Aufgang von der Praterinsel: Die teure Abkürzung zum Landtag

Altstadt -Selten hat ein kühler Betonguss die Gemüter im Bezirksausschuss (BA) Altstadt-Lehel so erhitzt, wie die Idee der Treppenanlage an der Maximiliansbrücke. Damals, Anfang 2019 war das, als die lange zuvor gefertigten Skizzen zum ersten Mal bei den Lokalpolitikern auftauchten.
Treppe an der Maximiliansbrücke ist keine städtische Angelegenheit
Doch seit Oktober 2020 ist der "Treppenwitz" fertig. Der zunächst hohe Blutdruck der BA-Mitglieder ist längst gesunken. Denn die Lage war so: Bauherr der Anlage ist der Freistaat. Die Treppe ist also keine städtische Angelegenheit. "Das zuständige Bauamt hätte uns nicht informieren müssen. Sie hätte die Treppe bauen lassen können, ohne den BA zu einzubeziehen", sagt rückblickend Wolfgang Püschel (SPD), Vizevorsitzender des Bezirks.

Also hatte der BA die Wahl: sich entweder quer stellen und einfach dagegen sein, ohne etwas bewirken zu können. Oder Kritik anbringen, aber immerhin mitgestalten können. "Der BA entschied sich sinnvollerweise für die zweite Variante und musste sich der Situation beugen", sagt Püschel.
So konnte der BA in der Planungsphase bewirken, dass die Treppe deutlich schmäler wurde, als ursprünglich angedacht. "Das hatte zur Folge, dass nicht 14, sondern etwa zehn Bäume gefällt werden mussten", so Püschel. Außerdem verpflichtete sich der Bauherr, Ersatzpflanzungen vorzunehmen. "Es steht nur noch nicht fest, wo genau. Aber das werden wir baldmöglichst bei einem gemeinsamen Ortstermin klären", sagt Püschel.
Praterinsel: Treppe ist eine Abkürzung für Mitarbeiter des Landtags
Die Treppe dient als Abkürzung für Mitarbeiter des Landtags, die auf der Praterinsel seit 2016 ihre Büros haben und täglich zum Maximilianeum pendeln. Der Landtag hatte einige Mitarbeiter hierher ausgelagert, in das sogenannte Riemerschmid-Haus. Namensgeber Anton Riemerschmid stellte auf der Praterinsel einst Likör und Essig her - bis etwa Mitte der 80er Jahre, als Riemerschmid die Produktion hinter die Stadtgrenzen verlagerte. Einige Jahre lag das Areal daraufhin brach.
Die Mitarbeiter des Landtages laufen bis zu fünf Mal täglich zum Maximilianeum. Zu Fuß legen sie - durch die Abkürzung mithilfe der neuen Treppenanlage - etwa 500 Meter zurück, bis sie an der Eingangspforte des Maximilianeums stehen. Ohne Treppenanlage müssten sie zunächst nach Süden gehen, auf die Praterwehrbrücke abbiegen, westwärts zum Isarring vorlaufen, von dort Richtung Maximiliansbrücke nach Norden gehen und dann Richtung Maximilianeum ostwärts abbiegen. Die Distanz beträgt mit diesem Umweg rund 750 Meter.

Alte schmale Treppe musste stattlichen Betonstufen weichen
Die Familie Riemerschmid hatte eigentlich schon so eine Abkürzung: Eine einfache, sehr schmale Treppe, die an der Brücke hochführt. Doch die Anlage ist verwuchert, marode, rutschig und nicht verkehrssicher - zudem gesperrt. Sie sieht so abenteuerlich aus wie eine Dschungel-Etappe in einer Indiana-Jones-Folge. Die neue Treppe hat stattliche Maße: 5,10 Meter hoch, 8,40 Meter Treppenlänge, 4,10 Meter Treppenbreite. Die ursprünglich kalkulierten Kosten von 130.000 Euro wurden deutlich übertroffen. Laut eines Landtags-Sprechers zahlte der Freistaat samt Planung 290.000 Euro für die Anlage. Schon die erste Kostenrechnung war für die BA-Mitglieder fragwürdig, als die Pläne zum ersten Mal im BA aufschlugen.

Kostenpunkt: 9.355 Euro pro Stufe
Nun ist der Preis freilich hoch: 290.000 Euro für 31 Stufen. Das sind fast 9.355 Euro pro Stufe. Und das nur für ein exklusives Publikum. Neben den hohen Kosten gab es weitere Kritikpunkte. Sind denn die Landtagsmitarbeiter zu faul, fragten sich BA-Mitglieder hinter vorgehaltener Hand. Der zweite Vorwurf bezog sich auf die Baumfällungen - alle mit einem stattlichen Umfang von mehr als 1,50 Meter. Ersatzpflanzungen brauchen Jahrzehnte für das Maß.
BA-Mitglieder wie der damalige Baumschutzbeauftragte Peter Hörauf (Grüne) kritisierten das. "Unverhältnismäßig", sagte er damals, "dass so viele Bäume für einen Aufgang gefällt werden. Und dann ist der nicht einmal barrierefrei." Nun ist es so, wie es ist, könnte man sagen. Eine andere Tatsache treibt Wolfgang Püschel nun um. "Im Stadtrat steht wohl zur Debatte, ob unter der Brücke hindurch ein Durchbruch zur Schwindinsel gebaut werden soll", sagt er. Die Schwindinsel ist ein städtisches Biotop nördlich der Maximiliansbrücke. Da sei Püschel bedingungslos dagegen.