Sonderausstellung: „Goggo macht mobil“

Deutschland war bis zu den 50er Jahren die Motorradfahrer-Nation schlechthin. In den 30er Jahren fuhren die Hälfte aller Motorräder in Deutschland. Aber das reichte bald nicht mehr – nach dem Zweiten Weltkrieg wollte man auf Reisen auch ein Dach über dem Kopf.
Die Hans Glas GmbH aus Dingolfing erkannte diesen Trend und fertigte bald die ersten Kleinwagen an.
Das klassische Goggo-Mobil, das 1955 zum ersten Mal vom Band lief, wurde zum regelrechten Verkaufsschlager. Warum, weiß Bettina Gundler, Leiterin des Verkehrszentrums: „Das Auto bediente in der Wirtschaftswunderzeit das Bedürfnis nach Mobilität auf einem einfachen Niveau und für den kleinen Geldbeutel“. Etwa 250 000 Stück wurden davon gebaut – es war somit der beliebteste Kleinwagen seiner Klasse. Die Tagesproduktion lag anfangs bei fünf Stück.
Die ehemalige Landmaschinenfirma Glas baute seine Produktpalette immer weiter aus, aber sie hatte nie genügend Kapital, und bald wurden die Entwicklungskosten zu hoch. So konnte sie sich nur ein gutes Jahrzehnt halten. Fans hat das Goggo-Mobil aber bis heute: Für die dreimonatige Ausstellung stellen Mitglieder des Glas-Automobilclubs International ihre insgesamt 20 sehr gut erhaltenen Fahrzeuge zur Verfügung - von den ersten Goggo-Rollern über die Goggo-Limousine bis hin zum Glas 2600 V8.
Der Goggo aus Australien
Der Goggo Dart (Baujahr 1959) strahlt in knalligem und schickem Rot. Bei der windschnittigen und schalenförmigen Form denkt man gleich an einen Sportwagen. Die Goggo-Limousine ist die Basis des Linzenzbaus aus Australien. In Sydney entstanden davon etwa 700 Stück. Die Kunststoffkarosserie macht ihn mit rund 380 Kilogramm zu einem regelrechten Leichtgewicht. Dieser Goggo-Dart war nach nur etwa einem Jahr kompletter Restaurierung schon bei der Oldtimerrallye „2000 Kilometer durch Deutschland“ dabei.
Das Goggo-Mobil aus dem Baukasten
Die Glas GmbH wurde 1967 von BMW übernommen, die den Goggo noch weiter produzierten. Ein paar Jahre später entstand der AWS Shopper, ein Kleinwagen mit einem Goggo-Mobil-Fahrgestell. Das „hässliche Entlein“, so Bettina Gundler, war als sparsames und modernes Stadtauto gedacht, aber der Erfolg blieb aus. Der Stahlrohrrahmen mit den Stahlblechen nach dem Stecksystem sowie der Zweittaktmotor kamen bei den Kunden nicht gut an. Sie wünschten sich größere Fahrzeuge. Trotz Ölkrise.
Das Erste seiner Art: Ein Klassiker in Beige
Das erste Goggo-Mobil von 1955, auch gerne der „kleine Volkswagen aus Bayern“ genannt, gab es zunächst nur in Saharabeige. Im Gegensatz zum Volkswagen war es aber wesentlich günstiger und bereits für etwa 2500 Mark zu haben. Trotzdem viel Geld damals. Es bildete die Brücke zwischen Motorrad und Kleinwagen, die Firma Glas verbaute sogar einige Teile des Goggorollers. Fahren konnte den Kleinwagen jeder, der einen Mofaführerschein besaß. Dafür brauchte es nur eine Theorieprüfung, ganz ohne eine einzige Fahrstunde.
Der Dreirad-Goggo nach italienischem Vorbild
Michael Scharpf erinnert sich: „Mich haben sie schon als Kind fasziniert, da bin ich hinterhergerannt und habe sie fotografiert“. Seinen Goggo-Lastenroller hat er viel später dann durch Zufall entdeckt. Im Jahre 1989 war das auf einem Oldtimermarkt. Der Preios für das historische Gefährt: gerade einmal 200 Mark. Letztlich ein Schnäppchen. „Meine Eltern waren entsetzt, als sie die verbeulten und verrosteten Teile abgeholt haben. Aber er konnte leicht restauriert werden, weil keine der lastenrollerspezifischen Teile kaputt waren“, erinnert er sich zurück. Ansonsten wäre es sehr schwierig geworden mit den Ersatzteilen: Gerade einmal zwölf der insgesamt 485 gebauten Goggo-Lastenroller haben die Zeit überlebt. Michael Scharpf fährt mit seinem Schnauferl ab und zu noch zum Wertstoffhof oder etwas abholen – und man merkt ihm den Besitzerstolz an: „Es kann ja nicht jeder von sich behaupten, dass er im Deutschen Museum ausstellen darf.“ Stimmt.