Stadt München droht mit Strafe: Soziale Vermieter haben es schwer
München - Normalerweise sprechen beim Mieterstammtisch Mieter über ihre Probleme mit Vermietern und Investoren. Diesmal ist aber auch die Vermieterin Inge Weinzierl gekommen. "Wir stehen gar nicht auf verschiedenen Seiten", sagt sie zu den Mietern. "Die Nebenkosten steigen, der Bürokratieaufwand wird immer größer und das wird dann auf sie umgelegt", so Inge Weinzierl, "die Kosten müssen insgesamt gedämpft werden."
Dann erzählt die Vermieterin. "Wir haben beschlossen, unser geerbtes Elternhaus, das stark renovierungsbedürftig war, behindertengerecht auszubauen." Plötzlich bekam sie Post vom Amt für Wohnen und Migration. "Die drohten mit 50.000 Euro Strafe pro Wohnung, wegen der Vernichtung von Wohnraum", erzählt Weinzierl. Der Grund: Um die Küche rollstuhlgerecht zu machen, wurden Wände entfernt.
Ohne die räumlich abgetrennte Küche gebe es einen Wohnraum weniger – eine unverständliche bürokratische Regelung. "Außerdem wurde der behindertengerechte Umbau vom Finanzamt nicht als Renovierung, sondern als Neubau bewertet", so Weinzierl weiter. Deshalb sind die Kosten nicht kurzfristig als Werbungskosten absetzbar, stattdessen müssen die Vermieter sie über 50 Jahre mit zwei Prozent jährlich linear abschreiben. Um das zu ändern, hat sie eine Petition beim Landtag eingereicht.
Finanzamt sprach von "Gefälligkeitsmiete"
Aber die Vermieter standen noch vor einem weiteren Problem: Eine Mieterin, die schon lange im Haus wohnte, zog nach dem Umbau wieder ein. Die Weinzierls erhöhten die Miete nicht, da die Frau nach mehreren Schicksalsschlägen nicht viel Geld hatte und bisher alle Renovierungen in ihrer Wohnung selbst übernommen hatte. "Sie zahlte 420 Euro für eine 63 Quadratmeter Dachwohnung mit Dachterrasse", so Inge Weinzierl. Damit lag die Miete mehr als 52 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete. Das Finanzamt erklärte, dass es sich um eine Gefälligkeitsmiete handle und entschied, dass die Vermieter ihre Werbungskosten, also Kosten für Reparaturen oder Schuldzinsen, nur anteilig absetzen können.
Vermieter und Mieterin fanden ein Schlupfloch. Die Weinzierls erhöhten auf dem Papier die Miete. Daraufhin reichte die Mieterin einen Antrag auf Mietminderung ein, da im Haus auch Pflegebedürftige wohnen. Dadurch kommt es zu Belastungen etwa Geräusche von Beatmungsgeräten, nächtliche Störungen oder Gerüche. Die Vermieter standen der alten Dame die Mietminderung zu. "Sozialen Vermietern mit Herz wird es einfach schwergemacht", sagt Inge Weinzierl.
Das ist der Mieterstammtisch
Hervorgegangen aus den Protesten der "Ausspekuliert"-Demo treffen sich alle ein bis zwei Monate Mieter an wechselnden Orten zum Stammtisch. Organisiert wird das Ganze von verschiedenen unabhängigen Münchner Mieterorganisationen.
11.000 bei Ausspekuliert: Der Demo-Liveblog zum Nachlesen
Wer von Verdrängung oder Luxussanierung bedroht ist, kann sich hier vernetzen und bei Experten Rat holen, wie man sich am besten dagegen wehrt. So ist zum Beispiel regelmäßig Maximilian Heisler vom "Bündnis bezahlbares Wohnen" zu Gast, der sich seit Jahren den Ruf erarbeitet hat, Münchens vehementester Mieterschützer zu sein.
Der nächste Termin für den Mieterstammtisch wird voraussichtlich im April sein. Wann und wo lesen Sie, sobald es feststeht, in der Abendzeitung.
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