"Sprechen Sie mich frei"

„Ich habe mit dem Tatvorwurf nichts zu tun. Ich habe meine Tante nicht ermordet. Sprechen Sie mich frei!“ – die letzten Worte des mutmaßlichen Mörders Benedikt T. (33), bevor das Münchner Schwurgericht am Dienstag das Verfahren fortsetzt.
von  Abendzeitung
Benedikt T., der Angeklagte
Benedikt T., der Angeklagte © Ronald Zimmermann

MÜNCHEN - „Ich habe mit dem Tatvorwurf nichts zu tun. Ich habe meine Tante nicht ermordet. Sprechen Sie mich frei!“ – die letzten Worte des mutmaßlichen Mörders Benedikt T. (33), bevor das Münchner Schwurgericht am Dienstag das Verfahren fortsetzt.

Ob ein Urteil fällt, ist selbst jetzt, nachdem die Plädoyers bereits zum dritten Mal wiederholt wurden, noch völlig offen. Denn die Strafverteidiger Peter Witting und Stefan Mittelbach hatten am Freitag einen Freispruch gefordert und zugleich erneut wieder einen Beweisantrag gestellt. Das Thema: Ermüdet ein Arm nach 20 wuchtigen Schlägen und kann es sein, dass bei der Tat eine Leistungssteigerung durch ein Adrenalinausstoß erfolgt ist?

Rückblick: Die Parkhaus- Millionärin Charlotte Böhringer († 59) wurde am 15. Mai 2006 in ihrem Penthouse oberhalb der Parkgarage erschlagen. 25 Schläge mit einem bislang unbekannten Tatwerkzeug auf den Kopf. Ihr Neffe Benedikt T. soll den Mord wegen eines Erbstreits begangen haben.

Warum ein neuer Beweisantrag? Eine 3-D-Tatortrekonstruktion ergab, dass die letzten vier bis fünf Schläge mit der rechten Hand ausgeführt wurden. Benedikt T. ist Linkshänder und damit nicht der Täter. Dies widerlegte aber ein anderer Gutachter: „Ich kann mir gut vorstellen, dass er bei den Schlägen die Seiten gewechselt hat.“

Weil die Tatwaffe unbekannt ist, konnte ein Münchner Rechtsmediziner nur allgemein aussagen, dass bei so einem Ereignis „automatische Reserven“ frei werden und der Täter nicht die „dominierende Hand“ wechseln würde. Der Verteidigung ist es gelungen, viele wichtige Indizien in Frage zu stellen. Aber wie sagte Oberstaatsanwalt Martin Kronester (er forderte lebenslänglich) in seinem ersten Plädoyer bereits so treffend: „Jedes Indiz kann natürlich wegdiskutiert werden.“

Angesichts dieser Erkenntnis setzte Strafverteidiger Peter Witting nach: „Vor dem Hintergrund von Fragen über Fragen, die offen geblieben sind, stellt sich die Frage, ob Sie (das Gericht, Anm. d. Red.) auf der Suche nach der Wahrheit waren oder auf der Suche nach einem revisionssicheren Urteil?“ Witting ermahnte dann ganz bewusst die Schwurgerichtskammer: „Sie haben die Macht zu richten, Sie haben aber auch die Pflicht, Recht zu sprechen.“

Nun haben die Richter am kommenden Dienstag wieder das Wort.

Torsten Huber

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