Stadt München will gegen Verkehrssünder vorgehen – mit bislang verbotener Methode

Das Kreisverwaltungsreferat will Autos scannen, um falsches Parken und Verstöße gegen das Dieselfahrverbot in München besser ahnden zu können. Noch ist das aber in Deutschland verboten.
von  Guido Verstegen
Gegen Parksünder und Dieselfahrverbot-Brecher: Die Stadt will Nummernschilder automatisiert erfassen lassen. (Symbolbild)
Gegen Parksünder und Dieselfahrverbot-Brecher: Die Stadt will Nummernschilder automatisiert erfassen lassen. (Symbolbild) © imago/Alexander Pohl

München - In anderen europäischen Ländern ist man bei der Jagd nach Parksündern schon einen Schritt weiter, jetzt unternimmt auch das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) einen Vorstoß und plant, Nummernschilder via Scan automatisiert zu erfassen. Auch in Sachen Dieselfahrverbot soll das System dienlich sein.

Aktuell sei die Verkehrsüberwachung "ausgesprochen personalintensiv", heißt es in einer Beschlussvorlage von KVR-Chefin Hanna Sammüller-Gradl (Grüne) für die Sitzung des Kreisverwaltungsausschusses am 24. Oktober, die der AZ-Redaktion vorliegt. Eine KVR-Sprecherin bestätigte die Pläne.

Noch gibt es Hürden für die KVR-Pläne

"Mittelfristig müssen daher neue, technische Lösungen zur Parkraumüberwachung und Parkraumbewirtschaftung entwickelt werden", so Sammüller-Gradl. Hier seien andere europäische Städte technisch deutlich weiter und unabhängiger von Kontrollen ausschließlich durch Personaleinsatz. "In den Niederlanden beispielsweise ist die automatisierte Überprüfung von Halte- und Parkverstößen durch Fahrzeuge mit Sensorik teilweise Alltag", argumentiert Sammüller-Gradl.

Die Idee: Techniken dieser Art – wie zum Beispiel sogenannte Scan-Cars – könnten auch in München die Kontrollen erleichtern und effektiv ergänzen. Problematisch sei hier allerdings die derzeit gültige Gesetzgebung des Bundes, die den Einsatz dieser Technik verhindert, verweist das KVR auf ernstzunehmende Hürden.

Einsatz von Scan-Fahrzeugen in München? Das sagt der ADAC

"Für den rechtssicheren Einsatz beim automatisierten Aufzeichnen der Nummernschilder durch Scan-Fahrzeuge zur Überwachung von Falschparkern braucht es eine Rechtsgrundlage", erklärt ein ADAC-Sprecher auf Anfrage der AZ. Es sei dabei vieles noch ungeklärt: So beispielsweise die Frage, ob es um Schwarzparker ohne gültige Parkberechtigung wie Parkschein oder Anwohnerparkausweis gehe oder auch um Falschparker, die vor Einfahrten bzw. Gehwegen stünden.

"Zudem ist unklar, ob zufällig vorbeilaufende Personen aufgenommen werden können und wie diese Daten dann verarbeitet werden. Das Kennzeichen ist ein personenbezogener Datensatz. Für einen anlasslosen Scan bräuchte es eine Rechtsgrundlage", so der Sprecher.

Hanna Sammüller-Gradl ist sich dessen bewusst: "Es ist daher dringend geboten, auf den Gesetzgeber einzuwirken, Fahrzeuge mit Sensorik für die automatisierte Überprüfung von Halte- und Parkverstößen zu ermöglichen. Der Oberbürgermeister wird gebeten, sich beim Gesetzgeber für diesen Belang einzusetzen."

Hanna Sammüller-Gradl ist seit 1. Juli 2022 als berufsmäßige Stadträtin Leiterin des Kreisverwaltungsreferats und die erste Frau an der Spitze der Münchner Sicherheitsbehörde.
Hanna Sammüller-Gradl ist seit 1. Juli 2022 als berufsmäßige Stadträtin Leiterin des Kreisverwaltungsreferats und die erste Frau an der Spitze der Münchner Sicherheitsbehörde. © Andreas Gregor/Grüne

Scan-Fahrzeuge: Stadt München holt Schweizer Start-up ins Boot

Laut Beschlussvorlage sammelt das KVR bereits erste Erfahrungen mit einer praxisrelevanten Technik und nutzt dafür das Konzept des Schweizer Start-ups Transcality, das in diesem Jahr den städtischen Innovationspreis gewonnen hat. Die dort vorgestellten Ideen zur Challenge "Digitale Umsetzung des zonalen Dieselfahrverbotes" sollen nun gemeinsam weiterentwickelt und in einem realen Testfeld erprobt werden.

"Digitale Strategien können eine Lösung für den Fachkräftemangel darstellen, der Transcality AG ist es gelungen, ein solches Konzept zu entwickeln", sagte die KVR-Chefin bei der Preisverleihung im Juli.

Länder: Bundesregierung soll rechtlichen Rahmen für Einsatz von Scan-Cars schaffen  

In anderen Ländern wie etwa Dänemark, Schweden, Polen, Spanien oder Frankreich würden "zwischenzeitlich Scan-Fahrzeuge für Videokontrollen im ruhenden Verkehr eingesetzt", berichtet die "Rheinische Post".

Demnach fordern die Länder die Bundesregierung dazu auf, die rechtlichen Rahmen für den Einsatz der Fahrzeuge zu schaffen. "Mittels solcher fahrzeuggestützten Videokontrollen können bis zu 1.000 Kennzeichen pro Stunde kontrolliert werden, also das Zwanzigfache gegenüber dem manuellen Vollzug", zitiert die Zeitung aus einer entsprechenden Empfehlung zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes.

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