So schön war Weihnachten einst!

Wann war eigentlich das letzte Mal, als die Feiertage noch nicht komplett durchgetaktet, sondern etwas richtig Besonderes waren? AZ-Redakteure haben mal in ihrem Gedächtnis gekramt und ihre schönsten Feste, liebsten Momente und zauberhaftesten Erinnerungen aufgeschrieben
von  AZ
Die AZ-Redakteure blicken auf ihre magischen Weihnachtsmomente. Links die Hub-Geschwister, in der Mitte die kleine Anja und rechts die dreijährige Lisa Marie Albrecht
auf Opas Schoß.
Die AZ-Redakteure blicken auf ihre magischen Weihnachtsmomente. Links die Hub-Geschwister, in der Mitte die kleine Anja und rechts die dreijährige Lisa Marie Albrecht auf Opas Schoß. © privat

Wann war eigentlich das letzte Mal, als die Feiertage noch nicht komplett durchgetaktet, sondern etwas richtig Besonderes waren? AZ-Redakteure haben mal in ihrem Gedächtnis gekramt und ihre schönsten Feste, liebsten Momente und zauberhaftesten Erinnerungen aufgeschrieben

Die Züge am 23. Dezember auf dem Heimweg sind rappelvoll – zum Großteil mit laut telefonierenden Menschen im Ruheabteil. All der Einkaufsstress hat sich viel zu lange hingezogen, schneien wird’s ja eh wieder nicht, und Papa wird wieder meckern, wenn Oma beim Fondue (wie die Klamotten danach stinken werden!) über Rentenpolitik schimpft.

Wann war das Weihnachtsfest eigentlich das letzte Mal ruhig, besinnlich, eben: magisch? Und nicht einfach ein paar Tage, an denen sich meist nur eine Person richtig viel Arbeit macht mit dem Essen und irgendwann die Geschenke aufgerissen werden?
Natürlich läuft es nicht immer so rationalisiert und unfestlich ab – aber hin und wieder vergisst man schon, wie besonders das Warten auf den Heiligen Abend mal war.

AZ-Redakteure haben mal in ihrem Gedächtnis gekramt und ihre schönsten Feste, liebsten Momente und zauberhaftesten Erinnerungen aufgeschrieben.

Versprochen

Autor: Markus Giese

So ein Christbaum, der nadelt. Und weil die Dinger auf dem Parkettboden meines Vaters ein ganz und gar inakzeptables Ärgernis darstellen („Ich hab’ Urlaub, da will ich nicht ständig staubsaugen“), stand er voriges Jahr – sehr zum Leidwesen meiner Mutter – eines Tages mit einem Exemplar aus Plastik vor der Tür. Damit der duftlos-symmetrische Kunstbaum zumindest etwas weihnachtliche Romantik versprühen würde, bestand Mama darauf, ein paar schicke neue, braun-pastellige Christbaumkugeln zu kaufen. Haussegen gerettet.
Dass der Plastikstamm leider zu dünn für unseren Christbaumständer war, hatte Papa allerdings nicht bedacht. Naja, die Konstruktion aus Zeitungspapier und Panzertape hielt bis kurz nach der Bescherung. Beim Fondue hörten wir erst ein leises Knarzen, dann kippte der Baum und dann die Stimmung. Ein Klirren, Schreie. „Meine Kugeln!“, „Herrgott, das Parkett!“, „Den Staubsauger, schnell!“. Nur einige wenige Kugeln haben den Sturz überlebt. Aber die hängen dieses Jahr wieder an einem echten Baum. Um die Nadeln kümmert sich Papa freiwillig. Hat er versprochen.  

Das Heiligabend-Verhör

Autor: Ralph Hub

Arg in Erklärungsnot bin ich geraten, als meine Kinder drei Tage vor Heiligabend ihre verpackten Weihnachtsgeschenke im Keller entdeckten – an der Silhouette unschwer als zwei nagelneue Paar Ski samt Schuhen zu erkennen.
Julian, der schon damals ein gewisses Misstrauen gegenüber höheren Institutionen hatte, mutmaßte sofort, dass es das Christkind überhaupt nicht gibt. Sondern dass sein Vater irgendwie in die Sache verwickelt sei. „Wie soll das Christkind in einer Nacht alle Kinder beschenken?“, wollte er wissen. Mein Hinweis, dass es ja noch den Weihnachtsmann gäbe: ein Flop. Magie? Unglaubhaft. Und wie kommen die in unser Haus? Woher haben sie den Schlüssel? Das Verhör zog sich. Meine Mittäterschaft wurde immer offensichtlicher. Bis Jessica die entscheidende Frage stellte: „Papa, woher kennt das Christkind eigentlich meine Schuhgröße?

Normal? Magisch!

