Stadtspaziergang durch München: Das große Plätschern

Der Stadtspaziergänger geht heute dem großen Sprudeln auf den Grund - und staunt über die Brunnen-Vielfalt.
von  Sigi Müller
Im Brunnenhof der Residenz: Hat dieser Herr etwa ein Handy in der Hand?
Im Brunnenhof der Residenz: Hat dieser Herr etwa ein Handy in der Hand? © Sigi Müller

München - Ausgerechnet der Brunnen am Orleansplatz. Genau dieser Brunnen, der seit Jahren nicht läuft, weil eine nicht enden wollende Baustelle - vielleicht inzwischen ein Baustellenübungsplatz - den Platz oder wechselnde Teile davon beherrscht, ist der erste Brunnen, der mir in diesem Jahr auffällt. Weil das Wasser wieder plätscherte.

Der Kronprinz-Rupprecht-Brunnen hinter der Residenz ist von 1961.
Der Kronprinz-Rupprecht-Brunnen hinter der Residenz ist von 1961. © Sigi Müller

Leider offensichtlich nur ein Probelauf, den ich da dokumentiert hatte, denn am nächsten Tag war der Spaß auch schon wieder vorbei. Andere Brunnen blieben in diesem Frühling ebenfalls länger trocken als sonst, denn als ich beschloss, dieser Geschichte nachzugehen, bin ich relativ häufig umsonst herumspaziert und stand vor trockenen, teils arg vermüllten Brunnen.

In München plätschern fast 700 Brunnen

So nach und nach wird's aber, und die meisten Brunnen laufen wieder. Nahezu 700 Brunnen gibt es in München und sie könnten unterschiedlicher nicht sein: vom kleinen Pumucklbrunnen im Luitpoldpark bis zum großen Brunnen am Rindermarkt, den pompösen Wittelsbacherbrunnen am Lenbachplatz oder den hohen Wasserfontänen am Friedensengel.

Erbaut 1893: der Brunnen unterhalb des Friedensengels.
Erbaut 1893: der Brunnen unterhalb des Friedensengels. © Sigi Müller

Das große Plätschern gehört zum Stadtbild, im Sommer sind dies angenehme Aufenthaltsorte, weil das Wasser die aufgeheizte Stadt wenigstens ein bisserl abkühlt. Außerdem stehen die Brunnen ja zumeist auch an wunderbaren Plätzen.

Klar, unsere Brunnen sind meist eher eine schöne Zierde als eine wirkliche Notwendigkeit - von den wenigen Trinkwasserbrunnen in der Stadt mal abgesehen.

Der Lieblingsbrunnen des AZ-Stadtspaziergängers steht im Kabinettsgarten

Vor einigen Jahren fotografierte ich für "Menschen für Menschen" in Äthiopien - da haben Brunnen eine ganz andere Bedeutung. Dort, wo es oft jahrelang nicht regnet, sichern sie nicht nur das Überleben, sondern sorgen auch für Bildung. Wo Brunnen nämlich in der Nähe eines Dorfes gebaut wurden, können Mädchen, die ansonsten viele Stunden täglich damit beschäftigt waren, mühsam Wasser für die Familie zu holen, jetzt zur Schule gehen.

Mein Lieblingsbrunnen ist im Moment der Brunnen im Kabinettsgarten hinter der Residenz. Links und rechts ein langes Wasserbecken und am Ende sprudelt der eigentliche Brunnen. Steinbänke am Rand. Es ist wirklich angenehm, hier zu sitzen.

Wasserspiele im Kabinettsgarten: Der zehnte Residenz-Hof ist 2003 nach altem Vorbild neu geschaffen worden.
Wasserspiele im Kabinettsgarten: Der zehnte Residenz-Hof ist 2003 nach altem Vorbild neu geschaffen worden. © Sigi Müller

Aber bei der Menge an Brunnen in der Stadt, werde ich sicher noch den einen oder anderen Lieblingsbrunnen entdecken, der mir bis jetzt noch völlig unbekannt ist. Auffällig ist, dass oft gar keine Namen an den Brunnen stehen. Manchmal in den Stein graviert, manchmal eine kleine Plakette, oft aber ist gar nichts zu finden.

Jetzt stelle ich mir vor, ich komme aus einem fremden Land nach München und stelle plötzlich fest, dass viele Brunnen offenbar der gleichen Person gewidmet sind. Ein ganz wichtiger Mensch muss das gewesen sein, denn viele Plaketten weisen darauf hin.

Der Name? "Kein Trinkwasser".

In diesem Sinne eine schöne Woche
Ihr
Sigi Müller

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