Altschwabing: Darum ist die Laterne krumm
Schwabing - Ein schlichtes Metallschild mit der Gravur "Laterne der Schwabinger Gisela" am Fuß der krummen Lampe gibt wenig Auskunft.
Gisela hat 1952 in der Occamstraße das legendäre Lokal "Bei Gisela" eröffnet. Die Laterne stand in ihrem Lokal und wurde von Gisela auch besungen. Die Schwabinger Institution lockte bald Gäste aus aller Welt. Kirk Douglas, John Wayne, Orson Wells und viele mehr gehörten dazu, wenn Gisela mit verrauchter Stimme sang. Ihre frivolen Texte beschäftigten bald auch die Gerichte, und so bekam sie dort auch attestiert, sie sei halt "eine gebildete Dame mit stark unzüchtigem Charakter". Aus heutiger Sicht ein Ritterschlag.
Udo Jürgens spielte in Giselas Gesangspausen Klavier
Karrieren begannen hier und viele Geschichten ranken um das Lokal. Ich durfte Gisela noch kennenlernen, war 2009 bei ihrer Buchvorstellung im Altschwabinger Lokal Weinbauer und bekam sogar ein Buch mit Widmung, welches ich natürlich in Ehren halte. 2012 erlebte ich ihren 83ten Geburtstag in der Traumstadtwohnung in der Kaulbachstraße. Viele Gäste aus der "Bei Gisela"-Zeit waren damals dort. Seepferdchen (weil er von der Küste kam), der damalige Student und Garderobier, Musiker und andere Weggefährten.
Ihr zu Ehren wurde ein Theaterstück aufgeführt, in dem die Gisela und der Nowak die Hauptrolle spielten. An folgenden Dialog daraus erinnere ich mich. "Wo ist denn eigentlich der Bockelmann, der war lange nicht mehr hier?", fragt der Nowak. "Ach, der wird nach New York sein, der war doch noch niemals in New York", darauf die Gisela.
Kurze Zeit später fotografierte ich in der Olympiahalle den Bockelmann im weißen Bademantel "Ich war noch niemals in New York" singend. Gemeint war natürlich Udo Jürgens, der in seinen Anfängen für ein paar Mark, eine Gulaschsuppe, oder ein Paar Würstl in Giselas Gesangspausen Klavier spielen durfte...
Darum ist die Laterne krumm
Ja, und warum ist sie nun krumm, die Laterne? Auch hierum ranken sich viele Legenden, und sicher erwartet man eine Geschichte mit viel Feiern und noch mehr Alkohol, doch die Lösung ist eine ganz banale.
Wolfgang Roucka hat sie mir erzählt. 1960 brauchte Gisela eine neue Lautsprecheranlage. Und die Laterne, von der sie sich auf keinen Fall trennen wollte, stand schlicht im Weg. Der damalige Lehrling der Firma lieh sich ein Schweißgerät und so wurde die Laterne einfach um die neue Box herumgebogen. So einfach ist das.
Von dem jetzigen Standpunkt aus, am Wedekindplatz, kann man das damalige Lokal sehen. Heute ist das "Vereinsheim" dort untergebracht und natürlich auch noch ein bisschen Schwabing widerborstig, wie das legendäre Klokonzert 2008 gezeigt hat. Das KVR erlaubte damals nur noch zwei Live-Auftritte im Monat und so fand die Veranstaltung auf dem winzigen Klo im Flur hinter dem Lokal statt. Der Moderator saß auf der Schüssel, die Stars wie Willy Astor, Sportfreunde Stiller, Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig, Luise Kinseher und viele mehr im kleinen Vorraum mit dem Handwaschbecken. Das Ganze wurde dann direkt auf eine große Leinwand ins Lokal übertragen – denn Public Viewing war erlaubt.
So lachte das Publikum dann über Pointen von den Künstlern, die mir auf dem WC, gefühlt Bauch an Bauch erzählt wurden. Schwabing halt.
Am 15. Mai tritt übrigens Cornelia Corba im Vereinsheim in der Occamstraße auf als Schwabinger Gisela – und bestimmt wird das ein schöner Abend mit Liedern am Originalschauplatz.
In diesem Sinne eine schöne Woche!
Ihr
Sigi Müller