Ausgerechnet in Perlach: "Die Erwerber sind protestantischen Glaubens"

Vor 200 Jahren kamen die ersten Protestanten im Ort an – und hatten es nicht leicht. Jetzt erzählt eine Ausstellung ihre Geschichte.
von  Gaby Mühlthaler
Die Paulus-Kirche ist die geistliche Heimat der Perlacher Protestanten.
Die Paulus-Kirche ist die geistliche Heimat der Perlacher Protestanten. © Henning Schlottmann (CC-BY 4.0)

Noch heute wird in der Kirchengemeinde St. Paulus Messwein aus dem pfälzischen Edenkoben ausgeschenkt – von dort kamen vor 200 Jahren die ersten Protestanten nach Perlach.

Im streng katholischen Königreich Bayern hatten sie es schwer, ihren Glauben zu praktizieren. Jahrzehnte gingen ins Land, ehe man in Perlach regelmäßige Gottesdienste feiern durfte. Eine spannende Ausstellung, entstanden unter der Regie von Ulrich Walter (Festring Perlach) und Michael Kammerloher (Vertrauensmann der St.-Paulus-Gemeinde), erzählt die bewegte Geschichte der ersten Perlacher Protestanten.

Am Pavillon von St. Paulus ranken Weinreben, es hängen sogar dunkle Trauben daran. Doch der karge Perlacher Boden bietet Winzern keine Chance. Das erkannten die Zuwanderer aus der Pfalz schnell und bauten auf den humusarmen Flächen statt Wein Gemüse an. Die ersten Protestanten kamen im Gefolge der späteren Königin Karoline von Bayern nach München. Die hatte sich im Ehevertrag mit Kurfürst Maximilian IV. Joseph, ab 1806 König Maximilian I. von Bayern, ausdrücklich die freie Religionsausübung als Protestantin zusichern lassen.

Im erzkatholischen Bayern war es für die Protestanten nicht leicht

Verbrieft ist der erste Perlacher Protestant 1816 durch den Zusatz "Die Erwerber sind protestantischen Glaubens" beim Verkauf des Anwesens Perlach 26. Entlang der heutigen Sebastian-Bauer-Straße siedeln sich mehr und mehr Protestanten an. Viele Höfe werden günstig versteigert, was weitere Siedler aus dem Linksrheinischen anlockt.

Die 350 Kilometer von Edenkofen nach Perlach sind beschwerlich. Hab und Gut und auch das Geld für die künftige Hofstelle führen die Menschen auf Ochsenkarren mit. So sehr sich die wirtschaftlichen Grundlagen für die Zuwanderer verbessern, so beschwerlich gestaltet sich ihr religiöses Leben. Die Obrigkeit im erzkatholischen Bayern legt den Perlacher Protestanten Steine in den Weg, wo sie kann.

Anfangs werden Gottesdienste nur in der Residenz gefeiert, ein weiter Fußmarsch von Perlach aus. Erst 1834 können die Gläubigen Geistliche mit dem Fuhrwerk zum Gottesdienst aus München abholen. Natürlich müssen diese auch verköstigt und zurückgebracht werden. Ein teurer Spaß für die Gemeinde. 1835 bittet man daher um die Errichtung eines ständigen Vikariats.

Nach über 20 Jahren der erste Pfarrer

Das alte Weberhäusl wird gekauft, ein Gönner schießt dafür 2200 Gulden vor. Die Voraussetzungen für das Vikariat sind erfüllt. Doch der protestantenfeindliche Innenminister Karl Abel macht den Gläubigen eine Strich durch die Rechnung, weitere Jahre ohne Seelsorger gehen ins Land.

1839 dann kommt der erste Pfarrer, der Wunsch nach einer Kirche wächst. Man will bei Glaubensbrüdern Geld sammeln, wieder legt Abel sein Veto ein. Die Zeitungen in ganz Deutschland berichten über die Misere der kleinen Perlacher Gemeinde. Im Mai 1846 genehmigt König Ludwig I. dann die Sammlung für den Bau einer Kirche und der König Preußens schenkt der Gemeinde "allerhuldvollst" 500 Gulden fürs Grundstück. Am 9. September 1849 wird die Kirche eingeweiht, 75 Jahre später erhält sie ihren Namen. Ihre bewegte Geschichte feiert die Gemeinde St. Paulus bis zum Jahresende mit vielen Veranstaltungen.


Zu sehen ist die Ausstellung im Pavillon von St. Paulus, Sebastian-Bauer-Straße 21 vom 3.–11. September, 15 bis 18 Uhr. www.perlach-evangelisch.de

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