Stadt München klagt: Kampf gegen Zweckentfremdung geht in die zweite Runde

München - Über 400 Wohnungen hat die Stadt nach eigenen Angaben 2020 vor der Zweckentfremdung bewahrt — mehr als je zuvor. Wohnungen, die sonst als Ferienwohnungen vermietet, als Büroraum genutzt oder einfach leer gelassen worden wären, und nun Mietwohnungen bleiben. Ein Erfolg. Der nun aber auf der Kippe steht.
Das Gerichtsurteil war ein herber Rückschlag für die Stadt
Denn am 20. Januar 2021 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden: Teile der zum 1. Januar 2020 geänderten Münchner Zweckentfremdungssatzung sind unwirksam! Damit auch viele Vorgaben, zum Beispiel, dass, wenn es zu einer neuen Nutzung der Wohnung kommt, Ersatzwohnraum im gleichen Stadtbezirk geschaffen werden muss, Mietraum nur durch Mietraum ersetzt werden kann und die Miethöhe sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientiert. Ein herber Rückschlag für die Stadt.
"Kann doch nicht sein!": OB Reiter wettert gegen Zweckentfremdung
Doch die will das Urteil nicht auf sich sitzen lassen. Das Sozialreferat will nun eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof einreichen.
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erklärt seinen Ärger über das Urteil: "Es kann doch nicht sein, dass eine Mietwohnung in Haidhausen durch eine luxuriöse Eigentumswohnung ersetzt wird oder durch eine Mietwohnung aber in Neuperlach, und das dann von Gerichten so als Ersatz anerkannt wird.“
441 Wohnungen wurden vor Zweckentfremdung bewahrt
Von den 441 Wohnungen, die 2020 vor Zweckentfremdung bewahrt wurden, waren 75 zuvor gewerblich genutzt worden, 225 standen einfach leer. 141 Wohnungen wurden als Ferienwohnungen genutzt. Die Zweckentfremdung kam die Wohnungsbesitzer teuer zu stehen: Es wurden zwar nur 30 Bußgeldbescheide erlassen, dabei aber Bußgelder in Höhe von insgesamt 739.180 Euro verhängt. Heuer zeichnet sich laut Stadt schon jetzt eine deutliche Steigerung der Bußgelder im Vergleich zum Vorjahr ab.
Wer Zweckentfremdung vermutet, kann dies anzeigen
Wer eine Zweckentfremdung vermutet, kann das auf einer Online-Meldeplattform anzeigen. Es gingen dort innerhalb von drei Jahren, 2.900 Hinweise auf eine vermutete Zweckentfremdung ein, also knapp 81 Meldungen pro Monat! Auf Grundlage dieser Hinweise leitete die Stadt im vergangenen Jahr rund 400 zweckentfremdungsrechtliche Verfahren ein.
Nun also klagt die Stadt, um der Zweckentfremdung weiter Einhalt zu gebieten. Aus Sicht des Sozialreferats muss es auch weiterhin möglich sein, nur gleichwertige Wohnungen als Ersatz für eine Zweckentfremdung anzuerkennen.