Stadtsparkasse München kündigt nach 57 Jahren das Konto: "Unerträglich"

Die Stadtsparkasse München hatte rund 40.000 Kunden gekündigt. Im März forderte sie letztmalig dazu auf, zu teureren Kontomodellen zu wechseln. Nun läuft die Frist aus. "Das ist wie Nötigung", findet ein Münchner Jurist – und zieht Konsequenzen.
Nina Job
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Die Stadtsparkasse München hat rund 810.000 Kunden.
Die Stadtsparkasse München hat rund 810.000 Kunden. © Archiv/IMAGO/Ulrich Wagner

Es bleiben nur noch wenige Tage: Im März hatte die Münchner Stadtsparkasse rund 40.000 Kunden gekündigt, die teils seit Jahrzehnten bei der Bank sind. Das Geldinstitut hat neue Kontomodelle eingeführt, deren Gebühren höher sind. Wer bis zum 31. Mai einem Wechsel zu einem der neuen Kontomodelle nicht zustimmt, riskiert, dass sein altes Konto einfach eingestellt wird. Mittlerweile hätten „weit über 90 Prozent der Kunden“ zugestimmt, teilte eine SSK-Sprecherin am Montag, 26. Mai, der AZ mit.

Vermutlich haben viele Kunden der Änderung auch deshalb zugestimmt, da ein Wechsel zu einem anderen Geldinstitut viel Zeit und Nerven kostet. Außerdem spielt die Sorge eine große Rolle, ob alles gleich reibungslos klappt mit Daueraufträgen, Überweisungen oder dem Abheben von Bargeld.

Der Jurist Klaus R. (57) jedoch ärgert sich so sehr über das Geschäftsgebaren der Stadtsparkasse, dass er den hohen Aufwand in Kauf nimmt. Er geht weg von seiner Hausbank: „Ich fühle mich praktisch genötigt von der Stadtsparkasse, zu einem Girokonto mit höheren Gebühren zu wechseln. Das ist ein starkes Ding. Das mache ich nicht mit.“

Schon als Einjähriger wurde er Kunde der SSK

Der Münchner wurde schon mit einem Jahr Kunde der Sparkasse. Seine Mutter hatte 1968 für ihn ein Sparbuch angelegt. Später eröffnete Klaus R. ein Girokonto, weitere Konten kamen dazu, zudem Wertpapiere und Anleihen. „Ich war für die Stadtsparkasse ein sehr guter Kunde. Sie hat sicher gut verdient mit mir“, sagt er.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) leitet den Verwaltungsrat der SSK.
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) leitet den Verwaltungsrat der SSK.
Die SSK hat ihre Gebühren erhöht. Ebenfalls im Verwaltungsrat sitzt Bürgermeister Dominik Krause.
Die SSK hat ihre Gebühren erhöht. Ebenfalls im Verwaltungsrat sitzt Bürgermeister Dominik Krause. © Sven Hoppe/dpa

Ende März bekam der 57-Jährige von der Regionalleiterin Privatkunden ein Standardschreiben, in dem es hieß, dass er immer noch nicht mitgeteilt habe, ob er mit der Umstellung vom „Privatgirokonto Online“ zum „Privatgirokonto Online Neu“ einverstanden sei. Nach der zweijährigen Übergangszeit würden „die alten Kontomodelle Mitte des Jahres eingestellt“. Und schließlich: „Wir kündigen daher hiermit Ihr Girokonto mit der Nr. (...) zum 31. Mai 2025.“

"Geschäftsschädigend und kleinlich", findet der Münchner das Verhalten der Sparkasse

R. ärgert sich bis heute und bezeichnet das Ganze als „unerträglich, geschäftsschädigend und kleinlich“. „Ich müsste künftig mehr als das Doppelte an Kontoführungsgebühren bezahlen. So geht man mit jahrzehntelangen Kunden nicht um.“

