Aktivisten schlagen Alarm: Mietwucher im Brandhaus?
Maxvorstadt - Für ihr zwölf Quadratmeter großes Zimmer mit Waschbecken hat Elena K. (52, Name geändert) 550 Euro Miete im Monat gezahlt. Küche und Bad musste sie sich mit acht Parteien teilen. So erzählt es ihr Freund und Unterstützer, der Kulturschaffende Tuncay Acer (48).
Elena K. ist Roma aus Bulgarien und hat seit Juli 2015 in der Dachauer Straße 24 gelebt. In dem Haus also, in dem Anfang November ein Vater (37) und seine zwei Töchter (9 und 16) starben, als eine Matratze auf einem Treppenabsatz zwischen dem zweiten und dem dritten Stock brannte. Explosionsartig breitete sich das Feuer aus. Die Untersuchungen der Brandfahnder sind noch nicht abgeschlossen. Bisher wurde kein Brandbeschleuniger gefunden.
"Der Vermieter hat ihre Situation skrupellos ausgenutzt", sagt Acer. Und meint damit auch die Situation der 96 anderen in dem Haus gemeldeten Bulgaren, Slowenen, Rumänen und Deutschen. Wie viele Menschen dort wirklich wohnten, kann niemand sagen. Das Haus galt als überbelegt. "Das Gebäude war baufällig und es stank fürchterlich", sagt Acer. Doch Elena K. war einige Zeit obdachlos, verdiente sich ihr Geld als Reinigungskraft und war froh, dass irgendwer ihr eine Wohnung vermietete. Doch jetzt wurde das Mietverhältnis "im gegenseitigen Einvernehmen mit sofortiger Wirkung aufgelöst", wie es in einem Schreiben des Vermieters heißt, das der Abendzeitung vorliegt. Elena K. hat es unterschrieben. Nur, sie kann kaum Deutsch.
Nur der Army-Shop hat keine Kündigung bekommen
Acer erzählt von einem Mann, der sich ihm gegenüber als Hausmeister in der Dachauer Straße 24 ausgegeben hat: "Dieser Mann sagte mir, das Haus müsse abgerissen werden und neu gebaut werden." Er erzählt, dass auch die anderen Arbeiter, die im Haus gewohnt haben, diese Mietvertragsauflösung erhalten haben. Nur der Besitzer des Army-Shops im Erdgeschoss hat keine Kündigung erhalten. Er sagt, laut der Hausverwaltung belaufe sich der Schaden auf 1,5 Millionen Euro und jetzt werde saniert.
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In den oberen Stockwerken des Hauses, in dem die Decken abgestützt sind, arbeiteten schon die Handwerker, und Anzugträger gingen ein und aus. Der Vermieter ist der Sohn des Bäckerei-Besitzers Hölzl. Seit 1932 war in dem Haus eine Bäckerei-Filiale – bis 2012. Per Mail und per Telefon konnte die Abendzeitung die Familie Hölzl für eine Stellungnahme nicht erreichen.
Außer dem Army-Shop, der schon am Nachmittag nach dem verheerenden Brand wieder Wasser und Strom hatte, ist keiner der Mieter mehr da. Einige sind wie Elena K. in Notunterkünften untergekommen. "Die Notunterkunft ist um einiges besser als das Loch, in dem sie vorher gewohnt hat", sagt Acer. Gemeinsam mit dem Bündnis für bezahlbares Wohnen hat er rechtliche Schritte wegen Mietwucher gegen den Vermieter eingeleitet. Maximilian Heisler vom Bündnis sagt:
Anzeige wegen Wucher
"Hier wurden kleinste Bruchbuden für absurdes Geld an Menschen vermietet, die darauf angewiesen sind. Das hat der Eigentümer schamlos ausgenutzt. Diesen Wucher werden wir anzeigen." Elena K. lebt jetzt zwar in einem kleinen, sauberen Zimmer. Doch sie hat nicht einmal Geld, um sich Essen zu kaufen. Sie fällt durch das Sozialsystem und bekommt vom Staat kein Geld. Derzeit hilft ihr Acer, damit sie nicht verhungert.
Weil Elena K. bei einer Massenpanik am Stachus während des Amoklaufes gestürzt ist und sich den Ellenbogen gebrochen hat, kann sie momentan nicht in ihrem Beruf arbeiten. "Sie ist eine Roma, die in Bulgarien sehr schlecht behandelt worden ist. Sie hat keine hohen Ansprüche – sie möchte nur in geordneten Verhältnissen leben", sagt Acer.
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