Stadt hat keinen Plan: Gewofag lässt Grundstück in München vergammeln

Eine Nachbarin wundert sich über ein seit Jahren unbebautes Grundstück mitten in München. Es ist kein Investor, der es vergammeln lässt – sondern die Gewofag.
München - Wem auf dem Weg in die Innenstadt der Trubel an der viel befahrenen Zweibrückenstraße zu viel wird, der kann in die Liebherrstraße abbiegen und findet sich sofort im schönsten Lehel wieder. Gepflegte Fassaden, wenig Verkehr, zentrale Lage – das Lehel ist ein begehrtes Wohnviertel. Kein Wunder, dass hier eine Baulücke besonders auffällt, erst recht den Anwohnern.
Seit zehn Jahren liegt ein Grundstück in der Liebherrstraße brach
Wie eine Nachbarin der AZ berichtet, liegt ein Grundstück in der Liebherrstraße, neben der Hausnummer 18, brach – und das, seit sie vor exakt zehn Jahren in diese Straße gezogen ist. Erst stand hier noch ein kleineres Haus, bald seien aber alle Bewohner ausgezogen. Das Haus blieb leer und verfiel zusehends. Erst Jahre später wurde es abgerissen. Seitdem klafft hier eine Lücke. "Und so etwas in Zeiten der Wohnungsnot und des Flächenmangels", ärgert sich die Nachbarin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Sie hat erfahren – und das stört sie ganz besonders: Das verwahrloste Grundstück gehöre der Stadt.
Auf Nachfrage der AZ bestätigt sich: Das Grundstück gehörte der Stadt, 2012 wurde es an die Gewofag verkauft, die städtische Wohnungsbaugesellschaft, die eine 100-prozentige Tochter der Stadt ist. Die Gewofag erklärt auf Nachfrage, zum Zeitpunkt des Kaufs sei das Haus nicht mehr bewohnt gewesen und in einem sehr schlechten baulichen Zustand. "Untersuchungen der Bausubstanz ergaben, dass eine Sanierung nicht möglich war", sagt Sprecherin Kirsten Wiese. Der Abbruch sei 2016 erfolgt, da galt das Gebäude sogar als einsturzgefährdet, so Wiese.
Warum dauerte es so lange bis zum Abriss?
Die beengte bauliche Situation und schwierige Bedingungen (unterm Grundstück verläuft die S-Bahn) hätten "intensive vorbereitende Maßnahmen" erfordert, so die Gewofag. Dazu kamen "zeitintensive Abstimmungen mit Stadtverwaltung und Stadtrat". Ursprünglich wollte die Gewofag auf dem Grund ein Wohnheim für städtische Angestellte bauen. Wegen "gestiegener Baukosten" wurde dies aber nicht umgesetzt. Aktuell würden die Pläne für das Grundstück überarbeitet, indem man "verschiedene bedarfsgerechte und zugleich wirtschaftliche Nutzungskonzepte prüft", so die Gewofag. Im nächsten Jahr soll ein Stadtratsbeschluss erfolgen, der die zukünftige Nutzung festlegt – und dann auch Baubeginn sein.
Wirtschaftlichkeit dürfe hier kein Kriterium mehr sein
Gut zehn Jahre also, in denen auf einem städtischen Grundstück in bester Lage nichts vorangeht. Mieter-Aktivist Maximilian Heisler kann das nicht verstehen: "Es ist schade, dass solche Fälle auch bei der Stadt immer wieder auftauchen", sagt er. Die Verwaltung sei in ihren eigenen Angelegenheiten einfach zu schwerfällig. Heisler: "Wenn man städtischen Grund hat, muss da hin, was geht, so viel wie geht und das so schnell wie möglich." Wirtschaftlichkeit dürfe hier kein Kriterium mehr sein. "Es müsste eigentlich klar sein, dass sich so etwas langfristig immer rechnet", meint Heisler.
Der Bezirksausschuss hat auf AZ-Nachfrage keine Erkenntnisse zu der Baulücke, will sich nun aber gleich in seiner nächsten Sitzung mit dem Fall befassen: "Wenn städtische Grundstücke, noch dazu als Baulücke, leer stehen, finde ich das nicht vertretbar," sagt BA-Chef Wolfgang Neumer (CSU).
AZ-Kommentar zum Thema: Grundstück vergammelt - Schade drum!