SPD wirbt für Koalitionsvertrag

Bei einer Regionalkonferenz der SPD in München werben Andrea Nahles und Florian Pronold für ein „Ja“ zum Koalitionsvertrag. Die meisten Genossen lassen sich von dem Kompromiss überzeugen.
von  Ferdinand Otto
Andrea Nahles und Florian Pronold werben für den Koalitionsvertrag bei einer Regionalkonferenz der SPD in München.
Andrea Nahles und Florian Pronold werben für den Koalitionsvertrag bei einer Regionalkonferenz der SPD in München. © Schramek

München - Begeisterung sieht anders aus, Vernunft ist das Wort des Abends bei der SPD: Artig erheben sich die Parteimitglieder im Adolf-Kolpinghaus und begrüßen ihre Generalsekretärin. Andrea Nahles war gekommen, um die Ausbeute aus den Koalitionsverhandlungen zu preisen.

Die Basis in München elektrisiert das Ergebnis zwar nicht, am Schluss ist es Realismus, der den Genossen zustimmendes Nicken abtrotzt. Und, hinter vorgehaltener Hand, die Angst vor der eigenen Courage: Was passiert, sollten wir die Koalition wirklich platzen lassen?

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Die SPD-Parteispitze versucht, ihren Mitgliedern die ungeliebte Große Koalition schmackhaft zu machen. Auf einer Regionalkonferenz in München warben am Sonntagabend Nahles und Bayern-SPD-Chef Florian Pronold um ein „Ja“ der Basis zum Koalitionsvertrag.

Mehrere hundert Parteimitglieder aus München und der Region waren hierher gekommen, um zuzuhören und zu diskutieren. Zumindest unter den Münchner Genossen dürfte sich eine Mehrheit für den Vertrag aussprechen – zittern muss die Parteispitze nicht. Rente, Bildung, Mietpreisbremse, Werksverträge: Die Basis honoriert, was die Parteispitze ausgefochten hat. „Mehr war halt einfach nicht drin“, sagt ein Genosse.

Der Pracht-Hirsch, den die Parteispitze, mit besonderem Stolz, ihn „erlegt“ zu haben, von der Basis beklatschen lässt: der Mindestlohn. „Zum ersten Mal haben wir einen Mindestlohn in Deutschland, das ist ein Erfolg“, sagt Landeschef Pronold. Auch wenn auf der Regionalkonferenz Redner von der Parteilinken mäkeln (zu spät, zu viele Ausnahmen), müssen schließlich selbst diese einsehen: Mehr war mit diesem Wahlergebnis nicht drin.

Und so werben auch alle Verantwortlichen, nicht nur mit den Inhalten, die sie gegen die kraftstrotzende Union durchgesetzt haben: „Eines ist ganz klar: Das ist nicht die Koalition, die wir uns gewünscht haben, aber dafür kann sich das Ergebnis sehen lassen“, sagt Nahles. Sie versucht, den Genossen die Angst vor der Regierungsverantwortung zu nehmen: „Die Union, das ist doch keine Schwarze Witwe, die uns aussaugt.“

„Das ist keine Regierung des Herzens, sondern eine der Vernunft“, sagt Münchens SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann in seiner Eröffnungsrede und erntet dafür zustimmenden Applaus.

Begeisterter Applaus brandete nur einmal auf, als Alt-SPDler Hans-Jochen Vogel ans Mikrofon gerufen wurde. Er schaffte, woran seine Vorredner scheiterten: ein Plädoyer für die Koalition, das nicht abgelesen klang.

Nicht bei allen Genossen verfängt dieser Pragmatismus: Daniel Jazdzewski, Mitglied der Schwusos, stört, dass es keine Fortschritte beim Thema gleichgeschlechtliche Ehe gab: „So kann ich dem Vertrag nicht zustimmen, das ist diskriminierend.“

Klaus Hahnzog, Verfassungsrechtler und ehemals dritter Bürgermeister nervt, dass die Partei bei den Bürgerrechten so eingeknickt sei. „Die SPD muss wieder für mehr Bürgerrechte kämpfen.“

 

 

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