Allacher Panzerstrecke ist illegal, nun droht eine Klage

Allach - Wenn er in seinem Wohnzimmer sitzt, kann es vorkommen, dass die Gläser im Schrank klirren, sagt Rüdiger Tresselt. Dann weiß er, dass etwa einen Kilometer von ihm entfernt die Panzer rollen.
Wird Allacher Panzerstrecke illegal betrieben?
Rüdiger Tresselt wohnt nicht in Mali, sondern in Allach, im Nordwesten von München, wo es viele Einfamilienhäuser und viele Gärten gibt - aber eben auch eine Panzerteststrecke. Seit mehr als 50 Jahren testet der Rüstungskonzern Krauss-Maffei hier Panzer. Schon seit langem protestiert Rüdiger Tresselt mit seiner Bürgerinitative "Schule statt Panzer" gegen die Anlage - bisher mit wenig Erfolg.
Ein ganzes Jahr lang habe die Stadt München seine Aufforderung, gegen die Anlage etwas zu unternehmen, ignoriert, sagt Tresselt. Doch nun hat er neue Hoffnung: Denn offenbar wird die Panzerstrecke illegal betrieben. So formuliert es Rechtsanwalt Benno Ziegler, der die Bürgerinitiative vertritt und so geht es auch aus Unterlagen der Regierung von Oberbayern hervor. Dort lässt sich nachlesen, dass die Errichtung der Teststrecke im Jahr 1964 baurechtswidrig gewesen sei. Denn eine Baugenehmigung wurde nie erteilt. Insofern sei die Panzerteststrecke formell illegal, schreibt die Regierung von Oberbayern.
Klage gegen Rüstungskonzern und Stadt München
Rechtsanwalt Ziegler hat deshalb nun Klage eingereicht - zum einen gegen Krauss Maffei, aber auch gegen die Landeshauptstadt München.
"Jeder, der für seinen Erker oder seinen Wintergarten keine Genehmigung hat, muss diesen sofort zurückbauen", sagt er. Dass die Stadt München, die über Hunderte Juristen verfüge, dennoch nicht einschritt, sei "schockierend", so der Rechtsanwalt. Zudem sei Lärm ohne Genehmigung zu verursachen, kein Kavaliersdelikt, sagt Ziegler: Es können seiner juristischer Auffassung nach bis zu drei Jahre Gefängnis drohen. Die Bürgerinitiative wird deshalb Strafanzeige gegen Ralf Ketzel, den Chef von Kraus-Maffei-Wegmann stellen.
Gibt es eine nachträgliche Genehmigung für die Panzerstrecke?
Auch der bayerische Landtag hat sich mit der Anlage befasst. Denn die Bürgerinitiative hatte eine Petition gegen die Anlage in den Landtag eingebracht. Anders als die Stadt München und der Rüstungskonzern kommt das bayerische Umweltministerium nun zu der Einschätzung, dass die Teststrecke schon damals baurechtlich hätte genehmigt werden müssen.
Um eine nachträgliche Genehmigung zu erhalten, müssen wohl erneut die Bürger angehört werden. Schließlich könne es sein, dass sie sich zuvor nicht beteiligten, weil sie annahmen, es gebe ohnehin keine Aussicht auf Erfolg. So geht es aus den Unterlagen hervor.
Doch wie kommt das alles ausgerechnet jetzt ins Rollen, obwohl die Panzer in Allach seit Jahrzehnten fahren? Ausgelöst wurde der Streit, als der Rüstungskonzern beantragte, dass die Anlage auch immissionsschutzrechtlich genehmigt werden soll.
SPD-Stadtrat Müller: "Wir haben uns für einen Erhalt der Teststrecke ausgesprochen"
Danach gründete sich die Bürgerinitiative, weil diese fürchtete, dass damit dem Rüstungskonzern "Tür und Tor" geöffnet werde, den Standort Allach massiv auszubauen, heißt es auf der Webseite der Initiative. Zumindest Rüdiger Tresselt ist optimistisch, dass dies verhindert und sein Ziel bald Realität werden könnte: eine Schule, wo heute Panzer rollen,
Zumindest, wenn es nach der SPD geht, erreicht die Bürgerintiative das nicht. Christian Müller, der Chef der SPD-Fraktion im Stadtrat, sagt: Es sei ihm wichtig, dass es in München auch Industrie-Arbeitsplätze gebe. "Wir haben deshalb immer klar für einen Erhalt der Teststrecke in Allach ausgesprochen." Zum Schutz der Nachbarn erwarte sich die SPD, dass der Rüstungskonzern seine Testzeiten beschränkt.
Bis zur endgültigen Entscheidung ist es aber noch ein langer Weg: Das Petitionsverfahren im Landtag ist noch nicht abgeschlossen. Der Ausschuss will sich vor Ort ein Bild machen. Darauf verweist das Referat für Klimaschutz.