Soziale Schallmauern im Prinz-Eugen-Park? Gestaltung wirft Fragen auf

Seit 2006 wird der Prinz-Eugen-Park gebaut. Hier sind Genossenschaften aktiv. Die Preisgestaltung macht stutzig: an der Straße die Armen, in der Mitte die Reichen?
Hüseyin Ince
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Die Holzhäuser des Prinz-Eugen-Parks.
Die Holzhäuser des Prinz-Eugen-Parks. © Daniel von Loeper

München - Eigentlich ist alles gut gemacht und gut durchdacht." Das wiederholt Florian Ring (CSU) mehrmals, als er die AZ an einem Dienstag zu einem Spaziergang auf dem Prinz-Eugen-Gelände mitnimmt.

Eine ökologische Mustersiedlung

Dachgärten, Grünflächen, Selbstverwaltung, Gemeinschaftsräume, ausleihbare Lastenräder und Autos. Vor allem die Holzhäuser hebt Ring hervor: eine ökologische Mustersiedlung, die weltweit Anerkennung fand. Also alles bestens? Wenn da eben nicht das Wörtchen "eigentlich" wäre. Florian Ring, Lehrer für die Fächer Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Religionslehre, wurde im vergangenen Jahr zum Vorsitzenden des Bezirksausschusses (BA) Bogenhausen gewählt. Davor war er bereits viele Jahre im BA aktiv.

Erinnerung an die frühere Kaserne: BA-Chef Florian Ring (CSU) am Wappen der Brückenbauer-Soldaten im Prinz-Eugen-Park.
Erinnerung an die frühere Kaserne: BA-Chef Florian Ring (CSU) am Wappen der Brückenbauer-Soldaten im Prinz-Eugen-Park. © Daniel von Loeper

"Es geht bei großen Projekten in München zu langsam"

Heute ist Ring 49 Jahre alt. Als auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne die letzten Soldaten ausgezogen waren und bald darauf losgebaut wurde, da war der Gymnasiallehrer 34 Jahre alt. Hier setzt der BA-Chef auch zur ersten Kritik an: "Es geht bei so großen Projekten in München zu langsam", sagt er, "und das bei einem so großen Wohnungsbedarf." Ring hat beobachtet, dass die städtischen Bauträger sich am meisten Zeit ließen. "Die privaten Bauträger waren auf dem Gelände als Erste fertig", sagt er. 30 Hektar groß ist das Areal. Der BA-Chef bleibt auf dem Maria-Nindl-Platz stehen, direkt vor dem großen Supermarkt des neuen Viertels, parallel zur Cosimastraße. Die Autos parken kreuz und quer.

Ab 2023 ist das Areal bewohnbar

Die Baustellen sind noch präsent. Etwa 75 Prozent des Projektes seien fertiggestellt, erklärt Florian Ring. Aber vor allem am Rand, nahe der Cosimastraße sind noch Sand- und Baumaterial aufgehäuft. Rund um den Platz wird noch gebohrt, gehämmert, geschweißt, gebaggert, planiert und betoniert. Das neueste und wahrscheinlich letzte Projekt ist das Kulturzentrum an der Eugen-Jochum-Straße, samt eines Seniorenheims, in das auch Holocaust-Überlebende einziehen sollen (siehe Text unten). 2023 sollen die ersten Bewohner kommen.

Nein, hier ist kein Ufo gelandet. In dieser Art Pilz aus Holz, mit Balustrade innen, können sich die Bewohner treffen.
Nein, hier ist kein Ufo gelandet. In dieser Art Pilz aus Holz, mit Balustrade innen, können sich die Bewohner treffen. © Daniel von Loeper

Sechs Genossenschaften sind hier aktiv

Auf dem Areal sind außerdem sechs Genossenschaften und Bauvereine aktiv. Wagnis, Progeno, der Bauverein Haidhausen, der Bürgerbauverein München, die Wogeno und die Genossenschaft des Post- und Telegrafenpersonals. Sie errichten etwa 430 Wohneinheiten (23 Prozent der Gebäude). In den meisten Wohnungen sind bereits Eigentümer oder Mieter eingezogen. "Sie werden noch ein oder zwei Jahre auf einer Baustelle leben", sagt Ring. Sein zweiter Kritikpunkt: Er würde sich wünschen, dass Ecken im Viertel auch vorübergehend aufgehübscht werden könnten. Aber sei aber offenbar nicht möglich. "Man kann keine vorübergehenden Grünflächen, mobile Bäume, Pflanzen und Pavillons aufstellen, die das Leben auf der Baustelle erträglicher machen würden", sagt er. Das sei nicht optimal.

