Spionage-Verdacht: Schlag gegen chinesische Agenten

Die Polizei durchsucht vier Wohnungen von chinesischen Spionen – sie sollten im Auftrag ihrer Regierung die uigurische Gemeinde überwachen
von  Abendzeitung
Das chinesische Generalkonsulat in der Romanstraße.
Das chinesische Generalkonsulat in der Romanstraße. © Petra Schramek

MÜNCHEN - Die Polizei durchsucht vier Wohnungen von chinesischen Spionen – sie sollten im Auftrag ihrer Regierung die uigurische Gemeinde überwachen

Agenten-Krimi im vornehmen Nymphenburg: Chinesische Spione sollen im Auftrag der Regierung in Peking die uigurische Gemeinde in München aushorchen. Polizisten durchsuchten am Dienstag die Wohnungen von vier Verdächtigen und nahmen sie zur Vernehmung mit.

Dienstagmorgen schlugen Beamte des Bundeskriminalamts und der Polizei zu. Zeitgleich durchsuchten sie die Wohnungen von vier in München lebenden Chinesen. „Wir ermitteln gegen sie wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit“, erklärte ein Sprecher der Generalbundesanwaltschaft. Haftbefehl wurde gegen die Verdächtigen bis zum Abend allerdings nicht gestellt. Dafür wurden bei vier Männern im Alter von 42 bis über 60 Jahren Computer und andere Unterlagen sichergestellt.

Die Agenten sollten Uiguren in München ausspionieren

Ihre Aufgabe war es, Uiguren in München auszuspionieren. Rund 600 leben in Deutschland, 500 davon in München – es ist die größte uigurische Gemeinde Europas. „Die meisten sind politische Flüchtlinge“, betont Asgar Can, stellvertretender Vorsitzender des Weltkongress der Uiguren. München gilt als Exil-Hauptstadt und der Uigurische Weltkongress als ihre wichtigste Exilorganisation.

Uiguren sind moslemische Chinesen und sehen sich als Unterdrückte. In ihrer Heimatprovinz Xingjiang gab es in den vergangenen Monaten immer wieder blutige Zusammenstöße zwischen der chinesischen Staatsmacht und revoltierenden Uiguren. Dabei starben rund 150 Menschen.

Ist das chinesische Generalkonsulat an der Romanstraße die Zentrale?

Die Regierung in Peking soll nach Informationen deutscher Ermittlungsbehörden eine ganze Reihe von Spionen angeworben haben. Ihr Auftrag: Die uigurische Gemeinde im Großraum München unterwandern und möglichst viele Informationen über politisch aktive Mitglieder und deren Kontakte sammeln.

Zentrale der Spione ist angeblich das chinesische Generalkonsulat in der Romanstraße. In der Villa laufen laut den Ermittlern alle Fäden des Agentennetzwerks zusammen. Führungsoffizier ist einem Bericht von „Spiegel online“ zufolge ein Konsul. Die Spionagetätigkeit sei zwischen dem Diplomaten und der chinesischen Regierung eng abgesprochen, der Konsul berichte direkt nach Peking.

Den Konsul selbst bekamen die Ermittler bei der gestrigen Razzia nicht zu fassen. Als Diplomat genießt er Immunität. Ermittler hatten ihn in den vergangenen Wochen beobachtet, wie er sich mehrfach unter konspirativen Bedingungen mit den Agenten traf. Sie genießen keine diplomatische Immunität, deshalb ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen die vier Männer.

Die Razzia dürfte für erhebliche Verstimmung auf dem diplomatischen Parkett zwischen Berlin und Peking sorgen. Zuletzt musste vor zwei Jahren der in München residierende chinesische Diplomat Ji Wumin auf Druck der Bundesregierung das Land verlassen. Auch er soll für den chinesischen Geheimdienst gearbeitet haben.

Ralph Hub

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