So viel Kuba steckt in München
Exakt 356 Kubaner leben in München. Das ist nicht viel in einer Millionenstadt, und doch stößt man immer wieder auf kubanisches Leben.
Es gibt etliche Kuba-Bars, mit Juan Carlos Mila Menendez den einzigen Zigarrenroller Bayerns und unzählige Clubs, wo man Salsa tanzen kann, den afrokaribischen Tanz, der im letzten Jahrzehnt die ganze Welt erobert hat. Wie sich der Salsa auf Kuba entwickelt hat - zwischen Tradition und Moderne - zeigt ab Samstag die neue Show "Havana Kings of Salsa" (Prinzregententheater, 22. bis 24. November, Karten: Tel. 54 81 81 81)./>
Vor, zurück und Improvisation: Wo Salseros übers Parkett wirbeln
Schon am Eingang der Buena Vista Bar mischen sich warme karibische Klänge mit der winterlich kalten Außenluft Münchens. Im Inneren holzvertäfelte Wände, ein auf Hochglanz polierter Bartresen aus dunklem Massivholz und jede Menge erlesene Rumflaschen, die sich im Hintergrund vor der spiegelverkleideten Bartheke stapeln. Unzählige Zigarrenkisten, fein säuberlich an die Wand genagelt, zieren neben Abbildungen des kubanischen Revolutionshelden Che Guevara das Innenleben der gut besuchten Cocktailbar.
Keine Frage, die Kuba-Szene hat ihren festen Platz in Münchens Nachtleben eingenommen. Etwa 50 Leute, die Hälfte Deutsche, die andere Lateinamerikaner, sitzen im Buena Vista an den Tischen oder wirbeln über die Tanzfläche. Und die tanzfreudigen Latinos verbreiten mit ihrer Herzlichkeit ansteckend gute Laune. So verwundert es nicht, dass der traditionelle karibische Tanz, der in den letzten Jahren weltweit auf Erfolgskurs ist, viele Einheimische auf die Tanzflächen lockt. Und das gilt nicht nur für die Buena Vista Bar: Die Vielzahl der einschlägigen Bars und Tanzschulen in München (siehe Kasten rechts) beschert Salseros sieben Tage die Woche Tanzvergnügen. Und fördert obendrein die deutsch-kubanische Völkerverständigung.
Denn ein Blick auf die Tanzfläche zeigt: In dem bunten Durcheinander aus Jung und Alt, Deutschen und Latinos, Stilettos und Chucks entsteht eine Symbiose aus südamerikanischer Lebenslust und der Neugier der salsabegeisterten Münchner, die zu nächtlichen Tanzekstasen animiert und all jene enthemmt, deren Hüftschwungtalent nicht bereits genetisch festgelegt wurde.
Und eigentlich ist es auch ganz einfach: Ein simpler Vorwärts-Rückwärts-Grundschritt ist die Basis jeder Salsa-Performance, die am Abend auf dem Parkett stattfindet. Da bleibt viel Freiraum für Figurenimprovisation und persönliche Entfaltung.
Filme, Nachrichten, Musiksendungen
Buena Vista Social Club“, Wim Wenders Film über Son-Musiker, gibt’s in jedem Kaufhaus. Nach original kubanischen Filmen muss man länger suchen. Doch es gibt sie. Etwa beim Shop www.roman-film.de, der 60 DVDs aus Lateinamerika anbietet. „Der gefragteste kubanische Film ist ,Nicotina'“, sagt Inhaber Christoph Riemensperger. Auch „Lista de Espera“ und „Guantanamera“ kommen gut an. Auf Wunsch besorgt Riemensperger auch jeden anderen lieferbaren Film. Auch in Münchner Kinos laufen spanischsprachige Filme im Original: im Studio im Isabella bei der Reihe „Cine Español“ (jd. Mi. 18 Uhr, Neureuther Str. 29, Tel.2718844) und im Theatiner (Theatinerstr. 32, Tel.223183). Auch die Auswahl an spanischen Zeitungen und Zeitschriften ist relativ groß. Wer TVE & Co. sehen will, braucht einen Satelliten- oder Kabelanschluss. Nachrichten auf Spanisch und lateinamerikanische Musik laufen im Radio auf 92.4 („Club Latino“, jd. Do., 22 bis 24 Uhr) und M94.5 („Calor Latino“, jd. 2. So., 14 bis 16 Uhr).
Die hohe Kunst des Zigarrenrollens
Vor sechs Jahren hat Juan Carlos Mila Menendez seine Heimat verlassen, einer Münchnerin wegen. „Ich habe die richtige Liebe getroffen“, sagt der Kubaner. Inzwischen ist er verheiratet, hat zwei Kinder, fühlt sich in München zu Hause. In Havanna war der 39-Jährige schon seit Jahren nicht mehr. Und doch kann er noch heute jeden Tag seine kubanische Heimat mit Händen greifen.
