Stadt jagt Kaninchen mit Greifvögeln!

400 von ihnen sollen diesen Winter dran glauben. Der Grund: Sie zerstören Sträucher, nagen Rinde von Bäumen und sind häufig krank. Auch Marder und Füchse werden gefangen.
von  Thomas Gautier
Kaninchen vermehren sich immer schneller in München. Jetzt rücken ihnen die Stadtjaäger mit Falken auf den Pelz.
Kaninchen vermehren sich immer schneller in München. Jetzt rücken ihnen die Stadtjaäger mit Falken auf den Pelz. © imago

400 von ihnen sollen diesen Winter dran glauben. Der Grund: Sie zerstören Sträucher, nagen Rinde von Bäumen und sind häufig krank. Auch Marder und Füchse werden gefangen.

München - Der Tod kommt mit 120 Stundenkilometern – lautlos, von hinten und einen halben Meter über dem Boden. Der Jäger reißt den Schnabel auf, streckt die Krallen aus, packt das Fell und drückt es ins Gras. Das Kaninchen zuckt kurz und stirbt dann. Eines weniger. So läuft das bei den Wüstenbussarden.

400 Kaninchen sollen diesen Winter das gleiche Schicksal erleiden. Bis Februar geht Stadtjäger Wolfgang Schreyer (55) auf Auftrag der Stadt auf die Pirsch. Sein Ziel: Die Reduzierung des Wildkaninchenbestandes. Der sei in diesem Jahr „explodiert“. Grund: beste Vermehrungsbedingungen im warmen Frühling.

Weil Jäger im Stadtgebiet keine Schusswaffen benutzen dürfen, muss Schreyer zu anderen Mitteln greifen – zu Vögeln statt Flinten. Mit zwei bis vier Habichten, Falken oder Wüstenbussarden durchkämmt der Jäger mit Kollegen nun „jeden Tag“ besonders stark betroffene Gebiete wie Weiher, Seen oder Parks.

Kaninchen sind nicht sein einziges Ziel – auch Marder, Füchse, Gänse und Enten seien eine echte Plage. Im Gegensatz zu Kaninchen liege das aber am „Fütterungswahn“ der Münchner, so Schreyer. Der Schaden durch alle Tiere gehe „in die Hunderttausende, vielleicht in die Millionen“.

Marder und Fuchs werden nicht bis zum Tod gejagt. Sie dürfen nur lebend gefangen und auf dem Land ausgesetzt werden. Eine Mammut-Aufgabe, denn beide sind fast überall in der Stadt vertreten: Der Marder knabbert an Autokabeln, der Fuchs – rund 2000 sind es laut Stadt – überträgt den Fuchsbandwurm und beißt in Einzelfällen auch zu.

Im Kampf gegen Gänse und Enten kommen die Greifvögel zwar zum Einsatz, aber nur, um sie zu vertreiben. Sie haben sich vor allem im Olympiapark, im Nymphenburger Schlosspark und am Messe-See in Riem ausgebreitet – mit schmutzigen Folgen: „Die Gebiete sind einzige, riesige Toiletten“, schimpft Schreyer.

Sterben müssen also nur die Wildkaninchen – die problematischste Plage derzeit, so Schreyer. „Auf der Fläche eines halben Fußballfelds haben wir schon 40 bis 50 Stück entdeckt“, sagt er. „Normal sind acht bis zehn.“

Die Wildkaninchen-Armee zerfresse dann ganze Sträuchergruppen in Parks, „die die Stadt für teures Geld angelegt hat“, und nage die Rinden von Laubbäumen ab – in Einzelfällen bis zum Tod des Baumes, sagt Schreyer.

Wegen des hohen Bestands und des warmen Wetters der vergangenen Wochen grassiert jetzt auch die Myxomatose-Seuche. Das Virus wird durch Mücken und Flöhe übertragen. Bei den hohen Temperaturen seien die noch aktiv und übertrugen das tödliche Virus auf die Kaninchen. „In der Fröttmaninger Heide haben wir schon die ersten Kadaver gefunden.“

Die Jagd auf die Kaninchen macht Schreyer keinen Spaß – „ich bin über jedes froh, dann sehen die Kinder auch mal eins in der Stadt.“ Er wolle deshalb keinen „Massenmord“ anrichten.
„Das Gute an Greifvögeln ist, dass sie selektiv jagen. Sie greifen erst kranke oder verletzte Tiere an.“ Und für den Fall, dass sich ein Kaninchen in seinem Bau versteckt, hat Schreyer noch eine Wunderwaffe – Frettchen.

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