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Die günstigeren Wohnungen liegen an der lauten Straße

Nicht optimal seit auch die Tatsache, dass die günstigeren Wohnungen an der vielbefahrenen Cosimastraße liegen, die teuersten aber im Inneren des Quartiers. "Die Preisgestaltung war von Anfang an so geplant", sagt Ring. Am Ende sehe es eben jetzt so aus: Die Häuser an der Cosimastraße sind recht reduziert gestaltet. Oft fehlen Balkone, Dachterrassen ebenso. Sie wirken wie geschlossene Kästen mit zu kleinen Fenstern, im Stil der 70er. Doch schon die zweite Reihe an Gebäuden, an der Eugen-Jochum-Straße, ist architektonisch verspielter, mit viel Holzanteil - und hat ganz selbstverständlich Dachterrassen sowie erhöhte Innenhofterrassen. 

Schallschutz aus Beton an der Westgrenze des Geländes: Hinter dem Gebäuderiegel mit dem Supermarkt liegt die vielbefahrene Cosimastraße.
Schallschutz aus Beton an der Westgrenze des Geländes: Hinter dem Gebäuderiegel mit dem Supermarkt liegt die vielbefahrene Cosimastraße. © Daniel von Loeper

1.000 Bäume wurden gerettet

"Einerseits freut man sich, dass viele Polizisten und Bahnbedienstete entlang der Cosimastraße eine neue Heimat gefunden haben", sagt Florian Ring. Wer wohlhabend sei, der wohne eben im Innenteil mit Loft-artigen, geräumigen Apartments. Teilweise wirken die Wohnungen hier fast wie eine Mischung aus Apartment und Reihenhäuschen. "Bis zu 1,2 Millionen Euro haben die teureren Wohneinheiten auf dem Gelände gekostet", erzählt Ring. Und dass er sehr verwundert gewesen sei, wie schnell sie verkauft wurden. "Die Anzeigen waren zum Teil keine 24 Stunden online." Zum Schluss kann der BA-Chef aber auch noch etwas Positives erzählen, wozu auch der BA beigetragen habe: "Wir konnten trotz der Großbaustelle etwa 1.000 Bäume retten."

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25 Kommentare
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  • sowirddasniewas am 21.04.2021 13:52 Uhr / Bewertung:

    Korrektur: neben dem Areal wurde die Bäume erhalten. Nicht im Areal.

  • eames56 am 08.04.2021 21:22 Uhr / Bewertung:

    1. Das `Münchner Modell` mit einem vorgegebenen Anteil an Sozialwohnungen hat die Investoren dazu gezwungen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Und das ist gut so, in der teuersten Stadt der Republik.
    2. Die Stadt mit ihren Wohnungsbaugenossenschaften ist an Ausschreibungen gebunden. Dies bedeutet einen erhöhten planerischen Aufwand. Allein dadurch kommt es zu einem zeitlichen Mehraufwand gegenüber rein privaten Investoren, welche zugegebenermaßen natürlich auch über ein besser bezahltes und damit effektiveres Personal verfügen
    3. Um bezahlbaren und viel Wohnraum zu schaffen, muss man effektiv und auch sparsam bauen. Das sind dann eben Mehrgeschosshäuser ohne Dachterrassen. Aber mit anständiger Ausstattung.
    4. Die Prinz-Eugen-Siedlung ist eine Vorzeigesiedlung wie man ökologisch sinnvoll und nachhaltig bauen kann
    5. Nicht die BA hat etwa Bäume gerettet, und schon gar nicht die CSU sondern der ausgearbeitete und genehmigte Bebauungsplan
    6. Hört endlich mit dieser Polemik auf

  • bogenhausen13 am 08.04.2021 15:32 Uhr / Bewertung:

    Kleiner Faktencheck: im Areal wurden über 2000 geschützte Bäume erhalten, Genossenschaften vermieten ausschließlich, vorübergehende Begrünung wird es mit Bezuschussung des Bezirksausschusses sehr wohl geben.
    Darüber hinaus darf die Frage nach Sinn und Zweck des Artikels gestellt werden: Unfriede säen? Neiddebatte befeuern? PR-Offensive des BA-Vorsitzenden?
    ... und welchen Beitrag gedenkt Herr Ring hier in Zukunft für den Prinz-Eugen-Park zu leisten?

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