Spendenaktion für Ostafrika ein großer Erfolg

Mit 60000 Euro Spenden sind zwei konkrete Projekte in Ostafrika binnen weniger Wochen finanziert. Dickes Lob von den Profis: „Sie haben schnell, unbürokratisch und effektiv reagiert”
München - Was waren die Bilder des Sommers? Libyens Freiheitskämpfer? Die Biergärten – mal voll, mal verregnet? Die bewegendsten Fotos kamen, das fanden wir, aus Ostafrika. Zwölf Millionen Menschen von der größten Dürre-Katastrophe seit 60 Jahren betroffen – „Da muss man was tun” haben sich viele Menschen in Deutschland gesagt. „Da muss man was tun”, hat sich die Abendzeitung gesagt.
Über den Verein „Münchner helfen” haben wir Geld gesammelt. Aber wir wollen nicht, dass die Spenden in einem großen Topf verschwinden, oder dass sie gar versickern: „Ich will, dass jeder Euro ankommt”, das haben wir immer wieder gehört. Und dass bitte „konkrete Projekte” unterstützt werden sollen. Das tun wir. Und das hat Sie, liebe Leser, in beeindruckendem Maße überzeugt. Mehr als 60000 Euro sind in ein par Wochen zusammengekommen. Zwei konkrete Projekte sind bereits finanziert.
Seit Jahrzehnten unterstützt die Abendzeitung renommierte Hilfsorganisationen bei ihrer Arbeit in Krisen- und Katastrophen-Gebieten. In die siebziger Jahre reicht die Tradition zurück. Bei Erdbeben in Oberitalien und in den Achtzigern im Kaukasus waren unsere Reporter dabei, in Somalia 1982 und im Niger vor sechs Jahren. Wir haben gelernt und Erfahrungen gesammelt. Konkrete Hilfe braucht Fachleute, Fachkenntnis. Auch deshalb haben wir uns an „Cap Anamur” gehalten und mit dem Roten Kreuz kooperiert.
Mit der Münchner Medizinerin Luitgard Wiest war die AZ 2009 in Afghanistan, wo Cap Anamur ein Krankenhaus finanziert. Mit dem Roten Kreuz haben wir 2005 Brunnen im Niger finanziert. Diese Traditionen haben wir fortgesetzt: „Für Ihre großzügige Spende bin ich Ihnen sehr dankbar”, schreibt Clemens Waldburg- Zeil, Generalsekretär des DRK an die AZ-Leser: „Es ist gut, Sie an unserer Seite zu wissen.” „Ich bin überwältigt” sagte Cap-Anamur-Ärztin Luitgard Wiest: „Ich möchte mich ganz herzlich bei den Lesern der Abendzeitung bedanken” sagt sie. „Ganz im Cap-Anamur-Stil” hätten die Leser reagiert: „schnell, unbürokratisch und effektiv.”
Cap Anamur baut eine Kinder-Intensivstation in Somalias Hauptstadt Mogadischu auf.
Wir mussten bei null anfangen,“ sagt Volker Rath. Seit 14 Tagen ist er für das Notärzte-Komitee Cap Anamur in Mogadischu. Keine Artzney, keine Sicherheit, höchstens fünf Stunden Strom – und täglich kommen bis zu 115 neue Kinder hinzu. Das ist die Lage im Benadir-Krankenhaus. Die AZ-Leser haben geholfen, sie zu verbessern.
„Masern, Cholera, Durchfälle“, Volker Rath zählt die Schreckensliste auf, die mindestens 30 000 Kindern seit Beginn der Katastrophe am Horn von Afrika das Leben gekostet hat. Die Krankheiten stehen auf den Blättern der Neuankömmlinge im Benadir: „Die meisten sind zu schwach, Nahrung bei sich zu behalten“, sagt Rath. Vor zwei Wochen hat die Münchner Ärztin Luitgard Wiest für Cap Anamur einen Zehn-Tonnen-Transport von Nairobi in die größte Klinik der somalischen Hauptstadt begleitet. „Antibiotika, Babynahrung, Infusionen, alles was man so braucht“, brachte Wiest ins Benadir.
600 Betten, Drahtgestelle eher, fand sie vor und „chaotische Zustände“. Zurück kam die Ärztin mit einer Liste und einem Entschluss: Cap Anamur wird eine Intensiv- und Überwachungsstation aufbauen in der Klinik. Sie wird Ärzte schicken. Auf der Liste stehen 15 Krankenhausbetten, ein gebrauchter Stromgenerator, Blutwerte-Messgerät, Sauerstoffkonzentratoren. Kostenpunkt: 19 582 Euro. Das Geld wird aus Spenden der AZ-Leser aufgebracht. Sie kommen direkt den Kindern zugute.
