Abzock-Alarm: Die Straße der Bettler
Altstadt - Der erste kommt nach etwa 100 Metern. Rechte Straßenseite. Er kniet auf einem Rucksack, hält einen Pappbecher in der einen Hand, in der anderen ein Schild mit den Worten: "Ich habe Hunger".
Der Mann ist an diesem Dienstagmittag nicht allein. Er blickt auf einen zweiten Bettler - gleich gegenüber, auf der Sonnenseite der Sendlinger Straße. Auch er kniet auf einem Rucksack, hält ein Schild in der Hand - und die andere auf.
Nichts gegen Bettler. Viele Menschen sind so verzweifelt, dass sie keinen anderen Ausweg wissen, um zu überleben. Doch hier geht es um etwas anderes. Diese Männer sind nach AZ-Recherchen organisiert - sie knien gezielt in der Sendlinger Straße, wo viele Passanten und Touristen bummeln.
Und sie treten gehäuft auf: Läuft man weiter in Richtung Marienplatz, kauert etwa 200 Meter nach den beiden Männern eine Frau auf der rechten Straßenseite. Sie singt leise ein Lied und bittet Passanten um ein paar Münzen. Das gleiche Bild bietet sich Vorbeigehenden vor der Hofstatt.
Die Sendlinger - die Straße der Bettler.
Die AZ berichtete schon öfter über die Umtriebe der Bettler-Mafia in der City. Vor zwei Jahren im Juli war's das selbe Bild: Zwischen Hauptbahnhof und Stachus kauerten 13 Menschen auf dem Boden.
Der Grund: "Die Stadt ist voller Touristen, das lockt natürlich auch die Bettler an", sagt Polizeisprecher Christoph Reichenbach damals - das gilt auch in diesem Jahr. Gerade Ausländer wissen nicht, dass München ein Hauptziel für die Mitleids-Mafia ist. Experten schätzen, dass ein geschickter Clan-Bettler am Tag bis zu 100 Euro kassiert - Geld, das er aber gleich bei seinen Chefs abgeben muss.
Die Polizei toleriert dieses Geschäftsgebaren natürlich nicht: Werden die Bettler von Beamten erwischt, ziehen die das Erbettelte ein - als "Sicherheitsleistung".
Interessant: Nähert sich ein Beamter, können oft sogar "Gelähmte" plötzlich wieder gehen. Sogar ganz schnell.
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