AZ-Serie über Stadtviertel-Politiker in München: Sibylle Stöhr will "Leute aufs Radl bringen"

München - Sibylle Stöhr zog vor 17 Jahren von Passau mitten nach München: ins Westend. Das Politik-Studium hatte sie damals gerade in der Tasche. Auf der Schwanthalerhöhe hat sie sich sofort wohlgefühlt: „Das Westend ist klar und überschaubar. Am Schneckenplatz vor dem Verkehrsmuseum kann ich in der Sonne sitzen – der Bavariapark ist meine grüne Lunge“. Als Nachfolgerin des legendären Ludwig Wörner (SPD) ist die Grüne seit 2014 BA-Chefin in dem alten Arbeiterviertel. Im AZ-Interview spricht sie über ihre Arbeit für die Schwanthalerhöhe, ihre Erfolge – und die Frage, warum man zäh sein muss.
AZ: Was muss man für die Arbeit im Bezirksausschuss mitbringen?
SIBYLLE STÖHR: Gestaltungswillen. Aber das wichtigste ist ein großes Interesse am unmittelbaren Lebensumfeld. Wer bei uns mitmacht, braucht natürlich auch Geduld, Sitzfleisch – einfach einen langen Atem.
Sind Sie so zäh?
Ein bissi Zähigkeit ist wichtig. Ich muss dran bleiben an Themen, darf mich nicht einschüchtern lassen, wenn es bei einem Radlweg heißt: Das geht nicht - und dann geht es plötzlich doch...
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Haben Sie als Stadtteil-Parlamentarierin auch eine gewisse Macht?
Ja. Als Vorsitzende der Schwanthalerhöhe habe ich mehr Einfluss, als so mancher unbekannter Stadtrat. Im Viertel werde ich wahrgenommen. Ich kriege viele Infos. Wenn ich am Wochenmarkt am Freundorfer Platz Obst und Käse einkaufe, werde ich gefragt, wie man beim BA ein Budget für ein Kultur-Projekt beantragt. Im Augenblick haben wir 30 000 Euro zu vergeben.
Sie sind greifbar als Mensch und Grünen-Politikerin. Welche Entwicklung fördern Sie persönlich?
Ich versuche Bauvorhaben mit niedriger Miete zu unterstützen und Ansätze in Hinterhöfen kleine Gärten anzulegen. Außerdem treibt mich die Feinstaubbelastung um. Da darf man nichts schönreden. Ich überlege ständig, wie ich die Leute wieder auf das Fahrrad bringen kann.
Ihr letzter Erfolg?
Der neue breite, zweispurige Radweg vor dem Augustiner-Bräustüberl an der Landsberger Straße. Dafür habe ich von Bürgern Lob bekommen. Dass irgendwann der Bau des Arnulfsteges beginnt, ist wichtig. Das Westend und Neuhausen gehören zusammen. Die Fraktionen im BA haben einstimmig für diesen Steg gekämpft.
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"Zehn Euro pro Bewohner helfen gegen Politikverdrossenheit"
Sie freuen Sie auf den neuen Bürgerhaushalt...
Der ist noch Zukunftsmusik. Aber damit wird ein Traum wahr. Dem Bezirk steht dann ein neues Budget zur Verfügung, über das die Bürger bestimmen. Die Stadt-Kämmerei hat zwei Euro pro Bewohner vorgeschlagen, wir möchten zehn Euro. Vielleicht hilft das gegen Politikverdrossenheit.
Wer Geld hat, überlegt sich gut, wofür er es einsetzt, meinen Sie?
Die Frage ist, wie man Menschen dazu kriegt, sich zu beteiligen. Wer realistisch und pragmatisch denkt, weiß: Vieles geht halt über das Geld.