Anwohner sauer: Studentenwohnung in Hinterhof in München geplant

In einem winzigen Schwabinger Hinterhof mit schönen, alten Bäumen soll ein Wohnheim für Studenten gebaut werden. Die Anwohner sind fassungslos. 
von  Hüseyin Ince
Die Anwohner (v.l.): Maria Sauer, Andrea Ebner, Oskar Haider, Evelyne Menges, Bettina Schopis, Christine Schwarz, Annemarie Ehling, Klaus Uhlmann, Hans Parfuß, Almut Grosse-Parfuß.
Die Anwohner (v.l.): Maria Sauer, Andrea Ebner, Oskar Haider, Evelyne Menges, Bettina Schopis, Christine Schwarz, Annemarie Ehling, Klaus Uhlmann, Hans Parfuß, Almut Grosse-Parfuß. © Daniel von Loeper

Schwabing - Der Einschnitt wäre groß, käme hier an der Apianstraße 8 tatsächlich ein schuhkartonähnliches Gebäude zwischen einer Grenzmauer und einem größeren Gartenhäuschen hin. Der Plan sieht etwa acht Einzimmer-Appartments a 20 Quadratmeter für Studenten vor, untergebracht in einem vierstöckigen Bau, der nur Richtung Süden je eine große Fensterfront haben wird.

Was für die direkten Anwohner zunächst nach einem schlechten Scherz klang, könnte zur bitteren Realität werden. Eine Bauvoranfrage - der erste Schritt zu einer Baugenehmigung – hat der Eigentümer des Grundstückes bereits gestellt. Die Lokalbaukommission (LBK) Münchens hat sie positiv beantwortet.

Rund zehn Bäume müssten für Wohnheim weichen

Und das, obwohl der Bezirksausschuss (BA) Schwabing-West geschlossen von dem Bauprojekt dringend abrät. Der Vize-Vorsitzende des BA, Oskar Haider (CSU), sagt: "Die positive Antwort auf die Bauvoranfrage ist völlig rätselhaft. Die Abstandsflächen werden überschritten, wenn auch geringfügig." Zudem ist dem BA unklar, wo ersatzweise Bäume gepflanzt werden sollen.

Etwa zehn Bäume müssten laut den Anwohnern für den Studentenbau weichen, darunter Bergahorne, ein wilder Pfirsichbaum und ein Walnussbaum. Außerdem: Lebensraum für Marder und Vögel sowie Mönchsgrasmücken, ein Spielplatz samt Sandkasten und eine Gemeinschaftsfläche, die die Anwohner der Apianstraße 8 und der Herzogstraße 84 seit Jahrzehnten gemeinsam nutzen. Sie wäre nach dem Neubau etwa halb so groß, wenn überhaupt.

CSU-Stadträtin Ursula Menges: Bauprojekt ist unverständlich

Der idyllische Innenhof hat 1982 sogar einen Preis gewonnen. Damals wurde der bis heute aktive Verein "Urbanes Wohnen" für die Gestaltung dieses grünen Fleckens mit dem Frankfurter Baupreis ausgezeichnet. "Da heißt es immer, man muss in der Stadt Bäume erhalten und dann soll da gefällt werden", sagt Anwohnerin Andrea Ebner, die fast täglich hier draußen mit ihren Kindern sitzt.

Es ist unklar, ob das noch möglich sein wird, wenn zusätzlich etwa acht Studenten im Innenhof leben werden. Eine Anfrage bei der LBK bringt wenig Klarheit. Man sei gezwungen gewesen, die Bauvoranfrage positiv zu beantworten, so ein Sprecher. Es wurden offenbar schon Präzedenzfälle geschaffen.

"Im Umfeld des Areals wurden bereits ähnliche Bauvorhaben genehmigt", so der Sprecher weiter. "Daher mussten unsere Mitarbeiter einen positiven Vorbescheid ausstellen. Die baurechtlichen Rahmenbedingungen ließen nichts anderes zu, auch wenn die Abstandsflächen geringfügig überschritten werden."

Für die CSU-Stadträtin Ursula Menges ist das Bauprojekt unverständlich. Sie betreibt an der Apianstraße eine tierärztliche Notpraxis. "Wo sollen denn hier die ganzen Geräte für den Bau hingestellt werden, es ist so wenig Platz", argumentiert Menges. "Wahrscheinlich stellen sie einen Kran in die Nähe der Tierpraxis - und heben alle Baumaterialien über das Haus. Dann kann ich meine Notpraxis gleich schließen." Genauso würde es wohl der Kuchenwerkstatt "Liebschaften" an der Apianstraße und dem Café nebenan gehen.

Wohnheim in Schwabinger Hinterhof geplant: Anlieger wehren sich

Die etwa 20 Anlieger wollen sich gegen das Projekt wehren. Auch ein Innenarchitekt ist unter ihnen, Markus Roithmaier. Er fragt sich, warum die Stadt so eine extreme Nachverdichtung ermöglicht, „während zwei komplette Mehrfamilien-Häuser an der Apianstraße 6 und schräg gegenüber an der Herzogstraße seit Jahren leer stehen. Die Studenten könnten dort wunderbar unterkommen." Die Eigentümer würden hier bewusst niemanden einziehen lassen.

Die Bewohner denken darüber nach, gegen eine eventuelle Baugenehmigung zu klagen. Sie haben grundsätzlich Verständnis dafür, dass Studenten Wohnraum brauchen. "Aber es kann nicht Sinn der Sache sein, eine Luxusimmobilie zu errichten. Die Appartements werden sicher nicht günstig sein", sagen sie einstimmig.

Mittlerweile hat sich auch der Architektur-Professor Justus Thyroff eingeschaltet und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) einen offenen Brief geschrieben. Er bittet den OB, seinen "Einfluss geltend zu machen, dass das Bauvorhaben verhindert wird". Thyroff nennt das ganze Projekt eine "spekulationsorientierte Übernutzung" eines einzelnen Grundstückes.

 

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