SPD und Grüne verzweifelt - CSU schaut zu

Nach den gescheiterten Verhandlungen mit der ÖDP ist Krisensitzung. Die CSU gibt sich sehr gelassen: Sie hat nichts zu verlieren.
München - Auf diese Ostern wird sich die Münchner SPD kaum freuen: Es ist der Tag der Auferstehung – aber es wird auch das Osterlamm geschlachtet. Beides kann den Münchner Genossen bevorstehen, seit am Freitag ihr politisches Not-Bündnis mit der ÖDP gescheitert ist. Heute müssen die Fraktion und der Parteivorstand in einer Krisensitzung einen Weg aus dem Dilemma finden. Das gleiche bei den Grünen. Es fehlen zwei Stimmen zur Mehrheit.
„Dass die ÖDP so dogmatisch unterwegs ist, hätte ich nicht geglaubt“, meinte Münchens SPD-Chef Uli Pfaffmann zur AZ. Die Stimmung unter den Genossen war am Wochenende sehr gedrückt. Nur die CSU strahlte große Ruhe aus. „Wir warten die Entwicklung mit Gelassenheit ab“, sagt der aus vielen Schlachten erfahrene Fraktionsvize Hans Podiuk: „Die sind am Zug!“ Aber die Christsozialen sind auch beleidigt, weil die SPD sie hinter allen unbedeutenden Stadträten demonstrativ als Allerletzte befragt. „Das Ganze ist irrational“, fällt da dem erbosten Fraktionschef Josef Schmid nur noch ein.
Welche Möglichkeiten die SPD jetzt noch hat, kann man an einer Hand abzählen:
Variante 1: Sie geht am ersten Sitzungstag des neuen Stadtrats am 2. Mai ohne Absprache in die offene Feldschlacht: Als erstes müssen die beiden Bürgermeister gewählt werden. Wird das zu einer Blamage für den neuen OB Dieter Reiter, wird dieser Fehlstart seine Reputation beschädigen. Dann wird in den nächsten sechs Jahren jede Abstimmung zur Mühsal – und der OB kann scheitern.
Variante 2: SPD und Grüne könnten versuchen, punktuell mit der CSU zusammen zu arbeiten – die mit 26 Sitzen zur stärksten Fraktion geworden ist (SPD: 24, Grüne 13, Rosa Liste 1). In Augsburg wollen CSU und SPD (die dort die Mehrheit haben) es so mit den Grünen versuchen.
Variante 3: Eine Große Koalition. Das kann sich die SPD kaum leisten, weil die Grünen erst den OB-Wahlsieg von Dieter Reiter möglich gemacht haben.
In der letzten Stadtratssitzung sind CSU und SPD jedoch so aggressiv aufeinander geprallt, dass auf beiden Seiten noch sehr viel Deeskalationsarbeit zu leisten ist.
Ulrich Pfaffmann hoffte am Sonntag immer noch auf die Kleinen: „Wir müssen jetzt sehen, ob mit ,Hut’ oder den Piraten noch etwas geht.“ Die haben sich aber schon der FDP angeschlossen. Eine Zusammenarbeit mit der CSU sei „die letzte Möglichkeit, die wir wollen“.
Umgekehrt kennt die CSU seit 24 Jahren auch nur knallharte Opposition gegen Rot-Grün. Dann kommen noch unpopuläre Entscheidungen wie die Kliniksanierung. Da drängt es keinen Schwarzen danach mitzuregieren.
Alle, die bisher geglaubt haben, man könne im Rathaus mit wechselnden Mehrheiten regieren, sehen nun, wie die Wirklichkeit bei wichtigen Themen aussieht. Auch Seppi Schmid. Der kann aber jetzt die Muskeln spielen lassen – was viele in der SPD zu spät erkannt haben. Er kommt aber erst Ende der Osterferien aus dem Urlaub zurück – nur wenige Tage vor der Vereidigung des neuen Stadtrats.
„Wir haben null Druck, in ein Bündnis zu gehen“, sagen CSUler übereinstimmend. Schmid kann als gefragter Anwalt in seiner Kanzlei bleiben oder er macht als Fraktionschef weiter und geht in den nächsten Landtag (für Otmar Bernhard) oder Bundestag (für Hans-Peter Uhl), weil im Münchner Westen beide Kandidaturen frei werden. Er hat damit die komfortabelste Situation aller Beteiligten.
Dass die wertkonservative ÖDP die Verhandlungen mit dem Links-Bündnis scheitern lässt, war abzusehen. „Von meiner Seite ist kein Bestreben da“, hatte Stadtrat Tobias Ruff am Mittwoch zur AZ gesagt. Er hatte in den vergangenen Jahren Rot-Grün sehr eloquent Paroli geboten.