Sommermärchen oder Fiasko? München verabschiedet Adele nach 10 Konzerten

Zehnmal überzeugte Popstar Adele mit ihren Konzerten in München – nun fällt es ihr schwer zu gehen. Die Gastronomen und Hotels der Stadt bezeichnen die Konzertreihe als "Sommermärchen", Umweltschützer dagegen sehen ein "klimapolitisches Fiasko".
dpa/saw |
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Adele bei dem ersten von zehn Konzerten in dem eigens für sie erbauten Stadion auf dem Messegelände in Riem.
Adele bei dem ersten von zehn Konzerten in dem eigens für sie erbauten Stadion auf dem Messegelände in Riem. © Getty Images for AD
München

"Hello" und Goodbye: Popstar Adele hat sich tränenreich von München verabschiedet – nach zehn Konzerten in rund vier Wochen. "Danke, München", rief die 36-Jährige am Samstagabend unter dem Jubel der mehr als 70.000 Menschen, die ihre Show in dem eigens für die Konzertreihe aufgebauten Pop-up-Stadion begeistert gefeiert hatten.

Mit gutem Grund, denn die Britin hatte eine mitreißende Show geboten, mit toller Musik, guter Unterhaltung und großen Gefühlen. "Das ist absolut magisch, ich habe eine Gänsehaut", bedankte sich die Sängerin. Sichtlich gerührt stimmte sie ein letztes Mal ihren großen Hit "Someone like you" mit den Zuschauern an. Nun wolle sie das Leben leben, das sie sich die vergangenen sieben Jahre aufgebaut habe – ohne Tour und Konzerte.

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Gäste lassen gern Geld in München

Ähnlich glücklich zeigen sich auch Münchens Gastronomen: Die zehn Konzerte im August seien "eine tolle Geschichte" gewesen. "Wie so ein Sommermärchen war das", sagte die Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Angela Inselkammer, der Deutschen Presse-Agentur. Eine Statistik und belastbare Zahlen habe sie zwar noch nicht. Aber: "Die Hotels waren einfach voll – und zu sehr guten Raten." Das gelte nicht nur für die Stadt München, sondern auch für das Umland. 

Der August sei sehr viel besser gelaufen als sonst. "Die Nachfrage war toll und das waren durchaus Gäste, die Geld ausgeben wollten." Und das, obwohl auch die meisten Karten, die für die seit Anfang August laufenden zehn Shows der britischen Sängerin nicht gerade billig waren. 

Mehr als 700.000 Adele-Fans besuchten die Konzerte

Menschen aus aller Welt waren nach München gereist, um Adele zu erleben. 730.000 Tickets wurden nach Angaben der Veranstalter für alle zehn Konzerte verkauft, auch wenn diese nicht ganz billig waren. Für ihr Geld saßen die Besucherinnen und Besucher in einer riesigen Konzertarena, die komplett auf die Bedürfnisse der Sängerin zugeschnitten und schwarz-weiß im Adele-Look gehalten war.

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Herzstück war eine gigantische Leinwand, in Weltrekord-Größe mit mehr als 4.159 Quadratmetern, wie es hieß. Darauf sah man nicht nur die Sängerin, sondern auch Videos zu einzelnen Songs. Rund um das Stadion war zudem die sogenannte Adele-Welt aufgebaut, unter anderem mit Essens- und Getränkeständen und Karaoke.

Adele-Zuschauer sind eine Goldgrube für Münchens Gastronomie

Die Besucher mussten nicht nur irgendwo schlafen und essen – sie kauften auch ein, fuhren Taxi oder Bus. Der Münchner Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) hatte damit gerechnet, dass die Konzertreihe der Wirtschaft in der Stadt insgesamt rund eine halbe Milliarde Euro einbringt. 

"Wir gehen von einer zusätzlichen lokalen Wertschöpfung von mehreren hundert Millionen Euro aus", sagt Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern. "Nach den Konzerten von Adele können wir aus wirtschaftlicher Sicht resümieren: Gastronomie und Hotels, Einzelhandel und Souvenirstände sowie Bus- und Taxigewerbe haben von den Konzertbesuchern profitiert, die in der Regel nicht nur für einen Tag in München geblieben sind."

Womöglich waren die Konzerte in München die vorerst letzte Möglichkeit, die 36-Jährige live zu erleben. Sie hat nämlich angekündigt, sich danach erstmal eine längere Auszeit nehmen zu wollen. Für Dehoga-Präsidentin Inselkammer ist insgesamt klar: gerne wieder. Eine solche Superstar-Konzertreihe könne München regelmäßig brauchen. 

