So wollen die Münchner bestattet werden

Bestatter Thomas Schmid über Bestattungen in der Stadt, die Kosten und die Wünsche der Angehörigen.
von  Leonie Meltzer
Grabsteine stehen auf dem alten Nordfriedhof.
Grabsteine stehen auf dem alten Nordfriedhof. © Sina Schuldt/dpa

München - Die Stadt braucht mehr Platz für Grabstätten. Wie sich Münchner bestatten lassen wollen und wie die Angehörigen planen, erzählt Thomas Schmid, Inhaber von Trauerdienste Schmid, in der AZ.

AZ: Herr Schmid, was ist Angehörigen bei einer Bestattung wichtig?
THOMAS SCHMID: Da spielt inzwischen die zeitliche Terminierung eine große Rolle: Während die Erdbestattung innerhalb einer Woche stattfindet, vergehen bis zur Urnenbeisetzung mindestens zwei Wochen. Da geht es bei vielen um den Termin. Die sagen dann: "Ah ja – abholen, einäschern, wir machen dann einen Termin aus, an dem ich Zeit habe."

Immer mehr Menschen lassen sich unter Bäumen beisetzen

Das kommt häufiger vor?
Ja. Das ist jetzt aber kein Vorwurf oder eine Maßregelung von Angehörigen. Früher war es selbstverständlich, dass jemand erst eine Trauerfeier hatte mit Sarg. Dann kam das Krematorium. Man hat von den Menschen Abschied genommen. Immer öfter finden Trauerfeiern und Bestattung in einem statt. Ich glaube, da geht Wertschätzung verloren.

Gibt es noch mehr Trends?
Die Beisetzung unter Bäumen. In der Stadt kann man jetzt auch einen Familienbaum kaufen. Auch die Pflegeleichtigkeit der Gräber ist wichtiger – vor allem, wenn Angehörige weiter weg leben.

Was ist noch wichtig?
Wir haben nicht mehr das soziale Netz wie vor 50 Jahren. Einen Menschen auch über den Tod hinaus zu ehren – das hat mit Religiosität zu tun. Wenn die sinkt, dann fallen oft Wertvorstellungen mit unter den Tisch. Deshalb haben Feuerbestattungen einen Aufwind erlebt. Das ist in Großstädten anders als auf dem Land. Hier ist die Anonymität größer.

"Am Sarg lässt sich Abschied eher begreifen"

Welche Bestattung finden Sie am schönsten?
Die Sargbestattung, wie sie in unserer Familie Tradition ist. Ich werde nie vergessen, wie ein achtjähriges Mädchen vor der Urne der Oma stand und mich fragte: "Ist da jetzt die Oma drin?" Was sagt man da? Wie grotesk muss die Vorstellung für ein Kind sein, ob das wirklich alles ist, was von dem Menschen bleibt. Am Sarg lässt sich Abschied eher begreifen.

Sind in und um München Seebestattungen möglich?
Das geht nur an der Ost- und der Nordsee. Nicht in Binnengewässern. Am Starnberger See ist das nicht möglich. Die Urne kommt zu einem Seebestatter und wird dann in eine Seeurne, etwa aus Muschelkalk, umgefüllt. Die löst sich im Wasser auf. Die geschlossene Urne wird dem Wasser beigegeben. Nicht verstreut – das ist Kino. Eine Seebestattung ist aber nicht billig, die fängt bei 1500 bis 2500 Euro an. Hinzu kommen Kosten der Feuerbestattung, Transport. Wenn die Angehörigen mit auf See möchten, kostet es noch mehr.

Was kosten Sarg- oder Urnenbestattungen?
Es gibt feste Friedhof-Kosten. Im Stadtgebiet München über 1.500 Euro, egal ob Erd- oder Feuerbestattung. Beisetzung, Graböffnung, -schließung. Die Abholung, Standesamt – Dinge, die zu tun sind. Da kommen nochmal mehrere Hundert Euro zusammen. Dann ist man bei über 2.000 Euro und hat noch keinen Sarg. Im einfachsten Fall ist es im Stadtgebiet unter 3.500 Euro kaum möglich.

Sind Trauerfeiern für Sie immer noch bewegend?
Immer wieder. Wenn die Familie sich bei der Gestaltung der Trauerfeier einbringt, persönliche Worte gesprochen werden. Da habe ich viele bewegende Momente erlebt. Oder wenn die Enkelkinder musizieren.

Lesen Sie hier: Mehr Urnenplätze für Münchens Gottesäcker

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