85 Jahre: Die Schwabinger Gisela feiert
Altschwabing - Den Nowak, der sie nie verkommen lassen wollte, gibt es schon lange nicht mehr. Die Schwabinger Gisela (bürgerlich Jonas-Dialer), kein weißblaues Gwachs, aber für Wahnmoching so zugehörig wie die BB zu St. Tropez, hat nichts an Charme und Lebensfreude eingebüßt.
Die Nacht-Orchidee, die am Freitag, 24. Januar, 85 Jahre alt wird, lebt im Werner-Friedmann-Haus am Viktualienmarkt, wo betagte Künstler eben nicht verkommen sollen.
"Ich bin zufrieden"
Seit kurzem sitzt sie im Rollstuhl. „Ich bin zufrieden. Die rund um die Uhr-Pflege ist ein Segen“, sagt sie bei unserem Treffen.
Ihre Wohnung spiegelt Herz und Seele wider. An den Wänden hängen Werke von Münchner Maler Rupert Stöckl, mit dem sie befreundet war. Die silberhaarige Lady, die eine Kehlkopf-Operation überstanden hat, blickt von ihrer Wohnung im ersten Stock auf die Fisch-Oase „Witte“ herunter, die oft Sehnsüchte weckt. Meeresfrüchte mag sie narrisch gern, vor allem Austern, an denen sich Gisela satt essen kann, wenn der Stahlunternehmer a. D. Martin Glässel, ehemals Münchner Hausfreund von Ex-Kaiserin Soraya und Nachbar von Franz Josef Strauß, sie zum Lunch abholt.
Gefeiert wird in Altschwabing
Gefeiert wird der Geburtstag der legendären Barbesitzerin, einer „gebildeten Dame mit stark unzüchtigem Charakter“, wie es in ihrer Vita heißt, in Schwabing in der „Galerie Roucka“ – einen Steinwurf entfernt von ihrem früheren Nightspot in der Occamstraße, wo eine krumme Laterne und Kerzenlicht-Beleuchtung zu den besonderen Merkmalen zählten, wenn sie sich mit ihrer rauchigen Stimme in die Gemüter einschlich. Immer eine Zigarette im Mundwinkel.
Gisela: „Ich weiß nicht, was passiert. Ich lasse mich überraschen. Galerist Wolfgang Roucka chauffiert mich dort hin“.
Willy Michl und Konstantin Wecker gratulieren
Gisela, die zum großen Tag ihren schwarzen Samthosenanzug trägt, wird sich wundern, was für ein kunterbuntes Künstlervolk sie hochleben lassen wird. Willy Michl und Konstantin Wecker sind dabei. Gegen 21 Uhr wird OB Christian Ude zum Gratulieren kommen und dann wird Sekt gereicht.
1952: Die jüngste Wirtin
1952 war Gisela die jüngste Wirtin Deutschlands, machte ihre musikalische „Tankstelle“ schnell zu einer Institution. Sie begann, eine Seitenstraße weiter, bei der „Muttibräu“, einer resoluten Wirtin mit gefürchteten Zungenküssen, die sie aber nur Gästen verabreichte, die sie mochte.
Jung und Alt kamen zur Gisela, arm und reich, unbekannt oder sehr bekannt wie Erich Kästner, Soraya, Franz Josef Strauß, Kirk Douglas oder Orson Welles.
Und Udo Jürgens klimperte am Klavier
Udo Jürgens spielte in den Pausen am Klavier und verdiente sich ein Taschengeld, als er mit Thommy Hörbiger und Frank Forster eine 1-Zimmer- Bleibe teilte. Gisela liebt ihre Almhütte in Albach in Österreich, zu der sie leider immer weniger kommt. Da besucht sie den Innsbrucker Friedhof, wo ihr Freund Sepp, ihr letzter Nowak, und Bruder ihres verstorbenen Mannes, begraben ist.