Sparkasse in München wagt neues Experiment: Doch bis jetzt ist der Andrang überschaubar

München – Das "barer41" an der Ecke Schellingstraße kann man als großes Experiment sehen. Da hat eine traditionelle Einrichtung wie die Stadtsparkasse mit einer Millioneninvestition etwas gewagt, um die jüngsten zwei Generationen der Münchner als Kunden zu gewinnen. Studierende des Univiertels, die man mit Weltspartag und kostenfreiem Tischkalender kaum erreicht.
Bestimmt schaut auch die Konkurrenz gespannt zu, was passiert, wenn man eine klassische Filiale einreißt, alle Automaten sowie Schließfächer raus, Lichterschlange über der Bar, Lounge-Möbel, Tresen, Barhocker - und damit die traditionelle Kundschaft verschreckt, meist Senioren der Gegend. Münchner, die vor Jahrzehnten teils selbst studiert haben.
Neue Sparkassen-Filiale für junge Menschen in München: AZ zieht erste Bilanz
Anfang Februar ging es los mit diesem sozialen Versuchslabor, mit einer knalligen Einweihungsparty samt DJ. "Jeder ist willkommen, auch Senioren", versicherten Stadtsparkassenchef Ralf Fleischer und Vorständin Sabine Schölzel damals.
Die AZ zieht nun eine erste Bilanz, nachdem in den sozialen Medien Fotos geisterten, die auf große Leere deuteten. War die Idee der Stadtsparkasse also nach wenigen Wochen gescheitert? Kurzbesuche am Donnerstag, 17 Uhr, und Freitag, 11 Uhr: Voll ist es nicht. Leer auch nicht.
Neue Sparkassen-Filiale in München: "Ich dachte erst, das ist ein Café oder eine Bar"
Immer wieder tröpfeln Studierende herein. Derzeit sind Semesterferien. Drei von Vieren unterschreiben am Freitag einen Girokontovertrag. Eine von ihnen ist Mobina, eine Studentin aus Iran, an der Münchner EU Business School.
"Ich dachte erst, das ist ein Café oder eine Bar", sagt sie. Mobina braucht bald ein Konto, kam Mitte Februar an. "Nur mit wenigen Banken funktionieren die Geldtransfers aus Iran", sagt sie, die Stadtsparkasse sei eine dieser Banken.
Das caféartige Ambiente im barer41 findet sie entspannend, nicht so spröde wie in einer herkömmlichen Bank. Die Stadtsparkassen-Mitarbeiterin Sofia Costanzino fragt: "Willst du einen Kaffee?" Mobina will wissen, was das kostet. "Nichts", sagt Costanzino.

Zwei Projekt- und Lernräume können über die Homepage des barer41 kostenfrei gebucht werden. In einem der beiden sitzen am Freitag Daniel und Philipp, beide 26. Sie machen nach ihrem Psychologie-Bachelor einen Master-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften an der TU München. "Wir sind hier öfters", sagt Daniel.
"Ich kam eigentlich, um mein Konto zu kündigen. Jetzt bleibe ich doch noch Kunde"
Denn an Unis gebe es ein großes Manko. "Die wenigen Projekträume sind immer belegt", sagt Philipp. Gemeinsames Lernen, mit der Möglichkeit, auch mal zu telefonieren oder ein Videogespräch zu führen, das sei in den "völlig überlaufenen" Uni-Bibliotheken kaum möglich.
Das barer41 hat mit Daniel noch dazu einen Kunden zurückgewonnen. "Ich kam hier vorbei, um mein Konto zu kündigen, weil es ab 26 Jahren kostenpflichtig ist. Ich wollte eigentlich zu einer gebührenfreien Direktbank", sagt er. München sei eine teure Stadt, "da zählt jeder Euro".
Doch als er damals eintrat in die barer41, die Räume sah und ein sehr gutes Lern-Ambiente in den Projekträumen vorfand, habe er es sich anders überlegt. "Jetzt bin ich doch noch Kunde und lerne hier regelmäßig", sagt Daniel. Sobald das Semester wieder beginnt, hat er Sorge, dass diese Räume nicht mehr so oft frei sein könnten.
Wenn es nach ihm ginge, könnte die Stadtsparkasse deutlich mehr von diesen Räumen bereitstellen. "Die Nachfrage ist enorm. Bei den Studenten daheim ist ja auch kaum Platz. Die meisten leben in engen WGs", sagt Philipp.
Münchner Studenten kommen in Wellen
Der Projektleiter des barer41, Ludwig Basel, ist zufrieden mit dem Auftakt. "Der kleine Projektraum wird während der Öffnungszeiten eigentlich durchgehend gebucht, seit wir eröffnet haben", sagt er. Im größeren Raum seien auch viele Gruppen.
Auf der Hauptfläche des barer41 gebe es eine dynamische Lage. "Die Studierenden kommen in Wellen", sagt Basel. Aber wann, das könne man nie abschätzen, es sei von Wetter und Wochentag abhängig. Auch Workshops und Veranstaltungen seien gut besucht gewesen.
Eine Buchvorstellung, eine E-Sports-Veranstaltung mit 16 Teams am Donnerstag, Börsenhandelstipps: Auch mit den Small Talks zwischen Bank und Studierenden nach den Events sei man sehr zufrieden.
Sparkassen-Filiale in München für junge Menschen: Workshops, Events, E-Sports
Die Event-Nachfrage sei groß. So sei man in Verhandlungen mit dem Start-up-Center, ob hier bald ein Gründerpreis verliehen werde. "Das würden wir anschauen", sagen Daniel und Philipp.
Weitere Workshops sind angesetzt: Finanzielle Absicherung - heute und in Zukunft; studentische Krankenversicherung; Essen mit Verantwortung - nachhaltig und gesund; Entspannte Pause - weg vom Schreibtisch! Ein weiteres Highlight laut Homepage: Thema Körperfettmessung.
"Wir sind mit dem Start sehr zufrieden", sagt Projektleiter Basel, "manche chillen, manche machen Kaffee und lernen." So sei es gedacht. Man nehme eine positive Resonanz wahr und werde in den nächsten Wochen viel ausprobieren.