Mila Menendez ist Zigarrendreher, einer von sechs, sieben in Deutschland. Er arbeitet selbstständig, baut seinen Stand bei Firmenfeiern, Messen, Hochzeiten und Veranstaltungen wie dem Streetlife Festival auf.
Auf den Tisch platziert Mila Menendez verschiedene Tabaksorten und Werkzeuge wie die Chaveta, eine Art Wiegemesser. Und dann zeigt der Kubaner dem Publikum die hohe Kunst des Zigarrenrollens: Er entfernt die Adern aus den braunen, teils armlangen Tabakblättern, streicht drei Umblätter glatt und verteilt die Tripa, die Füllung, darauf, die je nach Geschmack aus verschiedenen Tabaksorten besteht, von mild bis kräftig.
Anschließend rollt der Torcedor, der Zigarrenroller, die Zigarre zusammen, klebt die Umblätter mit Maniokleim fest, schneidet ein Ende sauber ab und legt das Ganze in einer Hohlform in die Presse. Am Schluss kommen ein besonders hochwertiges Deckblatt, das Mundstück und eine Banderole drauf, fertig.
Zehn Zigarren pro Stunde stellt Mila Menendez auf diese Weise her; der Preis beträgt je nach Zigarrentyp 4 (die „Damenzigarre“ Panatela) bis 8 Euro (Robusta). Seine Kundschaft reicht von der jungen Frau bis zum älteren Genussraucher. Was das Schöne an dieser Arbeit ist? „Die Freude, die die Kunden beim Zuschauen haben.“
Kontakt: Juan Carlos Mila Me- nendez, Tel.776767 oder Mail an: jc.tabacco@t-online.de.
Hüftschwung zwischen Cocktails und kreolischer Küche
Cafe Castro: Die wieder eröffnete Kuba-Bar mit ihrer authentisch gemütlichen Innenausstattung bietet sowohl kulinarische kreolische Spezialitäten als auch eine große Auswahl an Cocktails. Kellerstraße 32, geöffnet von Di. bis So. ab 17 Uhr (So. ab 15 Uhr).
Buena Vista Bar: Die freundliche kubanische Atmosphäre lockt Einheimische und Südamerikaner gleichermaßen an, was dann am Wochenende schon mal zu Platznot führen kann – als ideale Einstimmung zum Körperkontakt beim späteren Salsatanzen. Am Einlass 2, tägl. geöffnet ab 18 Uhr, So. um 21 Uhr Schnuppertanzkurs.
Havanna Club: Ein alteingesessener Kuba-Klassiker unter den Münchner Latino-Bars. Seit mehr als 20 Jahren werden dort über 100 Rumsorten in stadtbekannte Longdrinks und Cocktails verarbeitet. Herrnstraße 30, tägl. geöffnet ab 18 Uhr (So. ab 19 Uhr).
Cohibar: Die lauschige Bar gleich neben der Maximilianstraße ist um einiges gemütlicher als ihre Zwillingsschwester in der Kultfabrik. In dem überschaubaren Kellergewöl- be, das von warmem Licht ausgestrahlt wird, tummeln sich besonders an Wochenenden viele Salsa-, Merenge- und Bachata-Liebhaber. Herzog-Ru- dolf-Straße 2, geöffnet Mi. ab 19 Uhr, Fr./Sa. ab 22 Uhr.
Noch mehr Tanzmöglichkeiten:
Salsa Brava in der Max-Emmanuel Brauerei: Adalbertstraße 33, Salsa-Tanzkurse Mi. 21 und Fr. 22 Uhr, kostenloser Schnupperkurs Fr. 21-22 Uhr.
Im Latino’s kommen Salsa- Fans vor allem samstags auf ihre Kosten. Ab 21 Uhr wird Salsa bis zum Abwinken getanzt. Maximilianstraße 2.
Skyline: Jeden Sonntag „Domingo Latino“ im modernen Ambiente an der Münchner Freiheit. Leopoldstraße 82.
Circulo: regelmäßige Workshops und Tanzkurse für alle, die Salsa vertiefen möchten. Rosenheimer Straße 139.
Stammtisch auf Spanisch
Aqui se puede hablar con hispanoparlantes: Beim Spanisch-Stammtisch in Sendling treffen sich jede Woche Menschen unterschiedlichster Nationalitäten, um sich auf Kastilisch zu unterhalten, zu feiern und Ausflüge zu planen. Ein Konzept, das gut ankommt: Der Stammtisch existiert seit 1993; jedes Jahr nehmen 150 bis 180 Leute teil – vom Münchner, der gerade Spanisch lernt, bis zur Kolumbianerin, die die Sprache nicht verlernen will.
Wirtshaus in Sendling, Albert-Roßhaupter-Str. 61, jeden Do. 19.30 Uhr, www.welcome.to
weitere Treffs und eine Linksammlung zum Latino-Leben in München unter www.deutsch-hispanisch.de (-» Hotlinks)
Christine Huber/ Vera Tichy
- Themen:
- Optimolwerke
- Prinzregententheater