sind die Ursprünge Berg am Laims.

Bei der kleinen Kirche St. Mina, die früher als Loreto-Kirche zum Institut der Englischen Fräulein gehörte und seit 1996 von der koptisch-orthodoxen Gemeinde als Pfarrkirche genutzt wird, biegen wir rechts in die Baumkirchner Straße.

Am Grünen Markt kann man sich gut niederlassen.
Am Grünen Markt kann man sich gut niederlassen. © Myriam Siegert

Hier standen einst die ältesten Höfe der Siedlung und später Kleinhäuser für Tagelöhner und Handwerker. Wir gehen geradeaus über die Berg-am-Laim-Straße, die an dieser Kreuzung Richtung Osten zur Kreillerstraße wird, und kommen zum Grünen Markt.

2014 wurde die seit den 60ern brachliegende Trambahnschleife zum Quartiersplatz umgebaut. Hier findet der Wochenmarkt statt, es gibt einen Bücherschrank, einen Trinkbrunnen und eine Eisdiele. Wer mag, macht einen kleinen Schlenker in den Behrpark.

Station 6: Münchens älteste Kirche

Nur ein paar Meter weiter die Baumkirchner Straße hinauf treffen wir linker Hand auf St. Stephan am Baumkirchner Platz. Einst die alte Pfarrkirche von Baumkirchen gilt sie als die älteste urkundlich erwähnte Kirche Münchens.

Ihre Erbauung könnte auf das Jahr 800 zurückgehen, 813 wird von einer Kirchenstiftung an das Bistum Freising berichtet. Die damalige Kirche war wohl aus Holz und wurde um 1200 durch einen romanischen Ziegelbau ersetzt. 1511 wurde der durch den heutigen spätgotischen Bau ersetzt.

Idyllisches Platzerl: Der kleine Friedhof rund um St. Stephan.
Idyllisches Platzerl: Der kleine Friedhof rund um St. Stephan. © Myriam Siegert

Der Innenraum war einst im Stil des Barock gestaltet. Davon sieht man heute aber nur noch wenig, abgesehen vom Hochaltar und einem großen Kruzifix wurde die barocke Ausstattung in den 50er Jahren entfernt. Die Kirche ist noch von ihrem kleinen Friedhof umgeben, auf dem einst im Dorf wichtige Personen und Familien ruhen. Mit seinen großen, alten Bäumen und liebevoll gepflegten Gräbern ein kleines Idyll.

Station 7: Architektur trifft Natur

Die Baumkirchner Straße geht es weiter geradeaus bis wir kurz vor der Bahnunterführung links in die Hermann-Weinhauser-Straße abbiegen. Baumkirchen Mitte heißt das Neubaugebiet mit den markanten abgerundeten Fassaden. Hier sind neben einem Hotelhochhaus auch schicke, moderne Wohngebäude entstanden.

Der Landschaftspark Baumkirchen Mitte.
Der Landschaftspark Baumkirchen Mitte. © Myriam Siegert

Am Ende der Straße stoßen wir auf eine Rampe, die auf den Rundweg durch den gleichnamigen Landschaftspark führt. Es zirpt und summt, Eidechsen wärmen sich auf den Steinplatten. Diese ökologische Ausgleichsfläche auf alten Gleisanlagen erscheint fast lebendiger als das Neubauviertel.

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