Sozialbetrug mit Tisch-Tänzerinnen

Scheinselbstständigkeit: Der Ex-Geschäftsführer soll sich eine knappe Million Euro an Beiträgen gespart haben.
John Schneider |
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Auf der Anklagebank im Münchner Landgericht: Ex-Tabledance-Geschäftsführer Peter R.
jot Auf der Anklagebank im Münchner Landgericht: Ex-Tabledance-Geschäftsführer Peter R.

München  Er ist in der Hierarchie tief gefallen. Einst führte Peter R. (50, Name geändert) in dem Tabledance Club in der Kultfabrik die Geschäfte. Jetzt arbeitet er zwar immer noch in demselben Etablissement für erotischen Tanz. Aber er hat sein Tätigkeitsfeld stark verändert. Er sorgt nun als Türsteher dafür, dass nur die Richtigen in „Europas größten Tabledance Club“ rein kommen.

Seit Dienstag sitzt der 50-Jährige auf der Anklagebank des Landgerichts. Der Vorwurf: Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt. Seine erotischen Tänzerinnen und Tänzer führte er laut Anklage von 2004 bis 2009 in verschiedenen Gesellschaften als Scheinselbstständige. Und sparte sich damit jede Menge Sozialabgaben an die Krankenkassen.

Die betroffenen Tänzer waren aber nicht unternehmerisch tätig und stellten auch keine eigenen Rechnungen aus, so die Staatsanwaltschaft. Die Tänzer waren vielmehr in den Betrieb des Clubs eingebunden und weisungsgebunden.

352 Fälle von Scheinselbstständigkeit sind angeklagt, eine knappe Million Euro soll der Geschäftsführer eingespart haben. Doch diese großen Zahlen wurden bei einem Rechtsgespräch deutlich reduziert. Übrig blieben 37 Fälle. Die dann von Peter R. über seinen Anwalt Klaus-Peter Knauf auch eingeräumt wurden.

Das Gericht hatte ihm für den Fall eines Geständnisses eine Freiheitsstrafe versprochen, die ein Jahr zehn Monate nicht überschreiten wird und die auf Bewährung ausgesetzt würde. Dazu muss er allerdings noch 340 bis 360 Tagessätze bezahlen.

Glaubt man seinen Ausführungen zu den persönlichen Verhältnissen, dann wird die Tagessatzhöhe am unteren Rand liegen müssen. Peter R. gab an, dass er mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kleinkind im Haus seines Sohnes wohnt und 600 Euro Miete zahlt. Das wäre rund die Hälfte seines Netto-Verdienstes als Türsteher und Hausmeister. Je nach dem, wie oft er als Hausmeister nachts raus muss.

Dazu müsse er für einen weiteren Sohn – insgesamt habe er mit vier verschiedenen Frauen vier Söhne gezeugt – noch Unterhalt von 200 bis 300 Euro im Monat zahlen.

Ungläubiges Staunen bei der Vorsitzenden Richterin: „Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass sie mit drei Leuten von 200 Euro im Monat leben?“ Die Antwort des Angeklagten: „Ich werde unterstützt.“ Von seinen Eltern, von seinem ältesten Sohn.

Der Prozess dauert an.    

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