SPD-Gemeinderat als Bankräuber vor Gericht

Mit Drohzettel und Bombenattrappe erbeutet der Oberhachinger 205.000 Euro. Auch in Baden-Württemberg schlägt er zu.
von  Torsten Huber
SPD-Gemeinderat Norbert J. aus Oberhaching steht vor Gericht: Er hat eine Bank ausgeraubt und 205.000 Euro erbeutet.
SPD-Gemeinderat Norbert J. aus Oberhaching steht vor Gericht: Er hat eine Bank ausgeraubt und 205.000 Euro erbeutet. © Torsten Huber

Mit Drohzettel und Bombenattrappe erbeutet der Oberhachinger 205.000 Euro. Er schlägt auch in Baden-Württemberg zu, weil er hofft, dass die „Polizei wegen Stuttgart 21 stark ausgedünnt“ ist.

MÜNCHEN Die Nachricht löste in der Gemeinde Oberhaching eine Schockwelle aus: Der beliebte SPD-Gemeinderat Norbert J. (61) wurde am 14. Oktober 2010 in Baden-Württemberg festgenommen, nachdem er in Lonsee die VR-Bank ausgeraubt und 45025 Euro erbeutet hatte.

Vor dem Münchner Landgericht erzählte der freiberufliche Redakteur, warum er die 139 Kilometer entfernt liegende Bank ausgewählt hatte: „Ich habe in der Zeitung gelesen, dass die Polizei wegen Stuttgart 21 sehr stark ausgedünnt ist. So kam ich auf Lonsee.“ Die Staatsanwaltschaft wirft ihm räuberischer Erpressung in vier Fällen und einen Versuch vor. Gesamtbeute: 205370 Euro.

Bei seinen Überfällen verhielt sich der Angeklagte wie ein stummer Gentleman. Seine Forderung hatte er mit höflichen Formulierungen auf einen Zettel notiert. Den überreichte er am 10. April 2006, gegen 14Uhr, einer Kassiererin der Sparkasse Münsing am Starnberger See, während er eine Bombenattrappe auf den Tresen stellte.

Auf dem Papier stand: „Diese Box enthält eine mit Nägeln gefüllte scharfe Bombe! Sie wird über das eingebaute Handy durch Anruf gezündet! Bitte füllen Sie den Leinenbeutel mit dem gesamten Papiergeld in der Kasse! Bewahren Sie bitte 15Minuten Ruhe! Kein Alarm, keine Polizei, keine Verfolgung! Ich werde die Bombe anrufen und zünden, wenn ich mich verfolgt fühle! Eine 2.Person sichert mich von draußen und zündet! Vielen Dank“.

Mit 10000 Euro Beute flüchtete der Angeklagte auf seinem Mountainbike, radelte zu einem Waldstück ganz in der Nähe. Dort hatte er seinen Lancia Lybra geparkt. Er legte das Bike hinten in den Kombi und fuhr davon.

Die Banken suchte er nach folgenden Gesichtspunkten aus: „Es sollten keine Banken sein mit hohem Publikumsverkehr und wo man schnell weg ist. Mehr fällt mir nicht ein“, sagte Norbert J. vor Gericht. Immer mit Drohzettel und Bombenattrappe schlug er zu: Am 7. Mai 2007 machte er in der österreichischen Raiffeisenbank in Unterlangkampfen 16345 Euro Beute.

Am 22. August 2008 raubte in der Sparkasse Tannheim in Österreich 134000 Euro. Die Vorsitzende Richterin wollten wissen, warum er nach der riesigen Beute nochmal in Lonsee zugeschlagen hat. Der Angeklagte: „Zwei Jahre waren vergangen. Das Geld war weg.“ Das waren 5583,33 netto im Monat.

„Meine Frau und ich sind gern gereist und einen VW-Campingbus hatte ich für 600 Euro im Monat geleast“, erklärte der Angeklagte. „Ich war 35 Jahre in Festanstellung“, erzählte er im Prozess. Bei einem Buchverlag war er Betriebsleiter. Zuletzt war er in leitender Position bei der „Mediendesign Akademie“ in München tätig, verdiente 100000 Euro im Jahr.

2002 stieg er wegen Führungsdifferenzen aus. „Ich versuchte, mich selbständig zu machen. Das ging schief“, so der Angeklagte, der zuletzt mit seiner Firma „Infotest“ gerade 10000 Euro im Jahr verdient hat. 2006 waren die Ersparnisse aufgebraucht. Seiner berufstätigen Frau erzählte er nichts von seiner finanziellen Not: „Ich wollte sie nicht belasten. Ich war Gemeinderat und hatte ein gewisses Prestige. Deshalb erzählte ich niemand davon.“ Der Prozess dauert an.

 

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