Allach: Der Handel mit dem blutigen KZ-Porzellan

Figuren aus der einstigen SS-Manufaktur in Allach, in der auch KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten, sind heute weltweit gefragt. Sammler zahlen dafür Höchstpreise.
Allach - Münchner Kindl: 1.400 Euro; Schäferhund liegend, farbig: 1.500 Euro; Barock-Leuchter mit Jagdmotiven: 5.800 Euro. Historisches Porzellan aus der Manufaktur Allach ist weltweit gefragt. Der Internetshop von "Allacher Porzellan" bietet vieles – von "herzig" bis "politisch". Nur Skrupel darf man nicht haben, wenn man sich "echt Allach" in die Vitrine stellt. Denn der Betrieb war so etwas wie der Hoflieferant der SS und ihres Chefs Heinrich Himmler.
Um zu sehen, was es mit der Marke Allach auf sich hat, muss man die Figuren, Vasen oder Leuchter umdrehen: Wo sich Meissen mit lauen Schwertern zu erkennen gibt oder Nymphenburg mit blau-weißem Bayernwappen, prangen bei Allach SS-Runen.

Begründet wurde die Marke von dem in Ungarn geborenen Porzellanfabrikanten Franz Nagy und dem Porzellanmaler Karl Diebitsch 1920. Diebitsch, Nationalsozialist der ersten Stunde, knüpfte Kontakte zu Himmlers Truppe, die den Betrieb Ende der 30er Jahre übernahm. 1943 arbeiteten bis zu 100 KZ-Häftlinge in der Manufaktur. 1937 umfasste der Allacher Katalog etwa 80 Modelle. Wie viele Stücke noch kursieren, ist nicht bekannt.
Sammler zahlen immens hohe Preise
Dem Archivar der KZ-Gedenkstätte Dachau, Albert Knoll, ist nicht wohl bei dem Gedanken, welch stattliche Preise manche für das SS-Porzellan zu zahlen bereit sind: "Wir kaufen selbst hin und wieder Stücke für unser Archiv, doch wir vermeiden es unter allen Umständen, die Preise noch weiter hochzutreiben." Welche Motive die Sammler bewegen, darüber kann auch Knoll nur spekulieren. Ist es ein morbider Reiz, eine braune Gesinnung oder nur Geschäftssinn?
Besonders begehrt sind Figuren mit einschlägigem politischen Bezug. "Ich habe vor kurzem einen farbig gefassten SS-Reiter für 50.000 Euro verkauft", sagt Andreas Thiel, der in Dachau mit Allacher Porzellan handelt. Die Nachfrage sei groß, vor allem bei vermögenden Russen.
Münchner Auktionshaus versteigert ebenfalls SS-Porzellan
Auch das Münchner Auktionshaus Hermann Historica hat keine Skrupel, SS-Porzellan in seinen Katalogen anzubieten. "Eine Tabuisierung dieses Gebietes würde nur zu einem intransparenten Markt führen", heißt es dort.
Bei den KZ-Häftlingen sei diese Arbeit gegenüber anderen Kommandos bevorzugt worden, sagt Knoll. Dort blieb man zum Teil von Appellen verschont und konnte sich im Winter an den Brennöfen aufwärmen. "Manche konnten sich sogar künstlerisch betätigen". Was nichts ändert an der Tatsache, dass ihr Leben immer in Gefahr war. Wer mit Allacher Porzellan handle, müsse sich bewusst sein, sagt Knoll, "dass es im Zeichen einer menschenverachtenden Ideologie stand und dafür Menschen gelitten haben".
Einige Stücke gelangten in die Dauerausstellung im Münchner Stadtmuseum. Möglicherweise wird man Allacher Porzellan bald auch im Münchner NS-Dokumentationszentrum sehen können.
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