Sprengstoffdetektoren Sniffer an Sicherheitskontrolle: Flughafenmitarbeiter in München erkrankt

Lunge, Leber, Niere, Haut: Mitarbeiter der Sicherheitskontrolle am Flughafen München haben viele Schäden erlitten. Ihr ehemaliger Arbeitgeber erkennt das nicht an.
von  Markus Lohmüller
Sicherheitsmitarbeiter bei der Kontrolle am Flughafen: Ehemalige Beschäftigte klagen über Gesundheitsschäden.
Sicherheitsmitarbeiter bei der Kontrolle am Flughafen: Ehemalige Beschäftigte klagen über Gesundheitsschäden. © Frank Leonhardt/dpa

München - "Gesundheitlich komme ich nicht mehr auf die Füße." Elke Klein will sich nichts vormachen: So wie vor dem Sommer 2015 wird es für sie nicht mehr werden. Dafür sind ihre Beschwerden zu schwerwiegend. Lungen, Leber und Nieren erledigen ihre Arbeit nicht mehr wie gewohnt. Die Nervenbahnen sind geschädigt wie die Haut. Den Grund für ihre Probleme sieht Klein (Name geändert) an ihrem früheren Arbeitsplatz: den Sicherheitskontrollen am Flughafen.

Dort hatte Elke Klein viele Jahre einen wachsamen Blick auf Passagiere und Handgepäck. Eine verantwortungsvolle Arbeit, die sie gerne länger gemacht hätte. Im August 2015 jedoch kamen an den Schleusen neue Sprengstoffsuchgeräte zum Einsatz, die alles ändern sollten. Nach Inbetriebnahme der Detektoren vom Typ Sniffer und Itemiser klagten Sicherheitsbeauftragte über Unwohlsein. Atemnot, Schwindel und Hautausschlag gehörten zu den Symptomen.


Ausschlag als Folge. Fotos.: privat

Mehr als 200 Mitarbeiter waren betroffen. Elke Klein brach sogar komplett zusammen. "Ich habe zweieinhalb Monate liegend verbracht und Blut aus allen Körperöffnungen verloren", erzählt sie. Lange war sie arbeitsunfähig, bis sie Ende 2017 schließlich die Kündigung erhielt.

Für Kleins ehemaligen Arbeitgeber, die Sicherheitsgesellschaft am Flughafen München (SGM), ist die Angelegenheit abgeschlossen. "Die weltweit eingesetzten Geräte verursachen auch am Flughafen München keine schädlichen Ausgasungen", erklärt daszuständige Verkehrsministerium. "Dies belegen die zahlreichen und umfangreichen Messkampagnen und Gutachten."

Zwei Sniffer gaben gefährliche Schadstoffe ab

Tatsächlich scheint die SGM zunächst einiges unternommen zu haben, um dem Problem auf den Grund zu gehen. In ihrem Auftrag untersuchte die Dekra die Sprengstoffsuchgeräte und wies bei zwei Sniffern das Ausdünsten von gefährlichen Schadstoffen nach. Dieses Gutachten hält die Arbeitgeberseite inzwischen für widerlegt. Weitere Gutachter – zu denen auch der TÜV Süd zählt – bestätigten die Unbedenklichkeit der eingesetzten Geräte. Anders als die Dekra hatten diese nicht in der Prüfkammer, sondern in der Raumluft gemessen. Hinzu kam eine Einschätzung von Arbeitsmedizinern der LMU, wonach die Beschwerden psychosomatische Ursachen hätten.

"Diese Erklärung erscheint weiterhin plausibel", teilt das Verkehrsministerium auf Anfrage mit. "Dafür spricht die rückläufige Zahl von gemeldeten Vorkommnissen." So seien 2017 nur noch drei Arbeitsunfälle gemeldet worden, bei denen SGM-Mitarbeiter einen Zusammenhang mit den Geräten vermuteten. In diesem Jahr habe es bislang keinen einzigen solchen Vorfall mehr gegeben.

Angst um Arbeitsplatz: Sind Sniffer Tabuthema?

Mehrere ehemalige sowie noch am Flughafen beschäftigte Sicherheitsbeauftragte sehen für die geringe Zahl der Meldungen einen anderen Grund: die Angst um den Arbeitsplatz. "Wenn man seinen Job behalten will, muss man gut aufpassen, dass man ja nicht über die Geräte spricht", sagt eine SGM-Mitarbeiterin. Dabei hätten nach wie vor viele gesundheitliche Probleme. Eine Kollegin berichtet: "Wer seine Sorgen ausspricht, dem wird nicht geholfen, dem wird gekündigt."

Auch Bernhard Plath von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD) spricht von einer "spürbaren Verunsicherung in der Belegschaft". Viele Mitarbeiter trauten sich nicht mehr, mit den Betriebsmedizinern zu sprechen, weil sie Konsequenzen fürchten. "Es scheint mir, dass ein auf subtile Art und Weise ausgeübter Druck seine Wirkung nicht verfehlt."

Die Erklärung mit psychosomatischen Ursachen stößt vielen Betroffenen besonders sauer auf. Was die LMU unterstellt: Die betroffenen Mitarbeiter erkranken nicht an tatsächlichen Ausdünstungen der Geräte, sondern an der Angst davor. Eine Ex-Mitarbeiterin sagt verbittert: "Die stellen uns als Psychopathen hin."

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