Spritpreise auf Rekordniveau - Tankstellen-Betreiber in München unzufrieden

Die Spritpreise sind auf Rekordniveau und Betreiber sowie Kunden sind unzufrieden. Die AZ hat sich umgehört, was hängenbleibt - und warum die Freien nicht so recht profitieren.
von  Hüseyin Ince
Neeb-Tank-Chef Wolfgang Lederer in Gräfelfing ist einer der wenigen, der keine Umsatz-Einbußen hinnehmen muss.
Neeb-Tank-Chef Wolfgang Lederer in Gräfelfing ist einer der wenigen, der keine Umsatz-Einbußen hinnehmen muss. © Daniel von Loeper

München - Kraftstoffkonzerne und Betreiber von freien Tankstellen sind derzeit scheue Wesen. Jetzt, da die Spritpreise ungeahnte Allzeitrekorde erreichen, legt der Chef einer freien Tankstelle etwa hektisch auf. "Ich möchte doch nicht der Buhmann sein für die hohen Spritkosten, Wiedersehen!", sagt er. Knack!, macht es in der Leitung.

Tankstellenbetreiber: Häufiger getankt, aber weniger Liter 

"Nein, natürlich dürfen Sie mich nicht namentlich nennen", sagt der andere. Und die Konzerne verstecken sich häufig hinter Corona-Maßnahmen. Man wolle seine Pächter und Mitarbeiter schützen, daher seien "persönliche Treffen nicht möglich".

In kurzen Gesprächen mit freien Tankstellenbetreibern in der Region München hört man dann aber doch etwas: Um etwa zehn bis 15 Prozent seien die Umsätze teils zurückgegangen, seit der Liter E 5 (Super mit fünf Prozent Biosprit) bis zu 1,80 Euro kostet. Eine Betreiberin sagt: "Die Leute tanken zwar häufiger, aber weniger Liter." Der Gewinn sei trotzdem stabil. Denn: "Die Marge zwischen Einkauf und Verkauf ist größer geworden", sagt sie.

Vom Aral-Konzern bekommt die AZ doch noch eine Mail. Es wird aufgeschlüsselt. 65,45 Cent je Liter für Benzin und 47,04 Cent je Liter für Diesel werden demnach als Steuer entrichtet. Weitere Abzüge: 19 Prozent Umsatzsteuer, Kosten für Lagerung, Transport, Vertrieb und Verwaltung. Pächter bekämen pro Liter verkauften Sprit eine fixe Provision. Sie hätten keinen Einfluss auf den Endpreis pro Liter. Der werde in der Konzernzentrale bestimmt.

Tankstelle Neeb: Wenig Umsatzeinbrüche trotz Rekordpreisen

Einer der freien Betreiber, der gern mit der AZ spricht, ist der freundliche Wolfgang Lederer (37), in dritter Generation Geschäftsführer von Neeb in Gräfelfing. "Wir verdienen unser Geld hauptsächlich mit dem Großhandel von Gewürzen", sagt Lederer, "die Tankstelle betreiben wir auch aus Nostalgiegründen." Umsatzeinbrüche habe er nicht.

Und nostalgisch ist es hier in Gräfelfing definitiv: Ein Tankwart steht an den Tanksäulen, Fahrer oder Fahrerin brauchen nicht aussteigen. Er spricht kurz ab, welcher Sprit ins Auto gehört - und tankt. Viele seiner Kunden wüssten gar nicht, wie sie eigenhändig tanken sollen, weil sie seit Jahrzehnten zu ihm kämen, sagt Lederer. Stammkunden seien das oft.

Stabile Preise ziehen die Kunden an

Seine Tankstelle sei gut besucht, weil es bei ihm günstig sei. "Auch wenn der Literpreis hoch ist, kommen die Leute am Ende zu uns", sagt Lederer. Begehrt sei die Neeb-Tankstelle auch deshalb, weil er die Preise über den Tag stabil halte. "Manche Kollegen haben Schwankungen von zehn Cent je Liter. Das machen wir nicht", sagt Lederer.

Es läuft also gut. "Die Leute stehen teilweise bis zur Straße an, um bei uns günstig tanken zu können", sagt der 37-jährige Neeb-Chef. Es gehe seiner Tankstelle weder besser noch schlechter, seit die Preise so hoch seien. Während der Pandemie sei der Umsatz zeitweise leicht gestiegen: "Da hat man gesehen, dass die Leute den Nahverkehr meiden und lieber das Auto nehmen. Es fühlt sich wohl sicherer an, als in der überfüllten U-Bahn." Aber auch die Homeoffice-Phasen habe man gemerkt, "wenn dann gar keiner mehr fährt."

Pfenniggeschäft: Gewinn im Centbereich 

Nachdenklich ist Lederer dennoch. "Wenn die Spritpreise so stark steigen, dann schwindet natürlich die Akzeptanz", sagt er, das merke er deutlich. Trotz allem setzt Lederer weiter auf den Verkauf von herkömmlichem Sprit, auch wenn pro Liter nur ein paar Cent Gewinn übrig blieben. Er hoffe auf die Beimischung von synthetischen Kraftstoffen. "Dann kann man auch etwas CO2-neutraler fahren", sagt Lederer.

"Es ist ein Pfenniggeschäft", sagt ein anderer Betreiber einer freien Tankstelle in einem Vorort von München. 70 000 Liter Kraftstoff werden hier täglich in Autotanks verfüllt. Man müsse die Marktlage genau beobachten und könne sich trotzdem nie sicher sein, "dass man mit dem Sprit-Einkaufspreis Gewinn macht."

Harte Konkurrenz der Großkonzerne für Freie Tankstellen 

Und wenn er dann mal etwas teurer eingekauft habe, könne er ja nicht einfach ein paar Cent pro Liter hochgehen. "Sobald ich drei bis vier Cent über der Konkurrenz bin, kommt keiner", sagt er. Ob er glaube, dass die Großkonzerne sich absprechen? "Nein, das würde ja drastische Strafen zur Folge haben", antwortet er.

Ein anderer Kollege einer freien Tankstelle ist da ganz anderer Meinung: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass die sich absprechen", sagt er.

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