Abriss gestoppt: Ude gibt dem Affen Zucker

Sensationelle Wende um das Abrisshaus in der Müllerstraße: Der OB befiehlt, dass das Haus saniert und wieder vermietet wird. Ein Sieg für die Künstler um Till Hofmann
München - Jahrelang stehen bei der Stadt Wohnungen leer, die Bürger protestieren – und die Stadt zuckt mit den Schultern. Jetzt greift erstmals OB Christian Ude ein und geht mit einem massiven Rüffel für seine Verwaltung dazwischen: Das angebliche Abrisshaus in der Müllerstraße 6 müsse sofort wieder vermietet werden. Einen Abriss erwartet Ude vorerst nicht mehr. Zur AZ sagt er: „In den nächsten 15, 16 Jahren passiert dort nichts.“
Das ist ein Riesen-Erfolg für die Initiative „Gold Grund“ von Till Hofmann und seine Mitstreiter wie Dieter Hildebrand, Luise Kinseher, Mehmet Scholl bis zu den Sportfreunden Stiller. Die prominenten Aktivisten hatten – als Affen verkleidet – eine Wohnung in der Müllerstraße für wenig Geld saniert, um der Stadt zu zeigen, dass ein Abriss überflüssig ist.
Den hatte die Stadt nämlich geplant. Zum Teil mehr als zehn Jahre stehen daher mitten im begehrten Glockenbachviertel billige städtische Wohnungen leer. Die Stadt hat das Haus über Jahrzehnte verkommen lassen und erklärt es jetzt für abbruchreif. Das ist auch genau jenes Quartier, wo das Kommunalreferat für einen Neubau den Bolzplatz des Viertels wegholzen wollte. Zur AZ sagt Ude zerknirscht: „Ich war entsetzt, dass hier Wohnungen leer stehen. Die Nummer 6 ist nicht das, was man abbruchreif nennt.“
Ude hat sich die Häuser am Dienstag angesehen: „Die Nummer 6 muss nicht so aussehen.“ Das sei schludriges Verhalten: „Aufgrund mehrjähriger Untätigkeit des Hausbesitzers (also der Stadt) macht das Haus mit der heruntergekommenen Balkonfassade und dem abblätternden Anstrich des Treppenhauses zwar einen unansehnlichen Eindruck, dies ist aber allein auf unterlassene Schönheitsreparaturen zurückzuführen.“ Und: „Hier hätte die Zweckentfremdungsabteilung zuschlagen müssen!“ Das sind jene Mitarbeiter, die privaten Eigentümern bei Leerstand hinterher sind.
Ude gibt der Gruppe um Till Hofmann Recht und hat angeordnet: Die Wohnungen müssen jetzt „unverzüglich“ nach dem Vorbild vom Gold-Grund instand gesetzt werden. Der Leerstand sei „ärgerlich und nicht vertretbar“. Damit gibt er den (verkleideten) Affen Zucker. „Das ist genau die richtige Reaktion“, freut sich Hofmann.
In den nächsten Jahren kann nun die Stadt prüfen, was sie auf dem Areal machen will – ohne dass Wohnungen jahrelang weiter leer stehen.
Udes Erklärung im Wortlaut:
Aufgrund einer Aufforderung durch Till Hofmann hat Oberbürgermeister
Christian Ude das städtische Anwesen Müllerstraße
6 und die von einer protestierenden Künstlergruppe renovierte
Wohnung im obersten Stockwerk besichtigt.
Sein Fazit: „Die provisorische
Renovierung, die nach Auskunft der Gruppe bei großem Arbeitseinsatz nur
knapp 3.000 Euro Materialkosten ausgelöst hat, hat einen für junge Leute
höchst attraktiven Wohnraum mit durchaus zeitgemäßer technischer Ausstattung
geschaffen. Aufgrund mehrjähriger Untätigkeit des Hausbesitzers
(also der Stadt) macht das Haus mit der heruntergekommenen Balkonfassade
und dem abblätternden Anstrich des Treppenhauses zwar einen unansehnlichen
Eindruck, dies ist aber allein auf unterlassene Schönheitsreparaturen
zurückzuführen. Anders als beim Nachbargebäude Müllerstraße
4 gibt es keine Hinweise auf Baufälligkeit, nur Hinweise darauf, dass
der energetische Standard wie bei vielen Münchner Anwesen äußerst
schlicht ist und die Haustechnik teilweise überholt werden muss.“
Die Rücksprache bei Kommunalreferenten Axel Markwardt hat ergeben,
dass voraussichtlich erst im Herbst diesen Jahres mit der Vorlage der
vom Stadtrat angeforderten Vorplanung in mehreren Alternativen zu rechnen
ist. Ude: „Ob der Stadtrat dann kurz vor der Kommunalwahl tatsächlich
in den sauren Apfel einer endgültigen Abwägung beißt, erscheint fraglich.“
Anschließend müsste nach einer Weichenstellung durch den Stadtrat
die Entwurfsplanung und dann die Ausführungsplanung erstellt werden.
Somit erscheint es wahrscheinlich, dass ein etwaiger Projektbeginn erst
2015 ansteht. Der Oberbürgermeister: „Deshalb habe ich mich mit dem
Kommunalreferenten verständigt, dass die wenigen leerstehenden Wohnungen
des Anwesens unverzüglich, soweit noch nicht geschehen, nach
dem Vorbild der jetzt vorgenommenen provisorischen Sanierung ebenso
schnell und kostengünstig in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen
und einer Wohnnutzung zuzuführen sind.
Dann ist ohne einen ärgerlichen und nicht vertretbaren Leerstand sicherzustellen, dass aufgrund der Vorplanungsentwürfe,
die im Herbst vorliegen werden, eine Abwägung vorgenommen
werden kann, ob die Kosten in einem angemessenen Verhältnis
zu dem angestrebten zusätzlichen Wohnraum stehen oder ob für die Anwesen
Müllerstraße 6 sowie Müllerstraße 2 und 4 unterschiedliche Vorgehensweisen
zu wählen sind."