Ausnahmezustand im Tierheim
Abgegeben, ausgesetzt, beschlagnahmt – mehr als 200 Stubentiger werden derzeit in Riem versorgt, ein trauriger Rekord. Die Folge: Die Verwaltung hat einen Aufnahmestopp für Abgabe-Katzen verhängt.
Riem - Die Sommerferien haben gerade erst begonnen, schon herrscht im Münchner Tierheim Ausnahmezustand: Mehr als 200 Katzen müssen die Pfleger dort im Moment versorgen, ein trauriger Rekord. Die fünf Katzen-Unterkünfte sind überbelegt, die Verwaltung hat einen Aufnahmestopp verhängt. Wer seinen Stubentiger abgeben möchte, muss sich in eine Warteliste eintragen.
„Katzen werden als Haustiere immer beliebter. Sie werden ohne großes Überlegen angeschafft – und plötzlich merken die Menschen, dass sie doch keine Zeit für ihren neuen Mitbewohner haben. Oder sie wollen in den Urlaub fahren und wissen nicht, wohin mit dem Tier. Dann landet die Katze bei uns“, sagt Judith Brettmeister vom Tierschutzverein. Die Viecherl-Fachleute schätzen, dass schon jetzt in der Stadt München und dem Landkreis rund 150 000 Katzen gehalten werden.
Ein weiterer Grund für die „Katzenschwemme“ ist laut Brettmeister, dass viele Halter ihre Lieblinge nach draußen lassen, bevor sie alt genug für Abenteuer im Freien sind. Die Folge: Im Tierheim landen immer mehr Jung-Katzen, die entweder bei einem Unfall verletzt wurden, oder schlicht nicht mehr nach Hause finden. Meist sind die verlorenen Katzenwelpen noch nicht einmal tätowiert oder gechippt, was es nahezu unmöglich macht, den Halter ausfindig zu machen. „Am besten sollten Katzenbesitzer mit dem Rauslassen bis nach der Kastration der Tiere warten“, rät Judith Brettmeister. „Dann sind sie ruhiger und eine enge Bindung an den Halter ist auch hergestellt.“ Außerdem sind die Tiere dann in der Regel gekennzeichnet.
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Alten und kranken Katzen hilft das allerdings wenig – sie werden trotzdem in steigender Zahl im Tierheim abgegeben. Einige Besitzer können sich die Medikamente nicht leisten, die ihr betagtes Haustier plötzlich braucht. Anderen ist die zusätzliche Pflege einfach lästig. Im Moment müssen diese Menschen allerdings warten, bis eine Tierheim-Katze vermittelt und ein Platz in Riem frei wird. „Erst wenn eine Katze geht, kann eine neue kommen“, sagt Judith Brettmeister. Und das kann dauern, besonders in den Sommerferien. „Die Leute wollen jetzt verreisen. Anschließend denken sie dann vielleicht darüber nach, ein Tier aufzunehmen.“ Die Zeichen stehen schlecht: In der Urlaubszeit werden für gewöhnlich 30 Prozent mehr Tiere abgegeben als sonst.
Und dann sind da noch die Notfälle, die das Tierheim aufnehmen muss: ausgesetzte, beschlagnahmte oder gequälte Vierbeiner. Am Montag wurden 13 schwarze Katzen aus einer Münchner Messiewohnung gerettet. Am Dienstag kamen zwei verwahrloste Rassekatzen und ihre sechs Babys dazu.
Im Hundehaus ist die Lage entspannter. Noch. Denn auch dort ist am Wochenende eine Mini-Meute eingezogen: Die Kripo Erding brachte vier Rassewelpen vorbei, die illegal zu Schleuderpreisen verkauft werden sollten. Sie sind erst sechs Wochen alt – viel zu jung für ein Leben ohne Muttertier. Sie müssen im Tierheim erst aufgepäppelt werden, bevor sie vermittelt werden können.
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