So wurde 2015 in München der Flüchtlingstransport organisiert

Die Unterkünfte platzten aus allen Nähten, doch am Hauptbahnhof kamen immer neue Flüchtende an. Tausende von ihnen sollten möglichst schnell auf andere Bundesländer verteilt werden. Dafür mussten ad hoc Sonderzüge organisiert werden - das klingt einfacher, als es war.
von  Nina Job
Flüchtlinge, die kurz zuvor mit einem Zug aus Salzburg angekommen sind, gehen auf dem Hauptbahnhof über einen Bahnsteig.
Flüchtlinge, die kurz zuvor mit einem Zug aus Salzburg angekommen sind, gehen auf dem Hauptbahnhof über einen Bahnsteig. © Sven Hoppe (dpa)

München -

Der bundesweite Fahrplan der Bahn ist eine hochkomplexe Sache: Monatelang wird an ihm getüftelt - 40.000 Zugbewegungen am Tag müssen aufeinander abgestimmt sein.

Ein damaliges Mitglied des Krisenstabs der Regierung von Oberbayern erinnert sich: "Wir mussten innerhalb von wenigen Stunden Züge beschaffen und den Fahrplan ändern. Anfangs wussten wir nicht einmal, wohin die Züge fahren, da nicht klar war, welche Bundesländer überhaupt so viele Flüchtlinge aufnehmen können", erinnert sie sich.

Reservezüge aus ganz Deutschland wurden nach München beordert

Weil es keine Züge "auf Halde" gab,  wurden Reservezüge aus ganz Deutschland nach München beordert - eigentlich sind diese für Notfälle wie technische Störungen vorgesehen oder bei massiven Verspätungen.

Nachdem "große Gefäße", wie es im Bahner-Jargon heißt, organisiert waren, verließen bis zu drei Sonderzüge täglich den Hauptbahnhof. Darin: 400 bis 700 Asylsuchende, die nach Mannheim, Dortmund, Hannover, Leipzig oder Berlin gebracht wurden.

An Bord mussten sie verpflegt werden, schließlich seien die Menschen ja zuvor bereits schon neun bis zehn Stunden unterwegs gewesen. Die Bahn ist, was nicht jedem klar ist, auch der größte Gastrobetrieb in Deutschland. In 240 Zügen werden täglich Speisen und Getränke verkauft - darunter rund 50 000 Glas Weißbier pro Monat.

"Wir haben alle an einem Strang gezogen"

Für die Flüchtlinge in den Zügen waren Bier und Nürnberger Rostbratwürstel allerdings nicht das Richtige, es mussten Speisen sein, die halal sind: "Unsere Logistiker haben Sandwiches mit Käse und Geflügelaufstrich organisiert", berichtet die Frau aus dem Krisenstab. Die Stadt München steuerte Babynahrung bei und Windeln. Dazu kamen Spenden, die am Hauptbahnhof abgegeben worden waren. Es sei ein großes Miteinander gewesen, alle hätten an einem Strang gezogen. "Das hat alle Beteiligten bis heute tief berührt."

"Auch wenn wir heute eine AG sind, wir von der Bahn fühlen uns immer noch als eine große Eisenbahnerfamilie", betont die DB-Mitarbeiterin. "Internationalität und Grenzen zu überschreiten, gehören zur DNA der Bahn." Kein Wunder: Die Deutsche Bahn ist selbst durch und durch international. Sie beschäftigt Mitarbeiter aus insgesamt 130 Ländern.

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