Umweltschützer sehen Konzertserie als Klima-Fiasko

Ob das aus Umwelt- und Klimaschutz-Gesichtspunkten aber wirklich eine gute Idee, wäre, das bezweifelt zumindest der EU-Klimapakt. "Auf den ersten Blick erscheint die Entscheidung, die Konzertreihe an einem zentralen Ort stattfinden zu lassen, nachhaltiger als eine Tournee in verschiedenen Städten oder sogar Ländern", heißt es in einer Mitteilung. Auf den zweiten Blick aber stelle sich die Sache etwas anders dar.

EU-Klimapakt-Botschafter Julian Vogels hat 1407 Konzertbesucher gefragt, wie sie nach München gekommen waren. Das Ergebnis: Jeder Vierte (24,3 Prozent) kam per Flugzeug. Die durchschnittlichen Kohlendioxid-Emissionen pro Person lagen den Angaben zufolge bei 41,14 Kilogramm – so viel, wie ein Baum in drei Jahren kompensieren kann. 

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Das sei um ein Vielfaches höher als beispielsweise die durchschnittliche Anreise bei der Sommertournee 2023 der Band AnnenMayKantereit (12,44 Kilogramm). "Adeles Fans sind internationaler, und gerade deswegen ist es ein klimapolitisches Fiasko, dass Adele eine Konzertserie in München einer Tournee vorzieht", so lautet Vogels' Fazit. 

"Hätte Adele zum Beispiel in fünf großen europäischen Städten gespielt, hätte sich die durchschnittliche Anreiseentfernung deutlich reduziert und somit hätten auch deutlich weniger Menschen das klimaschädliche Flugzeug als Anreiseart gewählt."

Messe München hält Adele-Konzertreihe für großen Erfolg

Die Messe München, Gastgeber der Konzertreihe, freut sich dagegen ebenso wie die Gastronomen über den Erfolg von Adeles Auftritten: "Das brachte der Region und der Messe München internationale Anerkennung. Für die Stadt und das gesamte Umland waren die zehn Konzerte auch wirtschaftlich ein großer Erfolg", so die beiden Messechefs Reinhard Pfeiffer und Stefan Rummel. Mit der eigens für Adele gebauten Pop-up-Arena habe die Messe gezeigt, welche außergewöhnlichen Erlebnisse auf dem Gelände realisiert werden können.

Die Adele-Welt bot pro Konzert knapp 80.000 Zuschauern Platz – und mit Biergarten und Karaoke-Bühne auch abseits der Bühne Unterhaltung.
Die Adele-Welt bot pro Konzert knapp 80.000 Zuschauern Platz – und mit Biergarten und Karaoke-Bühne auch abseits der Bühne Unterhaltung. © IMAGO/Sven Simon

Nun freut sich Adele erst mal auf ihren Alltag. In wenigen Stunden werde sie nach Hause fliegen, verriet sie dem Publikum. Auch für Montag habe sie bereits Pläne: "Ich bringe mein Kind in die Schule."

Ende Oktober folgt noch eine weitere Konzertreihe in den USA, in Las Vegas. Danach werde sie für eine sehr lange Zeit nicht mehr zu sehen sein, kündigte Adele an. Sie wolle ihr Leben genießen, dass sie sich aufgebaut habe, sagte die Sängerin, die bekanntermaßen nicht gern auf Tour geht und zuletzt 2016 auf dem europäischen Festland aufgetreten war.

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15 Kommentare
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  • tutnixzursache am 02.09.2024 12:59 Uhr / Bewertung:

    Der Herr Vogels vergleicht wirklich eine nur bundesweit bekannte Band mit einem Weltstar? Jeder biegt sich halt seine "Statistik" hin wie er es braucht. Hätte er z.B gefragt, von wo überall die Besucher der drei Rammstein-Konzerte angereist kamen. Das wäre in etwa das selbe Niveau vom Bekanntheitsgrad. Und obwohl Rammstein in mehreren europäischen Städten auftraten reisten viele Fans wie bei Adele per Flugzeug aus der ganzen Welt an.

  • Dieter Berger am 02.09.2024 12:50 Uhr / Bewertung:

    Da ist in München mal was geboten und was kommt dabei raus, das übliche Umweltgenörgel und die Schlechtrederei. Es wird niemand gezwungen dahin zu gehen und mir ist es lieber die Besucher geben ihr Geld in München aus, als sonst irgendwo.
    Die Stimmung war offensichtlich, gut, die Menschen friedlich. Bei der Wiesn wird sicher auch wieder rumgenörgelt, dass sie schlecht für die Umwelt sei und auch politisch nicht korrekt.
    Können wir Deutschen denn gar nichts mehr gut finden?

  • Wolff am 02.09.2024 15:49 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Dieter Berger

    Das ist eine Frage von Scheinheiligkeit, zweierlei Maß usw.

    Aber wahrscheinlich gibt es inzwischen sogar schon gutes und böses CO2 - Adele hui, Auto pfui. Hauptsache, die Grünen bestimmen, was geht und was nicht.

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