SPD München: Diese Kandidaten wollen nach Berlin
München - Die aufreibende Kommunalwahl ist gerade mal ein Vierteljahr überstanden, da rüstet sich die Münchner SPD schon für die Bundestagswahl im Herbst 2021. Und es zeichnet sich jetzt schon ab: Es wird einige interne Grabenkämpfe geben um die (raren) Abgeordnetenposten in Berlin.

Im Bundeswahlkreis München-Nord muss sich der Abgeordnete Florian Post (39), seit 2013 im Amt, gleich mit zwei internen Herausforderern herumschlagen, die auf seinen Posten schielen – und sich als Direktkandidat aufstellen lassen wollen. Philippa Sigl-Glöckner (30) hat ihre Absichten schon vor einigen Wochen in der AZ öffentlich gemacht. Sie arbeitet als persönliche Referentin im Berliner Bundesfinanzministerium von Olaf Scholz, und sie bringt einiges an Kompetenz mit: "Forbes" hat sie letztes Jahr zu den 30 einflussreichsten Unter-30-Jährigen im Finanzbereich gewählt.

Florian Post holte bei letzter Bundestagswahl 26 Prozent Erststimmen
Nun war diese Bewerbung aus Berlin schon eine Überraschung für die Genossen. Immerhin gehört Florian Post zu den bekanntesten SPD-Gesichtern in München, schon deshalb, weil er gern durch Querschläge gegen die eigenen Leute auffällt, in München wie in Berlin.

Als etwa die Bayern-SPD bei der Landtagswahl 2018 auf unter zehn Prozent abstürzte, forderte er den Rücktritt von Landeschefin Natascha Kohnen. Würde man sie weitermachen lassen, wäre das "als ob man dem Kapitän der Titanic gleich das Kommando über das nächste Passagierschiff anvertraut", erklärte er damals.
Trotzdem: In seinem Wahlkreis ist Florian Post ein Stimmen-Zugpferd für die SPD, das nicht so leicht ersetzbar ist: Bei der letzten Bundestagswahl holte er 26 Prozent Erststimmen – lag also fast zehn Prozent über dem Ergebnis seiner Partei.
"Würde nicht kandidieren, wenn ich mich nicht für besser halten würde"
Umso verwunderter hat der Parteivorstand nun eine zweite Bewerbung zur Kenntnis genommen: Bernhard Goodwin, der 2017 noch im Münchner Westen kandidiert hatte – glücklos allerdings – will ebenfalls Florian Post vom Thron stoßen und nun im Norden antreten.
Weil er in seinem Westen keine Chancen mehr für sich sieht – wie einige in der SPD mehr oder weniger laut aussprechen?
Dort nämlich hat die Juso-Frau und Krankenschwester Seija Knorr-Köning (26), Ehefrau des Münchner Juso-Chefs und Neu-Stadtrats Christian Köning, letzte Woche ihre Kandidatur erklärt. Ein junges politisches Talent, dem noch einiges zugetraut wird in der Partei. Und noch ein Zweiter möchte dort kandidieren: Ulf Schröder aus dem Ortsverein Schwanthalerhöhe, er hat das die Genossen kürzlich über Facebook wissen lassen. Goodwin unterstütze Seija Knorr-Könings Ambitionen, sagt er auf AZ-Nachfrage, "Krankenschwestern sollen mehr Anteil an der Macht haben." Er sagt auch: "Ich finde, dass Florian Post ein hervorragender Abgeordneter ist, ich würde aber nicht kandidieren, wenn ich mich nicht für besser halten würde. Ich habe einen anderen Stil und versuche nicht, Parteifreunde öffentlich anzugreifen."
In München-Ost kandidiert SPDler gegen eigene Vorsitzende
Bemerkenswerter noch ist das Rumoren im Wahlkreis München-Ost, dort also, wo Parteichefin Claudia Tausend schon zwei Mal Direktkandidatin der Genossen war (aber über die Landesliste einzog). Sie will erneut antreten, für eine dritte Legislaturperiode, das hat sie bereits mündlich erklärt.

Just hier allerdings hat gerade Jürgen Fernengel (35), Ingenieur und Chef des SPD-Ortsvereins Au, seine Bewerbung angemeldet. "Ich möchte das gerne, weil ich das kann", sagt er zur AZ. Gegen die eigene Vorsitzende zu kandidieren, ist ein durchaus unüblicher Vorgang. "Sehr überraschend für mich", sagt Tausend deshalb. Ein Funktionär kommentiert das zugespitzter: "Das ist geradezu frech."
Zumal auch noch Gelegenheit wäre, sich um den vierten Münchner Wahlkreis, den Süden, zu bewerben. Offiziell hat Sebastian Roloff, Personalchef bei MAN, der hier 2017 angetreten war, noch keine ernsthaften Absichten erklärt. Auf AZ-Nachfrage sagt er nur: "Ich bin gerne bereit, wenn die Partei das möchte." Ob sich bis zum Herbst noch mehr Bewerber auftun, wird sich zeigen. Wer am Ende in den Wahlkreisen das Rennen macht, entscheiden die vier Aufstellungskonferenzen, die bis 30. November tagen sollen. Dann wird die SPD klarer sehen.
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