Abgeschirmte Suche: Grabung am KZ-Außenlager

Die archäologische Grabung am Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers Dachau-Allach läuft, das Ergebnis wird aber erst im Oktober bekannt.
von  Eva von Steinburg
Dieser Bagger werkelt auf sensiblem Gelände: Ein Gitterzaun mit weißer Plane schirmt die archäologischen Grabungen nach Überresten des KZ-Außenlagers Dachau-Allach vor den Blicken Neugieriger ab. Die aufwendige Flächengrabung wird klären, ob hier ein Massengrab ist.
Dieser Bagger werkelt auf sensiblem Gelände: Ein Gitterzaun mit weißer Plane schirmt die archäologischen Grabungen nach Überresten des KZ-Außenlagers Dachau-Allach vor den Blicken Neugieriger ab. Die aufwendige Flächengrabung wird klären, ob hier ein Massengrab ist. © Daniel von Loeper

München - Das Scharren und Kratzen des Baggers ist zu hören. Von den archäologischen Grabungen in der Siedlung Ludwigsfeld sind aber nur hohe Erdhaufen zu sehen: Ein doppelter Gitterzaun mit weißen Planen schirmt die Grabungen vor den Blicken Neugieriger ab. „Da sind bestimmt Gräber drunter. Auch unter unserem Fußballplatz. Das denkt hier jeder von den alten Ludwigsfeldern“, sagt Anwohner Michael Braun (48).

An der Granatstraße 12 hat im Februar die Suche nach den Überresten des ehemaligen KZ-Außenlagers Dachau-Allach begonnen. Die erste Flächengrabung erstreckt sich über 250 mal 180 Meter. Hunderte Tote sollen hier liegen, vermutet ein Stadtteilhistoriker. Finden sich Bunker oder Fundamente aus der NS-Zeit, würden sie unter Denkmalschutz gestellt.

Die Arbeiter holen ab und zu eine Semmel bei Giuseppe Virruso (42). In seinem italienischen Feinkostladen trifft sich die Siedlung Ludwigsfeld. Virruso findet die Grabungen gut: „Vergessen darf man nichts, aber das Leben geht weiter. Sonst dürfte ja kein Römer in Rom wohnen.“

Johannes Singhammer, Bundestagsabgeordneter der CSU für den Münchner Norden, war extra aus Berlin gekommen. Mit Karl Freller (CSU), Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, hatte er am Dienstag die Ausgrabungen sehen wollen. Aber daraus wurde nichts. Die „Projektgemeinschaft Granatstraße 12“, Eigentümerin des Geländes, hat Politikern und Presse die Begehung kurzfristig über ihren Anwalt verboten.

Informationen über Ergebnisse erst im Oktober

Liegen hier Tote? Erst im Oktober werden die Ergebnisse bekannt: Ein runder Tisch mit allen Beteiligten, darunter die Stadt München, die Israelitische Kultusgemeinde München, das Landesamt für Denkmalpflege und das NS-Dokumentationszentrum, haben Stillschweigen vereinbart – bis zum Ende der Grabung. Auch um Nazis fernzuhalten, wird spekuliert.

In Washington fand Stadtteilhistoriker Klaus Mai einen Film, der am 30. April 1945, am Tag der Befreiung des Lagers, ein Massengrab zeigt. Zudem kennt er die Berichte von Überlebenden des KZ-Außenlagers Dachau-Allach. Er vermutet drei große Grabfelder in Ludwigsfeld.

Für das Landesamt für Denkmalschutz hat er die Flächen jetzt genau kartiert. Ulrich Fritz, Historiker von der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten, widerspricht ihm jedoch: „Über 400 Tote kamen in den 50er Jahren schon an andere Orte. Wir meinen, dass sich auf dem Areal keine sterblichen Überreste mehr befinden. Falls doch, könnten die KZ-Opfer zum Beispiel auf den Ehrenfriedhof am Leitenberg bei Dachau überführt werden.“

Anwohner Michael Braun weiß, was er weiß: „In den 90er Jahren sind in der Kristallsiedlung neue Wohnhäuser gebaut worden – ohne Keller. Denn in die Tiefe graben wollte man hier lieber nicht . . .“
Die „Projektgesellschaft Granatstraße 12“ aus Grünwald will auch eine zweite Fläche archäologisch prüfen lassen, ob sie „frei“ ist. Bislang ist ein Autohändler dort.

Auf 35 000 Quadratmetern will sie in Ludwigsfeld eine moderne Wohnsiedlung bauen – dafür trägt sie jetzt die Kosten der wichtigen archäologischen Grabung.

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