Sollner Schläger: Kein Bock auf gar nichts

Sebastian L., einer der beiden Angeklagten im Mordfall Dominik Brunner, war sogar zu faul, um Fußball zu spielen. Der Prozess um die tödlichen Tritte am U-Bahnhof Solln gibt Einblicke in das frühere Leben des 18-Jährigen.
von  Abendzeitung
Sebastian L. vor Gericht: Neben Markus S. wirft ihm die Staatsanwaltschaft Mord vor
Sebastian L. vor Gericht: Neben Markus S. wirft ihm die Staatsanwaltschaft Mord vor © dpa

MÜNCHEN - Sebastian L., einer der beiden Angeklagten im Mordfall Dominik Brunner, war sogar zu faul, um Fußball zu spielen. Der Prozess um die tödlichen Tritte am U-Bahnhof Solln gibt Einblicke in das frühere Leben des 18-Jährigen.

Blass, Bartstoppeln, ruhiger Blick – der Angeklagte Sebastian L. (18) ist der typische Mitläufer. Seine Tage verbringt er in der Clique mit Alkohol, Drogen und rumhängen im Park. „Da hören wir Musik oder machen mit unseren Handys Fotos“, erzählt Sebastian L., der bereits in der Kindheit auf nichts Bock hatte. Sogar Fußball war ihm zu anstrengend: „Ich habe ab und zu auf dem Bolzplatz gespielt. Aber nicht richtig.“ Im Verein war er nur ganz kurz.

Die Grundschule machte ihm noch einigermaßen Spaß, aber ab der Hauptschule hatte er keine Lust mehr zu lernen: „Ich war einfach zu faul.“ Sebastian L. ist ein Scheidungskind. Er lebte bei dem Vater, der zwei Stunden vor ihm immer die Wohnung verließ und erst am Abend wieder nach Hause kam.

„Er merkte überhaupt nicht, dass ich nicht in die Schule war“, so der Angeklagte, der wegen schlechter Leistungen und Problemen mit den Lehrern mehrmals in München die Hauptschule gewechselt hat. Als sein Vater davon erfahren hatte, dass sein Sohn die Schule schwänzt, gab es richtig Ärger. „Mein Vater hat mich dann zur Schule gebracht. Aber wegen seiner Arbeit, konnte er das nur eine Woche machen. Dann bin ich auch nicht mehr hin“, sagte Sebastian L.

2009 hat er die Schule verlassen. Ohne Abschluss. Der Vater war inzwischen verstorben. Sebastian L. kam in ein Jugendheim, sollte die Berufsschule besuchen und eine Lehre als Maler und Lackierer machen. Den Ausbildungsplatz hat er schnell verloren, weil er zu oft am Arbeitsplatz nicht erschienen ist.

Er wechselte auch mehrmals die Unterkünfte. Bis er schließlich Anfang 2009 in die Wohngemeinschaft in Mittersendling kam. Dort lernte er Markus S. und Christoph T. kennen. Die neuen Freunde hatten den gleichen Lebensrhythmus: Joints, Musik, Party und im Park abhängen.

Der Vorsitzende Richter Reinhold Baier, fragte, ob er in der U-Haft Sport macht: „Die meisten pumpen sich mit Gewichten auf, um sich abzureagieren.“ Nicht Sebastian L.: „Ich mache zwar Sport. Spiele mal Fußball.“ Seine Zukunftspläne? Eine Berufsausbildung zum Maler und Lackierer.

Sebastian L. hatte der Zeugin Daniela H. (56), die sich in den Streit an der Donnersbergerbrücke eingemischt hatte, erzählt, dass bei ihm „alles zu spät sei.“ Daniela H. war auch „völlig perplex“ über das Verhalten von Dominik Brunner: „Er hat zum Zugführer geschrien: ,Hier gibt es Ärger!’.“ Dann schlug er auf die Angeklagten ein: „Schlag, Kick, Schlag, Kick.“

Dann fuhr der S-Bahn weiter.

th

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