SPD-Fraktionschef Reissl rüffelt er die Grünen

Der Fraktionschef ist in der Münchner SPD einer von vier Kandidaten für die Ude-Nachfolge.  Er will „eigenes Profil zeigen” – also übt er Kritik an CSU-Mann Schmid und dem Bündnispartner
Willi Bock |
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Er soll mehr um die OB-Kandidatur kämpfen: SPD-Ratsfraktionschef Alexander Reissl.
Mike Schmalz Er soll mehr um die OB-Kandidatur kämpfen: SPD-Ratsfraktionschef Alexander Reissl.

Die rot-grüne Harmonie im Münchner Rathaus schwächelt, der rote Fraktionschef lässt verbal seine  Muskeln spielen

AZ: Herr Reissl, früher waren Sie mal Faschingsprinz – und jetzt gehören Sie zu den Kronprinzen um die OB-Nachfolge des manchmal lustigen Christian Ude. Gibt es da Gemeinsamkeiten?

ALEXANDER REISSL:
Das eine ist etwas, das man im Laufe des Lebens aus Neugier und Freude ausprobiert, um nachher festzustellen, dass es eine schöne Erfahrung war.

Und das Zweite, der OB?

ALEXANDER REISSL: Es soll auch heitere Seiten in der Politik geben. Und ich leide auch nicht unter dem Ruf, alles zu ernst zu nehmen.

AZ: Jetzt sind Sie neben Brigitte Meier, Dieter Reiter und Uli Pfaffmann der vierte Aspirant. Welche Reaktionen bekommen Sie?

ALEXANDER REISSL: Das reicht von „ja mei” bis zu sehr freundlicher Unterstützung.

AZ: Und wer ist dabei?

ALEXANDER REISSL: Da sind auch Leute drunter, denen man die Nähe zur SPD nicht an der Nasenspitze ansieht und auch mittelständische Wirtschaftsvertreter. Ich komm’ halt viel in München rum.

AZ: Wie ist das Klima zwischen den vier Aspiranten? Umschleichen Sie sich wie neidische Konkurrenten?

ALEXANDER REISSL: Nein, die Konkurrenz bedeutet nicht, dass man das Kollege-sein vergisst. Wir haben die gemeinsame Aufgabe, eine vernünftige Rathauspolitik zu betreiben.

AZ: Die Grünen machen zur Kandidatenfindung ein OB-Casting.

ALEXANDER REISSL: Deutschland sucht den Superstar... – so ein Kandidaten-Schaulaufen kommt für mich nicht in Frage.

AZ: Warum nicht?

ALEXANDER REISSL: Solche Castings sind zur Zeit sehr modisch, aber bei rund 900000 Wahlberechtigten in München ist das nicht das geeignete Verfahren. Bei den Grünen kann jeder hingehen und ein Votum abgeben. Aber da gehören zwei Dinge zusammen: Die Entscheidung für einen Kandidaten zu treffen, und nachher dafür die Verantwortung zu tragen. Die Partei muss zu den Kandidaten stehen, also muss auch ein Parteigremium das entscheiden.

AZ: Ihre Kritik an den Grünen ist fast ein Dauerzustand geworden. Sie gehen auch in öffentlichen Sitzungen sehr oft auf Distanz zu Ihrem Bündnispartner und positionieren die Rathaus-SPD separat.

ALEXANDER REISSL: Ich bin der Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion. Schauen Sie doch auf die Stimmenverhältnisse in den großen deutschen Städten. Es reicht eben nicht, dass der Partner Erfüllung findet, sondern die SPD muss selber schauen, wo sie bleibt. Da muss die SPD auch eigenes Profil zeigen – und das tue ich.

AZ: Wie zeigen Sie das, außer in verbalen Attacken und mit kleinen Sticheleien?

ALEXANDER REISSL:Ein entscheidendes Thema wird sein, dass wir genügend Wohnungen hinkriegen. Denn wenn wir den Bevölkerunrungszuwachs nicht bewältigen, dann drohen uns soziale Verwerfungen, wie wir sie in anderen Regionen erleben, weil sich dann viele Menschen das Leben in München nicht mehr leisten können. Das ist für mich ein ursozialdemokratischer Anspruch.

AZ: Aber der Radlclown, den die Stadt als „Sicherheits-Joker” verstanden wissen wollte, hat Sie schon ziemlich geärgert, oder?

ALEXANDER REISSL: Das hat mich nicht geärgert, aber ohne solche Dinge wäre das Leben wirklich leichter.

AZ: Die Grünen sind wie Ihr täglicher Adrenalinstoß. Was nervt Sie an denen?

ALEXANDER REISSL: Ich erwarte halt einfach, dass man sich an Absprachen hält, und wenn man das dann ohne Not aufgibt, halte ich das für sehr unprofessionell. Wie vorige Woche im Wirtschaftsausschuss, als es um die Stadtwerke ging.

AZ: Auch „der Herr im zweiten Stock”, wie Sie OB Ude schon mal nennen, hat nicht Ihre ungeteilte Zustimmung.

ALEXANDER REISSL: Ich halte es nicht für ein Erfolgsrezept der SPD, sich öffentlich an einem beliebten OB zu reiben. Aber wir führen in der Fraktion mit ihm natürlich Diskussionen. Für viele in der Fraktion ist es auch sehr schwierig, weil sie sehen, dass in der Berichterstattung nur der OB und der Fraktionsführer der Opposition vorkommen und sie selbst nicht wahrgenommen werden.

AZ: Aber die SPD-Fraktion wirkt auch gehemmt, die CSU ist da aktiver.
 

ALEXANDER REISSL: Eine Fraktion, die wie die CSU im Rathaus nicht regiert, hat da mehr Freiheiten. Wir regieren, und wir müssen bei jedem Antrag überlegen, wie wir den finanzieren und dass wir ihn dann auch erfüllen müssen.

AZ: Und was sagen Sie zu Ihrem Gegenüber von der CSU, Josef Schmid?

ALEXANDER REISSL: Er hat das Problem, dass seine Fraktion bei wichtigen Themen nicht einheitlich abstimmt.
 

AZ: Wollen Sie mit dieser CSU regieren?

ALEXANDER REISSL: In diesem Zustand nicht. Wenn ich an Abstimmungen beim Wohnungsbau, beim Gasteig oder bei der zweiten Stammstrecke denke, dann vermittelt sie nicht den Eindruck, als wäre sie ein verlässlicher Partner.

AZ: Und der FDP-Fraktionschef Michael Mattar, der seiner Fraktion neues Profil gibt?

ALEXANDER REISSL: Er ist zwar auf Fernglasentfernung zu uns, aber das erwarte ich auch nicht anders. Doch ich kann ihm besser zuhören als Schmid, weil Mattar sehr klar für etwas steht. Er sieht auch die Chance für die FDP, ein Protestpotenzial zu erschließen.

AZ: Mal ganz ehrlich: Was denken Sie sich so bei manchen Stadtratsdebatten?
Oft denke ich: Hast du keinen Friseur ned, weilst den Schmarrn mir erzählst?

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