Autorin: Rosemarie Vielreicher

Alle Jahre wieder – ja, genau. Heiligabend lief bei uns IMMER so: Vormittags wurde der Baum geschmückt. Die Lichterkette funktionierte entweder nicht, war verknotet oder reichte nicht für den ganzen Baum. Dann noch schnell die (ich: greisligen; meine Eltern: einmaligen) Kugeln, die meine Schwester und ich als Kinder bemalt hatten, an den zu kleinen/zu großen/zu unförmigen Baum gehängt.
Abends: Die letzten Platzerl zusammenkratzen, mit der Familie um den Baum versammeln, Geschenke, Glühwein, Geselligkeit. Aber nur kurz. Blick auf die Uhr – die Oma erwartet uns schon. Über Geschenkpapier-Alpen zur nächsten Bescherung.
Magische Weihnachten? Mei. So wie immer eben.
Bis zu einem Weihnachtsfest im Ausland, bei dem so gar nichts heimisch-normal war. Keine Platzerl, kein Baum, keine Beleuchtung, keine Kugeln, keine Geschenkpapier-Haufen und vor allem: keine Familie, keine wartende Oma. Sondern: 30 Grad, Bekannte, die den ganzen Abend Karate-Filme schauten (nicht mal Sissi!), und sich dabei lieblos die Geschenke rüberreichten.
Was hätte ich an diesem Abend für einen unförmigen Baum mit meinen einmalig-greisligen Kugeln getan.
Seither weiß ich: Ganz normal ist auch magisch.

Anja muss gar nichts

Autorin:  Anja Perkuhn

Mein Verhältnis zum Weihnachtsmann war immer schwierig – ich erinnere mich vor allem an eine irrationale Angst vor dem großen Kerl, dessen Gesicht man nie richtig sehen konnte. Er brachte immerhin Geschenke, das deeskalierte die Situation irgendwann ein wenig über ganz simplen Materialismus. Aber alle Kinder-Weihnachten, an die ich mich erinnere, begannen mit mir versteckt hinter unseren ockerbraunen Polstersesseln.
So begann auch mein liebstes Weihnachten: Der Bärtige hatte schon wieder unser Wohnzimmer eingenommen, ich (etwa 4) kauerte – meine Urgroßoma winkte mich zu sich. In Sicherheit, dachte ich. Stattdessen griff sie mich am Arm und schob mich zum Weihnachtsmann. Ich solle mich nicht so haben. Da baute mein Vater sich vor ihr auf: „Anja muss gar nichts, was sie nicht will.“ Aber sie als unser Gast könne gern gehen, wenn sie sich weiter so benehme.
Ich hatte danach noch vor vielen Dingen Angst. Aber nie mehr vorm Weihnachtsmann.  

Christkind im Hirnkastl

Autorin: Irene Kleber

Es war jedes Jahr das selbe zauberhafte Spiel. Irgendwann am Nachmittag schloss sich die eichenfurnierte Wohnzimmertür. Mein Bruder und ich klebten an ihr. Hopsten nervös auf dem Flur. Versuchten, durchs Schlüsselloch zu linsen, das für uns beide noch viel zu hoch oben war. Klebten, hopsten, linsten, für gefühlte Jahre!
Endlich das befreiende, leise Klingeln. Die Tür öffnete sich, und hinter ihr begann die Welt zu glänzen. Lichter leuchteten, so viele wie Sterne am Himmel. Geschenkschleifen schimmerten, Packerl funkelten. Sogar das Gesicht meiner Oma, die am Klavier saß, strahlte. Der rote Plattenspieler für meinen Bruder. Der Plüschhund, der noch Jahre mit mir einschlief. Das Christkind hat uns beschenkt, als hätte es zuvor in unser Hirnkastl geschaut. Es ist mir, glaube ich, nie gelungen, für meinen Nachwuchs einen Zauber zu schaffen, wie meine Mama es konnte. Ich hoffe, er erinnert sich trotzdem mal gern.     

Eine Puppe fürs Leben

Autorin: Lisa Marie Albrecht

V erheißungsvoll glitzerten die Lichter des Tannenbaums hinter der original DDR-Buntglastür – und ließen mich unruhig hin und her rutschen, während alle anderen viel mehr Interesse für den aus trüben Augen starrenden Karpfen aufbrachten.
Meine Geduld zahlte sich aus, als ich unterm Baum eine wunderbar knautschige, aus blauen Augen dreinblickende Puppe fand. Sie sollte Lena heißen und mich in jedem Kindheits-Urlaub vom Bauernhof bis nach Afrika begleiten.
Ihre langen Wimpern fielen eines Tages der Waschmaschine zum Opfer, aber ihre blauen Augen strahlen bis heute.
Inzwischen gibt es zu Weihnachten Würstchen statt Karpfen, der Tannenbaum ist kein echter mehr – aber die Buntglastür, die gibt es noch. Und Lena auch. Zum Glück!     

 

Wenn Sie auch eine besondere Weihnachts-Erinnerung mit uns und den AZ-Lesern teilen möchten, schicken Sie sie (gern mit Foto) an: AZ, „Magische Momente“, Garmischer Straße 35, 81373 München oder per Mail: lokales@ az-muenchen.de
   

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