Spaenle und Knobloch für Klassenbesuche in Synagogen

Der Antisemitismus in Deutschland nimmt wieder bedrohliche Dimensionen an. Beim Kampf gegen blinde Vorurteile können Besuche von Schulklassen in Synagogen helfen, meinen Experten.
dpa |
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Ein Jude hat sich bei den Feierlichkeiten einer Grundsteinlegung für eine Synagoge seine Kippa mit einer Davidstern-Klammer am Haar befestigt.
Ein Jude hat sich bei den Feierlichkeiten einer Grundsteinlegung für eine Synagoge seine Kippa mit einer Davidstern-Klammer am Haar befestigt. © Fredrik von Erichsen/dpa/Archivbild
München

Im Kampf gegen Antisemitismus halten die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, und Bayerns Antisemitismus-Landesbeauftragter Ludwig Spaenle Besuche von Klassen in Synagogen für sinnvoll. Sie würde es sich wünschen, dass die Synagogenführungen in München nach der Corona-Krise von Schulklassen und Volkshochschulen noch stärker nachgefragt werden, sagte Knobloch im Vorfeld des Festakts "1700 Jahre jüdischen Lebens in Deutschland" am Sonntag in München. "Wer beim Thema Judenhass gesellschaftlich ansetzen möchte, dessen Hebel muss die Bildung sein", betonte sie.

Auch Spaenle begrüßt die Besuche von Schülern in den Gotteshäusern. Eine Pflicht, dass Klassen dies machen müssen, so wie es bei KZ-Gedenkstätten ist, hält der frühere bayerische Kultusminister aber nicht für sinnvoll. Es gebe mehrere tausend weiterführende Schulen und dort etwa eine Million Schüler, auf der anderen Seite stünden nur 13 jüdische Gemeinden im Freistaat. "Das ist schlicht und einfach logistisch nicht machbar", sagte Spaenle. Im Fall der Besuche in den KZ-Gedenkstätten sind diese fest in den bayerischen Lehrplänen verankert.

Der Landesbeauftragte sagte, es gebe neben den von den Gemeinden noch genutzten Synagogen allerdings noch zahlreiche andere Orte, an denen kulturelle Erbe da sei und die für Bildungsangebote zur Verfügung stünden. So gebe es im Fall der ehemaligen Synagoge von Ichenhausen im schwäbischen Landkreis Günzburg schon lange vorbildliche Angebote für Klassen, meinte Spaenle.

Knobloch sagte, sie fordere schon lange, politische Bildung und Demokratiebildung in den Schulen stärker zu verankern. Bereits in den Grundschulen müsse dies beginnen. Viele Menschen wüssten zu wenig über jüdisches Leben und kämen zu selten mit jüdischer Kultur in Kontakt. "Die Wissenslücken werden dann oft mit Vermutungen oder eben Vorurteilen aufgefüllt, und das bereits bei Kindern", so die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.

Im Rahmen des Jubiläumsjahres soll es in der Landeshauptstadt eine Outdoor-Ausstellung "Jüdische Geschichten aus München und Oberbayern" geben. Auf acht Litfaßsäulen unternimmt die Schau einen alphabetischen Streifzug durch das jüdische Leben, pro Säule gibt es drei Ausstellungstafeln. Die Schau ist bis 8. Oktober zu sehen.

In den vergangenen Jahren war die Zahl der antisemitischen Straftaten in Bayern und auch in den anderen Bundesländern stark gestiegen: Zuletzt registrierte die Kripo im Freistaat rund 350 Taten pro Jahr, überwiegend waren Rechtsextremisten die Täter. Auch bei etlichen Demonstrationen von Gegnern der staatlichen Corona-Maßnahmen wurden judenfeindliche Vorfälle registriert.

© dpa-infocom, dpa:210725-99-517764/2

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12 Kommentare
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  • am 25.07.2021 12:14 Uhr / Bewertung:

    Meiner Meinung nach sollte jeder Mensch selbst entscheiden, ob er Interesse für irgendeinen Glauben oder eine Religion zeigen will. Bei Kindern ist es ja - leider - immer noch so, dass die Eltern im Säuglingsalter entscheiden, ob das Kind einer Glaubensgemeinschaft angehören soll oder nicht. Spätestens im Alter von 16 Jahren sollten Kinder bzw. Jugendliche aber selbst entscheiden dürfen, ob sie das weiterhin möchten. Sie sollten sich ggf. auch ohne Erlaubnis der Eltern vom Religionsunterricht abmelden dürfen und - last but not least - ein Austritt z.B. aus der kath. Kirche muss für diese Menschen kostenfrei sein! Eigentlich gehört zu diesen Forderungen auch dazu, dass an staatlichen Schulen überhaupt kein Religionsunterricht stattfinden sollte; den Schülern / Schülerinnen sollte ein anständiger und moralisch einwandfreier Umgang mit den Mitmenschen beigebracht werden.

  • Der Biberax am 26.07.2021 00:25 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von

    Ich gehe da noch weiter als Sie. Wer der Kirche nicht selber aktiv beigetreten ist, der zahlt auch keine Kirchensteuer. Es kann nicht sein, dass man im Alter von 1-2 Jahren von den Eltern dazu verdonnert wird einem Verein beizutreten, aus dem man dann hinterher aktiv wieder austreten muss? Wenn ich nicht selber eingetreten bin, dann bin ich auch nicht drin und muß auch nicht austreten und fertig.
    Was Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen angeht: Abschaffen. Alle. Außerhalb der Schulen darf man natürlich, Religionsfreiheit muß gewahrt sein, ABER: Als Privatsache. Nicht vom Staat verwaltet.

  • Fußball-Fan am 26.07.2021 12:40 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der Biberax

    Dann sagen Sie das doch mal der CSU. Zitat: "Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will an der Kirchensteuer und den sogenannten Staatsleistungen für die Kirchen festhalten. Natürlich seien Forderungen nach einer Abschaffung populär, doch müssten auch die Folgen bedacht werden, sagte Söder dem Magazin "Leben im Erzbistum Bamberg". Zugleich verwies der Politiker darauf, dass der Trend zu christlichen Schulen und Kindergärten eher größer werde. "Das unterstützt der Staat ganz bewusst, weil in solchen Häusern ein anderer Geist weht." (Zitatende). Das sagt der Ministerpräsident Bayerns und oberster CSUler - "ein anderer Geist" !!!

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