Der Anwalt hält das Vorgehen der Bank zudem für juristisch anfechtbar. „In dem Schreiben gibt es eine Passage, die beinhaltet, dass wenn man nicht widerspricht und das Konto weiter nutzt –  also nach dem 31. Mai zum Beispiel mit seiner Sparkassenkarte Geld abhebt – dies als Zustimmung zum neuen Kontomodell gilt.“ Solch eine Fiktionsklausel sei aber kaum zulässig. Der Anwalt: „Dazu gab es 2021 und 2024 Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Da ging es um ähnliche Fiktionsklauseln in Geschäftsbedingungen von Banken und Sparkassen, die der BGH als unwirksam angesehen hat.“

Die Stadtsparkasse wird von der Stadt getragen. Im Verwaltungsrat sitzt auch Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD).
Die Stadtsparkasse wird von der Stadt getragen. Im Verwaltungsrat sitzt auch Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD). © Erol Gurian

Die Stadtsparkasse München ist gemessen an ihrer Bilanzsumme das größte Geldinstitut in Bayern. Sie hat rund 810.000 Kunden mit fast über einer halben Million Konten. Sie ist eine Anstalt öffentlichen Rechts, im Verwaltungsrat sitzen OB Dieter Reiter (SPD) und seine Stellvertreter Dominik Krause (Grüne) und Verena Dietl (SPD).

Klaus R. wechselt nun zu einer Genossenschaftsbank. „Da zahle ich keine Kontoführungsgebühren“, sagt er. Der Aufwand allerdings hat es in sich. „Ich musste mein ganzes Leben finanziell neu ordnen“, sagt der Jurist.  Die Gespräche mit der alten und der neuen Bank sowie die Formalitäten des Kontowechsels und die Korrespondenz hätten ihn etwa sieben bis zehn Stunden Zeit gekostet.

Ob alles reibungslos über die Bühne geht, wird er sehen. „Hoffentlich gibt es keine Beanstandungen, Rückfragen und Fehlbuchungen.“

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  • Bongo am 28.05.2025 08:24 Uhr / Bewertung:

    Jeder hat die Möglichkeit, seine Bank zu wechseln, wenn er unzufrieden ist! Kann aber sein, dass die neue Bank auch bald ihre Gebühren erhöht, was dann?
    Übrigens: Manche haben ganz falsche Vorstellungen von derArbeit der Aufsichtsräte. Die werden sich kaum ins Tagesgeschäft ihrerBank einmischen oder mit einzelnen, unzufriedenen Bankkunden beschäftigen.

  • OnkelHotte am 27.05.2025 14:31 Uhr / Bewertung:

    Rot Grün sitzt im Verwaltungsrat und akzeptiert das nicht gerade soziale Thema.
    Entweder keine_wenig Ahnung, nie anwesend oder primär mehr Freude an kostenlosen Getränken in den Verwaltungsratsitzungen.
    Leider verlassen nicht 50% der Kunden die SSKM, dann hätte se ihren Denkzettel aber sowas von bekommen.

  • ra-brunner@ra-brunner.de am 27.05.2025 14:12 Uhr / Bewertung:

    Obwohl ich meine Zustimmung zur zweiten(!) Gebührenerhöhung fristgerecht widerrufen habe und obwohl mir „meine“ Sparkasse (Niederbayern-Mitte) das Konto vor Monaten schon gekündigt hat, buchen die mir zwischenzeitlich mehr als die doppelten Gebühren (für Kontoführung UND Sparkassen-Karte) ab. Leider interessiert das aber weder die Presse noch die Staatsanwaltschaft. Man greift mir also Monat für Monat gegen meinen Willen in die Tasche und die Verwaltungsräte (u.a. Landräte und Bürgermeister) schauen gegen entsprechende „Entschädigung(!)“ ganz angestrengt weg. Für mich der glasklare Beweis, dass wir endgültig in einer Bananenrepublik angekommen sind. PS: Bei der ersten (widerrechtlichen) Gebührenerhöhung habe ich die Sparkasse noch vor dem AG Straubing verklagt und sie haben mir per „Anerkenntnis-Urteil“ ausdrücklich Recht gegeben (und auch ein paar cent Zinsen überwiesen). Dreister geht es wohl wirklich nicht. Sogar die BR-Sendung „quer“ hatte damals über diesen Fall berichtet.

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