„Vier Ärzte sind jetzt da“, berichtet Volker Rath. „Vorhin sagte eine: Heute ist der erste Tag, an dem auf der Station kein Kind gestorben ist“. Zusammen mit drei Kollegen kämpft die Medizinerin Jacqueline Hupfer um das Leben der Schwächsten: „Wir können nur die schwersten Fälle dabehalten“, sagt sie. „Die meisten Kinder haben mehrere Würmer. Durchfall ist da oft schon ein Todesurteil“. Es gibt keine Therapiepläne, keine Impfpläne. 300 Kinder liegen auf der Station. Aber langsam, ganz langsam gibt es erste Erfolge. Der Generator, das Blutzucker- Messgerät, die Dinge, die von den AZ-Lesern finanziert werden, sie sind unterwegs: „Wir bekommen die Sachen aus Nairobi“, sagt Cap-Anamur- Logistiker Volker Rath.
Gibt es keinen Ärger mit der Korruption, mit der Bürokratie? „Unsere letzten Hilfsgüter waren nach vier Stunden durch den Zoll. Die Not ist so groß, dass die Bürokraten schneller arbeiten“, sagt er und: „Unser Nachschub kommt gut durch.“ Rath und Jacqueline Hupfer arbeiten unter schwierigsten Bedingungen: „Es gibt jeden Tag Schüsse“, sagt er, „mal in der Nähe, mal weiter weg.“ „Aber unser größter Trumpf ist, dass wir allen helfen“. Wie lange will Cap Anamur unter diesen Umständen in Somalia blieben? „Das hängt von der Sicherheit ab“, sagt er – und vom Budget. „Mit Ihren Spenden können wir weitermachen.“
Die AZ-Spenden finanzieren spezielles Saatgut für Kleinbauern in Äthiopien.
Die Ähren neigen sich im Wind, sie sind grün, im September ist Erntezeit in Äthiopien. Doch das Bild in der Bale-Region täuscht. „Höchstens 20 Prozent der Saat hat durchgehalten“ sagt Christoph Müller, Büroleiter des Deutschen Roten Kreuzes in Ostafrika zur AZ.
„Die Hungerkrise schlägt auch Äthiopien voll durch.“ Auch hier helfen die AZ-Leser, konkret und mit Weitblick. Von den zwölf Millionen Betroffenen der größten Dürre- Katastrophe seit 60 Jahren leben 4,5 Millionen in Äthiopien. Zwei Regenzeiten sind ausgefallen, auch in der Bale- Region um Goro und Ginir herrscht Nahrungsmittelknappheit und Hunger: 233 000 Menschen sind von den Ernteausfällen betroffen. „Anfangs habenwir auch Nahrungsmittel verteilen müssen“, sagt Müller (54). Aber dabei soll es nicht blieben.
„Wenn die Menschen wenig zu essen haben, werden sie schwach. Wer schwach ist, wird leichter krank, wer krank ist, zum Beispiel Durchfall bekommt, der kann keine Nahrung bei sich behalten.“ Eine tödliche Spirale, vor allem für die Kinder. Krankheiten werden durch schmutziges Wasser übertragen. „Wir stellen Wasserdesinfektionsmittel für 33 000 Familien in der Region zu Verfügung“, sagte DRK-Mann Müller.
Doch das ist erst der Anfang: „Wir wollen die Menschen besser rüsten für die nächsten Dürren.“ Mit dem Geld der AZ-Leser versorgt das DRK 46 000 Kleinbauern mit speziellem Saatgut und Dünger. Das Saatgut ist Dürreresistent. Es ist diese Sorte, die gerade in der Bale-Region grün wird und die trotz der Dürre reift. Teff heißt das Getreide, es ist Grundlage für das typische äthiopische Brot, eine Mischung aus Fladen, Schwarzbrot und Pfannenkuchen. Es ist das Grundnahrungsmittel hier. „Es geht um die Nahrungssicherheit in den nächsten Monaten“, sagt Müller, der seit zwei Jahren in die DRK-Aktionen in Ostafrika koordiniert. „Vieles, was wir jetzt erleben, geht auf die Versäumnisse vergangener Jahre zurück: Krieg. Anarchie, dazu die ausgefallenen Regenzeiten, „die wirken wie Brandbeschleuniger in der Krise“. Deshalb wird noch Monate Nahrungshilfe nötig sein.“
Wenn das spezielle Saatgut erntereif ist, werden fast eine Viertel Million Menschen davon profitieren. Sogar an Überschüsse ist beim DRK-Projekt gedacht – und was damit geschehen könnte: „Wir bauen vier Lagerhallen“, erklärt Müller. „wir machen sie wasserdicht und befestigen sie gegen Ungeziefer, damit die Ernte auch für magere Zeiten hält. „Das ist nachhaltige Katastrophenvorsorge“, sagt der Fachmann, Und dazu gehört Gesundheitsvorsorge mindestens so sehr wie Nahrungsmittel: „Deshalb bauen und renovieren wir auch Brunnen“, erklärt Müller das Konzept: „Ihre Spenden machen es möglich