So viel hat die Polizei mit Gefahrenabwehr schon kassiert

Die Bundespolizei kann seit einem halben Jahr bei der Gefahrenabwehr Gebühren erheben – einer neuen Verordnung sei dank. Das wird im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeidirektion München rege genutzt.
von  Lukas Schauer
Wer etwa an einem Bahnhof seinen Rucksack vergisst und einen Polizeieinsatz auslöst, wird zur Kasse gebeten.
Wer etwa an einem Bahnhof seinen Rucksack vergisst und einen Polizeieinsatz auslöst, wird zur Kasse gebeten. © Bundespolizei

Die Bundespolizei kann seit einem halben Jahr bei der Gefahrenabwehr Gebühren erheben – einer neuen Verordnung sei dank. Das wird im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeidirektion München rege genutzt.

München - Die "Besondere Gebührenverordnung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, kurz 'BMI-BGebV'" ist im vergangenen Herbst in Kraft getreten - mehr oder weniger unbeachtet.

Doch die Verordnung hat für den Einzelnen durchaus beachtenswerte Folgen: Sie erlaubt es der Bundespolizei, für den präventiven Bereich der Gefahrenabwehr Gebühren zu erheben. Das solle zu einer "künftigen Verhaltensbeeinflussung" beitragen, teilte das Ministerium im Herbst dazu mit.

Konkret heißt das zum Beispiel: Ein mündlicher Platzverweis kostet 44,65 Euro. Eine Identitätsfeststellung schlägt mit 53,75 Euro zu Buche. Und jede angefangene Viertelstunde in Gewahrsam kostet 6,51 Euro. Wer also eine Nacht in einer Zelle verbringt, zahlt so viel wie ein normales Hotelzimmer zur Wiesn kostet.

Über 1.100 Verfahren bei der Bundespolizeidirektion München

Auf Anfrage der AZ hat das Bundespolizeipräsidium nun mitgeteilt, wie oft bislang im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeidirektion München derlei Gebühren erhoben wurden. Seit Oktober 2019 bis heute (April 2020) wurden "etwas mehr als 1.131 Verfahren eröffnet." 4.712,66 Euro an Gebühren wurden eingezogen.

Das klingt nun erstmal nicht nach allzu viel. Ein konkreter Fall vom Münchner Hauptbahnhof zeigt aber, wie teuer es für den Einzelnen werden kann. Am 14. Oktober ließ ein Mann seinen Rucksack auf einer Wartebank liegen. Eine Zugbegleiterin rief die Polizei. Da der Rucksack nicht einsehbar war, kam ein Sprengstoffspürhund zum Einsatz. Gefährlicher Inhalt wurde nicht gefunden, dafür aber ein Schriftstück, auf dem die Personalien des Eigentümers standen. Für den Polizeieinsatz stellten die Beamten dem Mann 138,77 Euro in Rechnung. Ein kostspieliges Versehen.

Gebührenverordnung der Bundespolizei: 7.464 Verfahren bundesweit

Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob der Einsatz vorsätzlich oder fahrlässig ausgelöst wird. Kostenpflichtig ist er immer. Aus Sicht der Bundespolizei ist die neue Gebührenverordnung eine gute Sache. "Wenn der Einzelne eine Gefahr verursacht, sollte nicht die Allgemeinheit dafür zahlen", sagte Jürgen Gerdes von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hierzu dem "Tagesspiegel". 

Auf Bundesebene regt sich mittlerweile Widerstand gegen die "BMI-BGebV", vor allem bei Grünen, FDP und der Linken. Man fürchtet, dass die Menschen aus Angst vor Repressalien an der Ausübung ihrer Grundrechte eingeschränkt werden. Eine Anfrage der Linken ergab, dass auf Bundesebene bis zum 5. März 7.464 Mal Gebühren eingefordert wurden.

Bei der Bundespolizeidirektion München machen den Schwerpunkt der "gebührenrelevanten Maßnahmen" bislang Platzverweise aus und "Polizeieinsätze aufgrund vorsätzlich oder fahrlässig geschaffener Gefahrenlagen". Genauere Angaben seien zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund der "sehr individuellen Sachverhaltsumstände" nicht möglich, schreibt das Bundespolizeipräsidium.


Die Bundespolizei ist für die Sicherheit an Bahnhöfen und Flughäfen zuständig. Die Bundespolizeidirektion München ist für ganz Bayern zuständig.

Lesen Sie hier: Neue StVO - Für Temposünder wird's besonders hart


Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieser Geschichte stand in der Überschrift das Wort "verdient". Das ist in diesem Zusammenhang nicht korrekt. Wir haben die Überschrift geändert. 

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