Sozialreferentin: Die Schere geht weiter auf

München - Drei Jahre ist Sozialreferentin Brigitte Meier jetzt im Amt. Die Leitung des vielleicht schwierigsten Referates bezeichnete sie damals als ihren „Traumjob“. Auch heute noch ist sie mit viel Elan und Idealismus bei der Sache. Zur Halbzeit ihrer Amtszeit zieht die Referentin Bilanz und schaut in die Zukunft.
Dabei wird einmal mehr klar: Die großen Baustellen lassen sich nur sehr langfristig lösen. „Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander“, sagt Meier.
Ein Spiegel dessen ist die Wohnungsnot. 2200 Sozialwohnungen konnte die Stadt 2012 vermitteln. Berechtigt waren aber 11000 Menschen, mit Dringlichkeitsstufe immer noch 5000. „2015/16 werden die Baumaßnahmen, die derzeit laufen, anfangen zu wirken“, sagt Meier.
Bis dahin kommt der Druck auf dem Wohnungsmarkt aus mehreren Richtungen beim Sozialreferat an:
Zum einen von Menschen, denen wegen steigender Mieten und Luxussanierungen der Wohnungsverlust droht, wie der Rentnerin Ingeborg Höllriegl (AZ berichtete). „Solche Fälle konnten wir mit unserer Unterstützung bisher gut in ihren Wohnungen halten“, sagt Meier. Aber je mehr der Druck wächst, desto schwieriger werde das. Denn auch der Stadt gelingt es kaum noch, Menschen auf dem freien Wohnungsmarkt unterzubringen. Selbst wenn das Amt die Miete zahlt, bevorzugen Vermieter oft solventere Mieter.
Zum anderen kommt der Druck von Menschen, die bereits obdachlos sind. Im Notunterbringungssystem von Stadt und Verbänden sind derzeit rund 3400 Menschen, davon 1000 Kinder. Die sollten normalerweise in Sozialwohnungen weitervermittelt werden. Doch es werden kaum welche frei, darum sind auch die Notunterkünfte blockiert. Eine Kettenreaktion.
Und auch die Mittelschicht beschäftigt das Sozialreferat immer mehr. „Ich mache mir Sorgen, dass die Mittelschicht wegbricht. Wir brauchen auch bezahlbare Wohnungen für die Fachkräfte wie Erzieherinnen und Altenpfleger, die die Stadt so dringend braucht“, sagt Meier. „Eine Stadt kann nur funktionieren, wenn die mittleren Einkommen gesichert sind.“
Dort wo die Stadt den Einfluss hat, solle deshalb nur noch für die unteren und mittleren Einkommensgruppen gebaut werden. Gemeint sind damit etwa städtische Grundstücke, oder Projekten bei denen Baurecht erst geschaffen wird. Dort kann die Stadt nämlich einen Anteil an Sozialwohnungen vorschreiben.
Deshalb kooperiert das Sozialreferat stark mit dem Planungsreferat. Die Zusammenarbeit der Referate zu verbessern, war eines der Anliegen der Sozialreferentin.
"Trotz Spannungen hat München noch ein gutes soziales Klima", sagt Meier. „Wir müssen auf die Mischung achten, damit das so bleibt.“