Spionage-Prozess - Verteidigung bittet um gnädiges Urteil

Etwas dilettantisch und naiv fing der BND-Mann seine Agentenkarriere an: In unverschlüsselten E-Mails diente er sich der CIA und dann auch dem russischen Geheimdienst an. Die Anklage will ihn viele Jahre hinter Gitter sehen, die Verteidigung plädiert auf Milde.
dpa/az |
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Etwas dilettantisch und naiv fing der BND-Mann seine Agentenkarriere an: In unverschlüsselten E-Mails diente er sich der CIA und dann auch dem russischen Geheimdienst an. Die Anklage will ihn viele Jahre hinter Gitter sehen, die Verteidigung plädiert auf Milde.

München - Im Münchner Spionage-Prozess gegen einen Ex-BND-Mitarbeiter hat die Verteidigung eine Strafe deutlich unter zehn Jahren Haft verlangt. Ein konkretes Strafmaß nannten sie am Montag jedoch nicht. Die Bundesanwaltschaft hatte vor dem Oberlandesgericht auf zehn Jahre Haft plädiert. Das Urteil wird am 17. März erwartet.

Deutschland sei kein Schaden entstanden, argumentierten die Verteidiger. Der Verrat habe der CIA und damit einen befreundeten Dienst betroffen. Der 32-jährige Angeklagte bereue die Tat und habe ein umfassendes Geständnis abgelegt, mit dem er sich auch selbst belastete. Markus R. sei kein Top-Spion, sondern habe aus persönlichen Motiven gehandelt: Sehnsucht nach Abwechslung, Abenteuerlust und Nervenkitzel.

 

Deck- und Klarnamen verraten - 80 000 Euro Lohn

 

Zwischen 2008 und 2014 soll der gelernte Bürokaufmann unter dem Tarnnamen "Uwe" mehr als 200 teils streng geheime Dokumente des Bundesnachrichtendienstes (BND) an den US-Geheimdienst weitergegeben und dafür mindestens 80 000 Euro kassiert haben.

Zu den Akten zählte eine brisante Datenbank mit Deck- und Klarnamen von BND-Agenten im Ausland. Markus R. soll so das Leben einer BND-Quelle gefährdet haben. 2014 soll er sich per Mail dem russischen Geheimdienst angedient und drei BND-Dokumente geliefert haben. Vor Beginn der Zusammenarbeit beendete er den Kontakt jedoch von sich aus wieder.

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Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Landesverrat in besonders schweren Fällen, die Verletzung von Dienstgeheimnissen und Bestechlichkeit vor. Die Verteidigung sieht keinen Landesverrat, sondern den geringer eingestuften Tatbestand der geheimdienstlichen Agententätigkeit.

 

Dilettantisches Vorgehen

 

Der junge Mann habe die Tragweite seines Handelns nicht überschaut, sagte sein Karlsruher Anwalt Klaus Schroth. Er habe darin ein "spannendes Spiel gesehen, wie Räuber und Gendarm". "Geben Sie ihm eine Chance für eine bald erlebbare gute Zukunft", sagte Schroth. "Statuieren Sie kein Exempel. Das ist nicht der geeignete Fall."

Der BND-Mitarbeiter habe den Verrat "naiv und amateurhaft" eingefädelt, sagte auch sein Anwalt Walter Lechner. Er zitierte brisante Spionagefälle aus der Geschichte Nachkriegsdeutschlands, die mit Strafen deutlich unter zehn Jahren endeten.

Der Bürokaufmann sagte in seinem Schlusswort: "Für das, was ich getan habe, möchte ich mich aufrichtig entschuldigen bei allen Leuten, die es betrifft." Das gut zweistündige Plädoyer seiner Anwälte verfolgte er fast reglos mit auf der Anklagebank verschränkten Armen.

Als seine Anwälte sein Vorgehen "dilettantisch" nannten und ihn als knapp unterdurchschnittlich intelligenten Mann beschrieben, zuckte er nicht. Später bedankte er sich artig für die gute Verteidigung.

 

Mangelnde Sicherheitsmaßnahmen beim BND

 

Anwalt Lechner kritisierte auch mangelnde Sicherheitsmaßnahmen beim BND. Der Mann sei in sieben Jahren Tätigkeit nur vier- bis siebenmal beim Betreten des BND-Gebäudes kontrolliert worden, nie beim Verlassen. "Herr R. konnte die Sicherheit haben, dass er nie erwischt wird." Er nahm unentdeckt Akten im Rucksack mit heim und scannte sie.

Im Gericht herrschten strengere Vorkehrungen. Besucher mussten sich Leibesvisitationen unterziehen. In den Gerichtssaal durften sie nur Bleistift und Papier bringen, selbst Halswehmittel wurden mit Argwohn gesehen. "Hätte der BND nur ein Fünftel dieser Kontrollen durchgeführt, wären wir jetzt nicht hier", sagte Schroth.

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