Stadion, Christkindlmarkt, Konzerte: Wie sicher sind wir?
München - Mit der Absage des Fußball-Länderspiels in Hannover ist der Terror in Deutschland präsenter denn je. Und mit ihm die Angst. Wie sicher sind wir noch, wenn wir ein Spiel im Stadion anschauen oder eine Tasse Glühwein auf dem Christkindlmarkt schlürfen?
Eine wirkliche Antwort darauf zu geben, ist schwierig – das haben gestern die Aussagen von Politikern und Sicherheitsexperten gezeigt. Die Quintessenz: Nix Gwiss woaß ma net – die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie groß ist die Terrorgefahr in Deutschland?
Die Bundesrepublik ist seit Langem im Visier von internationalen Terroristen. "Die Bedrohungslage für Europa und auch für Deutschland ist ernst – wirklich ernst", sagt Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Vermutlich seien die Attacken in Paris nicht die letzten Anschläge in Europa gewesen.
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Geheimdienste und Polizei betonen seit Langem, dass auch in Deutschland eine Terrorattacke nie auszuschließen ist. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen mahnt: "Wenn der IS Terroranschläge in Deutschland durchführen kann, wird er es tun."
Der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, meint, mit dem Terror von Paris sei eine neue Dimension erreicht. Allerdings betont er, trotz der allgemeinen Bedrohung gebe es nach Hannover "keinen konkreten Hinweis auf ein weiteres Ziel".
Wie bedrohlich war die Lage in Hannover?
Das ist nicht ganz klar. Angesichts der Symbolkraft der Veranstaltung ist davon auszugehen, dass die Terrorhinweise, die zu der Absage führten, sehr ernstzunehmend waren. Polizeipräsident Volker Kluwe wagte sich am Dienstagabend weit vor: Es habe konkrete Hinweise gegeben, "dass jemand im Stadion einen Sprengsatz zünden wollte."
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) wollte das so aber nicht stehen lassen. Kluwes Aussage sei im Eifer des Gefechts gefallen, sagt Pistorius gestern. "Es ist auch durch nichts belegt gewesen, es gab keine entsprechenden Informationen."
Waren potenzielle Attentäter in der Stadt unterwegs?
Inoffiziell sind verschiedene Dinge zu hören: von Hinweisen auf einen irakischen Schläfer und eine Gruppe um einen Nordafrikaner, die einen Anschlag geplant haben sollen. Eine offizielle Bestätigung gab es bislang nicht. In einem IC-Zug fand die Polizei in Hannover außerdem eine Sprengstoff-Attrappe.
Können die Menschen jetzt noch ohne Angst ins Fußballstadion oder auf den Christkindlmarkt gehen?
Großveranstaltungen können grundsätzlich ein Ziel für Terrorattacken sein. Aber das gilt nicht für jedes Großereignis gleichermaßen, betonen Fachleute. Außerdem sei es für die Sicherheitsbehörden Alltag, Großveranstaltungen abzusichern und Drohungen einzuschätzen.
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Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der rheinland-pfälzische Ressortchef Roger Lewentz (SPD), sagt, es gebe derzeit keine Hinweise auf geplante Attentate bei anstehenden Fußballspielen, Weihnachtsmärkten, Karne-valsumzügen oder anderen Veranstaltungen.
Wie sieht es auf den bayerischen Christkindlmärkten aus?
Die Besucher müssen sich auf verstärkte Sicherheitsmaßnahmen einstellen. Die Polizei werde auf dem Christkindlmarkt mehr Präsenz zeigen und verstärkt Streife gehen, sagte ein Polizeisprecher der Stadt Regensburg. Auch in München, Nürnberg und Würzburg werde es mehr Taschenkontrollen als sonst und auch mehr Videoüberwachung geben, teilten die jeweiligen Behörden mit.
Darüber hinaus wurden in den vergangenen Jahren bereits Konzepte zum Thema Terror ausgearbeitet, die sich bewährt hätten, betonte ein Sprecher der Münchner Polizei. Trotz erhöhter Sensibilität sollen die Besucher der Weihnachtsmärkte durch die Beamten nicht verunsichert werden. Auch daher verzichte man in München bewusst auf Maschinengewehre.
"Wir nehmen die Situation natürlich sehr ernst", sagte der Münchner Polizeisprecher. "Wir wollen aber das Angstgefühl nicht schüren."
Konzertveranstalter: "Die Freiheit nicht nehmen lassen"
Der Konzertveranstalter Marek Lieberberg sieht nach dem Terror-Angriff von Paris Sicherheitsbehörden und Gesellschaft gefordert. Der Kulturbetrieb sei der falsche Adressat für Sicherheitsfragen. „Wir haben ausreichende Sicherheitsvorkehrungen in einer normalen Situation. Für eine terroristische Situation ist keiner von uns gewappnet, und zwar in keinem Bereich des öffentlichen Lebens“, sagte Lieberberg. „Wir können uns nicht mit bloßen Händen oder Metalldetektoren gegen Kalaschnikows zur Wehr setzen.“
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Die Gesellschaft müsse sich der Gefährdungslage bewusst werden, was in Deutschland lange verdrängt worden sei. Gesellschaft und Politik seien gefordert, eine Reaktion zu zeigen. „Wir können das als Konzertveranstalter nicht leisten.“ Nach der jüngsten Terrorwelle in Paris Konzerte abzusagen, hält Lieberberg für falsch.
Das haben sich die Jungs von Motörhead wohl auch gedacht und eine gute Nachricht für ihre Münchner Fans: Lemmy Kilmister und seine Jungs werden die Konzerte im Zenith am kommenden Wochenende (20. und 21. November) vor ausverkauftem Haus spielen.