Softair-Amokläufer: Ein Fall für die Psychatrie?
Als irrer Amok-Läufer zog Peter S. (49) mit einem Softair-Gewehr durch das Münchner Uni-Viertel: Richter entscheiden jetzt über eine Unterbringung.
München - Freunde beschreiben Peter S. (49) als freundlich, nett und umgänglich. Die Staatsanwaltschaft hat ein anderes Bild von dem Frührentner. Als irrer Amok-Läufer zieht er letztes Jahr mit einem täuschend echt aussehenden Softair-Gewehr durchs Münchner Univiertel und soll damit Leute bedroht haben (AZ berichtete).
Sein Verteidiger Nicolas A. Frühsorger: „Mein Mandant wollte zu keinem Zeitpunkt irgend jemanden bedrohen oder gefährden.“ Frühsorger kämpft für Peter S. gegen die erneute Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie. Denn dann wäre sein Mandant für die nächsten Jahre weggesperrt – bis die Ärzte ihn als ungefährlich für die Allgemeinheit einstufen.
Der 15. Oktober 2012 war ein Montag und der Geburtstag von Peter S. Er feiert allein, trinkt Alkohol, obwohl er weiß, dass das nicht gut für ihn ist. Seit Jahren leidet er an einer psychischen Störung. Nimmt er seine Medikamente und trinkt nichts, soll er sich völlig unauffällig verhalten. An jenem Tag hält sich Peter S. aber nicht daran. Mit schlimmen Nachwirkungen.
Gegen 16.20 Uhr alarmieren aufgeregte Passanten die Polizei: „Hier läuft ein Irrer mit einem Gewehr in der Hand über den Geschwister-Scholl-Platz und bedroht Menschen.“ Die Polizei rückt mit zwei Einsatzautos aus, rast mit Blaulicht zum Tatort. Mit gezogen Pistolen stehen die vier Polizisten dem Amok-Läufer gegenüber. Polizei-Pressesprecher Wolfgang Wenger sagt damals: „Für die Kollegen eine äußerst brenzlige Situation. Sekundenbruchteile entscheiden über Leben und Tod.“ Denn die Beamten wissen noch nicht, dass die Waffe nicht echt ist.
Ein Polizist schreit: „Werfen Sie die Waffe weg und knien Sie sich auf den Boden.“ Peter S. legt das Softair-Gewehr auf den Boden, greift mit der rechten Hand in die Jackentasche. Ein Fehler. Die Polizei vermutet, dass der Amok-Läufer vielleicht eine weitere Waffe ziehen will. Trotzdem behalten die Polizisten kühlen Kopf. Einer, der dicht genug bei Peter S. steht, hechtet sich auf ihn, bringt ihn zu Boden. Peter S. hat keine weitere Waffe in der Tasche. Vermutlich will er nur seinen Geldbeutel mit Ausweis aus der Tasche holen.
Peter S., der nach dem Abitur vier Jahre bei der Bundeswehr und danach amerikanische Kulturgeschichte und Politik studiert, zeigt 1984 erste psychische Auffälligkeiten, kommt in ein Bezirkskrankenhaus. Nach seiner Entlassung arbeitet er in IT-Branche – bis 1997. Aufgrund seiner Krankheit ist er arbeitsunfähig. Er wird obdachlos, lebt von 793 Euro Frührente im Monat. Dennoch schafft er es, 2000 nach Los Angeles zu fliegen. Dort wird er 2001 festgenommen und abgeschoben, weil er sich illegal in den Staaten aufhält.
2007 wird Peter S. wegen Körperverletzung, Beleidigung und Hausfriedensbruch verurteilt, muss erneut in eine Bezirksklinik. Im März 2010 wird die Unterbringung ausgesetzt, ihm wird eine Führungsaufsicht zugeteilt.
Seinem Verteidiger Frühsorger sagt er, dass der Amok-Lauf am Univiertel ein Hilfeschrei gegen das Urteil 2007 gewesen sei. Peter S. meint, dass er mit den richtigen Medikamenten allein klar kommt. Darüber entscheiden demnächst die Richter.
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