"Das war Wahnsinn": AZ beim Dreh des Münchner "Tatorts" im Schrebergarten

Sendling - Ciko Bucar mag keine Krimis. Dieses Blutige. Das Atemlose. Und die Waffen! Der Schrebergartler sitzt im Kleingarten "Land in Sonne 2" beschaulich vor seiner Gartenhütte. Auf dem Kopf sein Cowboyhut. Von der Holzwand glotzen Büffelschädel, dahinter ragt das ADAC-Hochhaus auf, und vor ihm, keine 300 Meter weg, spannt sich der Audi-Dome über die Gärten zwischen Garmischer Straße und Westpark. Die Gartler nennen die Halle "unsere Berge", weil das bauchige Trumm im Gegenlicht schon eine Ähnlichkeit hat mit einem Alpenpanorama.
Den letzten Fernseh-"Tatort" jedenfalls hat der Rentner (67) in den 1980ern gesehen, als Helmut Fischer noch als Ludwig Lenz den Kommissar gegeben hat. Aber im letzten Mai – da hat Ciko Bucar doch mal hingeschaut.
"Tatort" aus München: Krimi rund ums Erdbeerbeet
Da sind nämlich Miro Nemec und Udo Wachtveitl als Batic und Leitmayr um sein Erdbeerbeet in der Parzelle 187 herumgeschlichen. Für eine Filmszene im nächsten München-Tatort "Hackl", für die das Filmteam um drei Drehtage in der Schrebergartenkulisse gebeten hat.
Der Tatverdächtige, ein alter Zornpinkel aus dem Hasenbergl, sollte sich hier verstecken und durch die Gärten flüchten. Und wenn schon mal das Fernsehen kommt, sagt man nicht nein zu Mord und Totschlag.

Nur mit der himmlischen Gartenruhe war es vorbei am Irisweg. In aller Herrgottsfrüh seien die Filmleute schon da gewesen, erinnert Bucar sich. 30 Menschen zwischen seinen Zwiebeln, Tomaten und dem Apfelbaum. Kameras, Stative, Zelte, Aufbauten! "Das war Wahnsinn", sagt er, "was die alles dabei gehabt haben." Und wie ruckzuck alles weggebaut war, was nicht ins Drehbuch gepasst hat. Der Jägerzaun abmontiert. Die Büffelschädel runter von der Außenwand, die Sammlung Cowboyhüte raus aus dem Innenraum.
Nur die nackerte Holzhütte hätten sie gebraucht. "Weil ich hier zwei Türen habe", demonstriert er, "bei der vorderen ist der Hackl auf der Flucht hineingelaufen, und bei der anderen hinter meiner Werkstatt wieder heraus." So ein netter Mann übrigens, der Burghart Klaußner, der den Hackl spielt, wie der sich bedankt habe fürs Hütteausleihen und dass er sich im Stockbett drinnen in der Drehpause habe ausruhen dürfen. Bucar hat jetzt sogar ein Souvenir. Nein, kein Autogramm, viel besser: "Der Burghart Klaußner hat seine Wasserflasche in meiner Hütte vergessen. Die bleibt jetzt da. Als Erinnerungsstück."
Ein paar Steinwürfe entfernt, auf der anderen Seite der Garmischer Straße in "Land in Sonne 1" ist Gartenpächter Ludwig Freis (77) den Schauspielern nicht ganz so nah gekommen. Obwohl auch er seine Parzelle für den Dreh verliehen hat. Ein schmuckes rosa Häusl steht dort am Seerosenweg, akkurat geschnittene Rosensträucher, Beerenstauden, ein veritables Salat- und Gemüsebeet, aus dem es bald sprießen wird.

Rosa Häusl am Seerosenweg
"Da hinten ist der Hackl durchgeflüchtet", erzählt Freis, und zeigt auf eine lichte Stelle in seiner Hecke, die ins Nachbargrundstück hinüberführt. Dort habe die Crew einen windschiefen Verschlag hingebaut. Hackls Gartenlaube, offenbar. "Da hat der Fische geräuchert und einen davon auf irgendwen draufgeschleudert."
Das Handgemenge hernach habe Ludwig Freis aber nicht gescheit sehen können, weil für den Dreh alles abgesperrt war. Von seinem Beobachtungsposten bei der Nachbarin habe man nur Batic und Leitmayr über den Kiesweg laufen sehen. Aber was die geredet haben? "Gehört hab ich nix, leider."

Ob der Hackl nun der gesuchte Täter ist, weiß von den Schrebergärtnern keiner, auch der Chef des Kleingartenvereins nicht. "Das war alles total geheim", sagt Reinhold Lechner (70). Aber das sei nicht schlimm. "Uns freut das einfach, dass wir jetzt Berühmtheit erlangen."
Am Sonntagabend kommt's sowieso heraus, wenn die Folge im Fernsehen läuft. Ludwig Freis wird den "Hackl" mit seiner Frau daheim auf dem Sofa schauen. Ausnahmsweise. Er mag nämlich ebenfalls keine Krimis.
Ciko Bucar plant eine Premiere in seiner Cowboyhütte. Public-Tatort-Viewing mit den Nachbarn. Der Grill steht, seit das Filmteam alles tipptopp rückgebaut hat. Die Büffelschädel glotzen wieder friedlich in Richtung Alpenpanorama. Der Außenfernseher ist verkabelt. Das Verbrechen könnte also beschaulich werden.
München-Tatort "Hackl": Grant am Gartenzaun
Im aktuellen München-Tatort, in dem Fußballer Joshua Kimmich eine Gastrolle hat, verunglückt Adam Moser tödlich mit dem Motorrad. Das führt die Kommissare Batic und Leitmayr ins Hasenbergl, wo der Tote in einem Bungalow zwischen Hochhäusern lebte. Im Nachbarhaus wohnt der Grantler Hackl - hat er Adam ins Jenseits befördert? Die Jagd nach dem Täter führt durch Schrebergärten und zu Hackls Gartenlaube...